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Anne Rice - Pandora

Anne Rice - Pandora

Titel: Anne Rice - Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pandora
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Sicherheit willen. Ich kann mich in einen Mythos hineinsteigern und mich auch wieder davon verabschieden! Du hast Angst vor mir, weil du nicht weißt, was ich bin. Ich sehe aus wie eine Frau, und ich rede wie ein Mann, und deine Vernunft sagt dir, dass die Summe daraus eine Unmöglichkeit ist.«
    Er erhob sich vom Tisch. Sein Gesicht überzog sich mit einem Glanz wie Schweiß, aber strahlender.
    »Soll ich dir erzählen, was mir widerfahren ist?«, fragte er entschlossen.
    »Gut, erzähl«, sagte ich, »aber geradeheraus.«
    Er ignorierte das. Was ich sagte, stand im Widerspruch zu meinen Gefühlen. Ich wollte ihn eigentlich nur lieben.
    Ich wusste, was es mit seiner Vorsicht auf sich hatte.
    Doch trotz all seiner Weisheit entfaltete er auch eine enorme Willenskraft, den Willen eines Mannes, und ich musste die Quelle finden. Ich verbarg meine Liebe.
    »Womit haben sie dich verlockt?«
    »Niemand hat mich verlockt«, sagte er ruhig. »In Gallien nahmen mich die Kelten gefangen, in der Stadt Massi-lia. Man brachte mich nach Norden, ich musste mein Haar wachsen lassen, dann schlossen sie mich mitten unter den Barbaren in einen riesigen hohlen Baum ein.
    Dort machte mich ein verbrannter Bluttrinker zu einem
    ›neuen Gott‹. Er sagte mir dann, ich solle den keltischen Priestern entkommen und nach Süden gehen, nach Ägypten, um herauszufinden, warum alle Bluttrinker verbrannt worden waren; die jungen waren gestorben, die alten litten. Ich ging, aber ich hatte meine eigenen Grün-de dafür! Ich wollte einfach wissen, was ich war!«
    »Das kann ich gut verstehen«, erklärte ich.
    »Aber zunächst erlebte ich diesen Blutkult in seiner schlimmsten Form – ich war dieser Gott, denk dir nur, ich, Marius, der dir in Rom bewundernd überallhin gefolgt war –, ich war derjenige, dem die Verurteilten geopfert wurden.«
    »Ich habe darüber in Caesars historischen Schriften gelesen.«
    »Ja, gelesen hast du es, aber nicht erlebt! Wie kannst du mir mit einer so oberflächlichen Prahlerei kommen?«
    »Entschuldige, ich vergaß dein kindliches Wesen.«
    Er seufzte. »Entschuldige, ich vergaß deinen prakti-schen und naturgemäß ungeduldigen Geist.«
    »Es tut mir Leid. Ich wollte das nicht sagen. In Rom war ich verpflichtet, den Hinrichtungen beizuwohnen. Und die fanden im Namen des Gesetzes statt. Wer leidet mehr, wer weniger? Die Opfer eines Opferkults oder die Opfer des Gesetzes?«
    »Sehr gut. Ich entkam diesen Kelten und ging wirklich nach Ägypten, und dort begegnete ich dem Ältesten, dem Hüter von Mutter und Vater, dem königlichen Paar, den ersten Bluttrinkern der Welt, von denen unser machtvolles Blut stammt. Was mir dieser Älteste berichtete, war zwar sehr vage, aber doch überzeugend.
    Die Königin und der König waren einst ganz normale Menschen gewesen, nicht mehr. Einer oder beide waren von einem Geist oder Dämon besessen, der sie so beherrschte, dass kein Exorzismus ihn austreiben konnte.
    Das königliche Paar hatte die Fähigkeit, andere Menschen zu verwandeln, indem es ihnen von ihrem Blut zu trinken gab. Sie versuchten eine Religion zu gründen.
    Doch das scheiterte immer wieder. Denn jeder, der das Blut besaß, konnte einen neuen Bluttrinker machen! Der Älteste behauptete natürlich, er wisse nicht, warum so viele Bluttrinker verbrannt worden seien. Doch er war derjenige gewesen, der das ihm anvertraute heilige Kö-
    nigspaar ans Licht der Sonne zerrte, nachdem er sein Wächteramt jahrhundertelang sinnlos ausgeübt hatte!
    ›Ägypten war tot‹, sagte er zu mir. Er nannte es ›die Kornkammer Roms‹. Er sagte auch, dass das königliche Paar sich seit einem Jahrtausend nicht mehr gerührt ha-be.«
    Das erzeugte in mir ein ganz ungewöhnliches, romantisches Gefühl des Entsetzens.
    »Nun, das Sonnenlicht eines heißen Tages reichte zwar nicht aus, um unsere uralten Eltern zu vernichten, doch überall auf der Welt litten ihre Kinder. Und dieser feige Älteste, der nur mit Schmerzen und einer verbrannten Haut belohnt worden war, hatte nicht mehr den not-wendigen Mut, das königliche Paar weiterhin der Sonne auszusetzen. Er hatte keinerlei Veranlassung mehr dazu.
    Akasha sprach zu mir. Sie sprach, so gut sie irgend konnte. In Metaphern und Bildern von dem, was seit dem Anfangsgeschehen war, wie dieser ganze Stamm von Göttern und Göttinnen aus ihr entsprungen war, wie sich Widerstand erhoben hatte und wie viel Geschichte unterging und dass das Ziel in Vergessenheit geriet. Und als es schließlich darum ging,

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