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Anne in Kingsport

Titel: Anne in Kingsport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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Bett. Sie konnte also nicht nach Green Gables kommen und Anne konnte nur selten einmal nach Orchard Slope gehen, weil auch der Weg durch den Geisterwald wegen der Schneeverwehungen unpassierbar war. Auf dem langen Umweg über den zugefrorenen See der Glitzernden Wasser sah es nicht viel besser aus. Ruby Gillis gab es nicht mehr. Jane Andrews war Lehrerin an einer Schule irgendwo im Westen. Nur Gilbert, treu wie eh und je, kam durch den Schnee nach Green Gables gestapft, wann immer es irgend ging. Aber seine Besuche waren nicht mehr das, was sie einmal waren. Anne fürchtete sie fast. Er brachte sie aus der Fassung, wenn sie mitten in einem plötzlichen Schweigen aufblickte und feststellte, dass Gilbert sie mit seinen haselnussbraunen Augen ernst ansah. Noch verlegener wurde sie, wenn sie dann rot wurde und sich ganz unwohl in ihrer Haut fühlte, so als ... so als .. . hm, es war verwirrend. Anne wünschte sich zurück nach Pattys Haus, wo immer irgendjemand war, der einem aus der Klemme half. Auf Green Gables dagegen war es so, dass Marilla verschwand, sobald Gilbert auftauchte, und die Zwillinge nahm sie auch mit. Der Sinn und Zweck ihres Verhaltens lag auf der Hand. Anne empfand einen hilflosen Zorn.
    Davy jedoch war rundum glücklich. Jeden Morgen stapfte er laut und vergnügt hinaus und schaufelte den Weg zum Brunnen und zum Hühnerstall frei. Er freute sich über die Weihnachtsleckereien, die Marilla und Mrs Lynde vorbereiteten. Und er las gerade ein spannendes Buch aus der Schulbücherei, über einen phantastischen Helden, der mit dem wundersamen Talent ausgestattet war, dauernd in die Patsche zu geraten, aus der er dann Dank eines Erdbebens oder eines Vulkanausbruchs errettet wurde. Dabei wurde er hoch in die Luft und im wahrsten Sinne des Wortes aus allen Schwierigkeiten hinauskatapultiert.
    »Ich kann dir sagen, es ist eine tolle Geschichte, Anne«, sagte er begeistert. »Sie gefällt mir viel besser als die Bibel.«
    »Ach ja?«, lächelte Anne.
    Davy sah sie gespannt an.
    »Du bist ja kein bisschen entsetzt, Anne. Mrs Lynde war ganz entgeistert, als ich es zu ihr gesagt habe.«
    »Nein, bin ich auch nicht, Davy. Ich finde es ganz normal, dass ein Junge von neun Jahren lieber Abenteuergeschichten liest. Aber mit der Zeit wirst du hoffentlich noch Gefallen an der Bibel finden.«
    »Na ja, stellenweise ist sie ganz gut«, räumte Davy ein. »Die Geschichte von Josef - die ist große Klasse. Aber ich an Josefs Stelle, ich hätte den Brüdern nicht verziehen. Pustekuchen! Ich hätte ihnen die Köpfe abgeschnitten. Mrs Lynde hat getobt, als ich das gesagt habe. Sie hat die Bibel zugeschlagen und gesagt, sie würde mir nie wieder daraus vorlesen, wo ich so daherrede. Also sage ich keinen Ton mehr. Ich denke mir meinen Teil und spreche am nächsten Tag mit Milty Boulter darüber. Ich habe Milty die Geschichte von Elisa und den Bären erzählt. Sie hat ihm solchen Schrecken eingejagt, dass er sich seither nicht mehr über Mr Harrisons Glatze lustig gemacht hat. Gibt’s hier auf der Insel auch Bären, Anne? Das will ich wissen.«
    »Jetzt nicht mehr«, sagte Anne abwesend, da der Wind Schnee gegen das Fenster blies. »Oh, wann hört endlich der Sturm auf?«
    »Weiß der Teufel wann«, sagte Davy leichthin und fing seine Geschichte noch mal von vorn an.
    »Davy!«, rief sie tadelnd.
    »Das habe ich von Mrs Lynde«, protestierte Davy. »An einem Abend letzte Woche sagte Marilla: >Ob Ludovic Speed und Theodora Dix je heiraten?<, und Mrs Lynde hat geantwortet: >Weiß der Teufel wann< - genau das hat sie nämlich gesagt.«
    »Nun, das war nicht richtig von ihr«, sagte Anne und überlegte schnell, wie sie sich aus dieser Zwickmühle am besten wieder herausmanövrierte. »Niemand darf das sagen, Davy. Ich will es also nicht noch einmal hören.«
    »Also gut, ich sag es nicht wieder. Dann hat Mrs Rachel noch gesagt, Ludovic Speed würde schon seit hundert Jahren Theodora den Hof machen. Sind sie da nicht bald zu alt zum Heiraten? Hoffentlich lässt Gilbert sich bei dir nicht so viel Zeit. Wann heiratet ihr, Anne? Mrs Lynde sagt, davon könnte man ausgehen.«
    »Mrs Lynde ist eine ...«, begann Anne wütend. Dann hielt sie inne.
    »... fürchterliche alte Klatschbase«, vollendete Davy den Satz ruhig. »Das sagen alle. Aber es stimmt doch, Anne? Das will ich wissen.«
    »Du bist ein dummer kleiner Junge, Davy«, sagte Anne und stolzierte aus dem Zimmer. In der Küche war niemand, also setzte sie sich in der schnell

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