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Anne Rice - Pandora

Anne Rice - Pandora

Titel: Anne Rice - Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pandora
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von Außenständen, die man deinem Vater schuldete. Der Grieche sagte ihm, was er wohl schon zuvor einmal erklärt hatte, dass er das Geld nur direkt an deinen Vater zahlen werde.
    In der folgenden Nacht folgte ich Lucius abermals. Dieses Mal hatte der Grieche eine Überraschung für ihn. Er hatte gerade durch ein Militärschiff einen Brief deines Vaters erhalten. Das muss ungefähr vier Tage vor deiner Ankunft gewesen sein. Der Brief besagte, dass dein Vater von dem Griechen eine Gefälligkeit erbat, er berief sich auf Gastfreundschaft und Ehre. Wenn er ihm diese Gefälligkeit erwiese, wären all seine Schulden getilgt.
    Alles Weitere werde ein Schreiben erläutern, das eine Fracht nach Antiochia begleite. Die Beförderung der Fracht werde einige Zeit in Anspruch nehmen, da das Schiff unterwegs viele Zwischenstationen machen müs-se. Diese Gefälligkeit sei von höchster Wichtigkeit.
    Als dein Bruder das Datum des Briefes sah, war er sehr bestürzt. Der Grieche, der von Lucius inzwischen genug hatte, knallte ihm die Tür vor der Nase zu.
    Ich sprach Lucius an, kaum dass er sich ein paar Schritte entfernt hatte. Natürlich erinnerte er sich an mich, an den exzentrischen Marius von früher. Ich tat so, als wäre ich überrascht, ihn hier zu sehen, und erkundig-te mich nach dir. Er geriet in Panik und flunkerte mir vor, dass du geheiratet hättest und in der Toskana lebtest, und sagte dann, er sei dabei, die Stadt zu verlassen.
    Dann verzog er sich schnell. Doch dieser kurze Kontakt hatte mir genügt, um zu erkennen, dass die Aussage, die er vor den Prätorianern gegen seine Familie gemacht hatte, falsch war – nichts als Lügen –, und ich konnte mir die Taten, die sich daraus ergeben hatten, lebhaft vorstellen.
    Als ich das nächste Mal auf der Lauer lag, konnte ich ihn nicht ausmachen. Ich hatte ein Auge auf das Haus des Griechen, erwog sogar, den alten Mann, diesen griechischen Kaufmann, zu besuchen, überlegte mir eine Möglichkeit, mich mit ihm anzufreunden. Ich dachte an dich. Ich stellte dich mir vor. Ich schwelgte in Erinnerungen. Ich ersann sogar Gedichte auf dich. Von deinem Bruder sah und hörte ich nichts mehr. Deshalb nahm ich an, er hätte Antiochia verlassen.
    Dann wachte ich eines Nachts auf, stieg die Treppe hinauf, sah hinaus und musste erleben, dass die Stadt an vielen Stellen in Flammen stand.
    Germanicus war gestorben, ohne seine Anschuldigung, dass Piso ihn vergiftet habe, zurückzunehmen.
    Als ich das Haus des Griechen erreichte, fand ich nur noch brennende Balken vor. Von deinem Bruder fehlte jede Spur. Nach allem, was ich wusste, waren sie tot, dein Bruder und auch die griechische Familie.
    Die Nächte nach diesen Ereignissen verbrachte ich damit, nach Lucius Ausschau zu halten. Ich hatte keine Ahnung, dass du hier warst, nur eine Sehnsucht nach dir, die an Besessenheit grenzte. Ich versuchte mich zu ermahnen, dass ich, wenn ich um jeden Sterblichen, mit dem ich einst verbunden war, derart trauerte, verrückt würde, lange bevor ich genug über die Fähigkeiten erfahren hätte, die mir unser königliches Paar geschenkt hatte.
    Dann schließlich, eines noch recht frühen Abends, als ich gerade bei dem Buchhändler war, huschte ein Priester an meine Seite und zeigte auf dich. Da standest du auf dem Forum, und der Philosoph und seine Schüler verabschiedeten sich gerade von dir. Ich war dir ganz nahe!
    Ich war so von Liebe überwältigt, dass ich dem Priester nicht richtig zuhörte, bis mir aufging, dass er von merkwürdigen Träumen sprach, während er immer noch auf dich zeigte. Er sagte gerade, dass ich der Einzige sei, der das alles deuten könne. Es hatte etwas mit dem Bluttrinker zu tun, der in dieser Zeit Antiochia unsicher machte – etwas, das an sich nicht ungewöhnlich war. Ich hatte früher schon andere Bluttrinker erschlagen und geschworen, auch diesen zu erwischen.
    Dann sah ich Lucius. Ich beobachtete, wie ihr auf dem Forum zusammentraft. Seine Wut und seine Schuldgefühle wirkten fast blendend auf mich, der ich die Hellsicht der Bluttrinker besitze. Ich verstand deine Worte ohne Mühe selbst aus großer Entfernung. Aber ich wollte mich nicht von der Schwelle rühren, ehe du dich nicht in einem sicheren Abstand von ihm befandst.
    Dann wollte ich ihn töten, doch ich hielt es für klüger, in deiner Nähe zu sein, mit in den Tempel zu gehen und an deiner Seite zu bleiben. Ich war mir nicht sicher, ob ich das Recht hatte, deinen Bruder für dich zu töten, und ob es das war, was du

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