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Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Titel: Annika Bengtzon 09: Weißer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Straßenreinigung kam. Sicher würde sie einen dicken Strafzettel kassieren, wenn sie das Auto nicht vor Mitternacht noch umparkte.
    Halenius telefonierte, als sie die Wohnung betraten.
    »Hat jemand angerufen?«, fragte sie lautlos, und er schüttelte den Kopf. Sie stellte ihm ein Hamburgermenü auf seinen Computer und setzte sich mit den Kindern in die Küche. Die beiden waren so übermüdet, dass sie kaum ihre Pommes frites schafften.
    Vor dem Einschlafen weinte Kalle.
    »Kommt Papa wieder nach Hause?«
    »Wir tun alles dafür«, sagte Annika und strich ihm übers Haar. »Wenn ich Bescheid weiß, bist du der Erste, dem ich es verrate.«
    »Wird er in Afrika sterben?«
    Sie küsste ihn auf die Stirn.
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Ich glaube nicht. Die Leute, die ihn gefangen halten, wollen Geld dafür haben, dass sie ihn freilassen. Und wir haben ja ein bisschen Geld auf der Bank, ich werde so schnell wie möglich bezahlen. Was hältst du davon?«
    Der Junge drehte sich von ihr weg.
    »Soll ich das Licht anlassen?«
    Er nickte zur Wand.
    »Das war ein echt widerlicher Hamburger«, sagte Halenius und kam mit der Papiertüte voll Müll aus dem Schlafzimmer.
    »Ja, stimmt«, sagte Annika. »Gibt es was Neues?«
    »Eine ganze Menge«, sagte der Staatssekretär.
    »Ihr sollt nicht so laut sprechen!«, rief Kalle aus dem Kinderzimmer.
    Sie gingen ins Schlafzimmer und schlossen die Tür hinter sich. Halenius setze sich auf seinen angestammten Platz (den Bürostuhl), Annika öffnete das Fenster, um ein bisschen Luft hereinzulassen, und machte es sich dann im Schneidersitz auf dem Bett bequem. Draußen regnete es leise, ein stiller Winterregen, der die Stadt grauer und die Dunkelheit noch undurchdringlicher machte. Halenius sah müde aus. Seine Haare standen in alle Richtungen vom Kopf ab, und sein Hemd war weit aufgeknöpft.
    »Der Mann mit dem Turban ist identifiziert«, sagte er. »Grégoire Makuza. Tutsi, in Kigali in Ruanda geboren. Du hattest recht, er ist gut ausgebildet. Er hat Biochemie an der Universität in Nairobi studiert. So sind sie ihm auf die Schliche gekommen.«
    Annika kaute auf der Unterlippe.
    »Und?«
    »Die Engländer haben das rausgefunden, und es sind ja nicht wirklich viele Fakten, aber man kann aus diesen sparsamen Informationen trotzdem diverse Schlüsse ziehen, und das wirft noch mehr Fragen auf …«
    »Der Völkermord in Ruanda«, sagte Annika. »Wo war er damals? Wie heißt er, Gregorius …?«
    »Grégoire Makuza«, sagte Halenius und nickte. »Genau. Ein Tutsi-Teenager in Kigali 1994 …«
    »Wenn er denn wirklich dort war«, sagte Annika. »Vielleicht lebte er ja bereits in Kenia.«
    »Möglich.«
    Annika fröstelte. Sie stand vom Bett auf und machte das Fenster wieder zu.
    »Ein Biochemiker«, sagte sie. »Was hat ihn dazu veranlasst, Kidnapper zu werden?«
    Sie setzte sich auf den Hocker.
    »Er hat keinen Abschluss gemacht«, sagte Halenius. »Aus irgend­einem Grund hat er sein Studium abgebrochen, als er nur noch ein Semester vor sich hatte. Er war kein Ass, aber hatte gute Noten und Zeugnisse. Einer Zukunft als Wissenschaftler in der Pharmaindustrie stand nichts im Weg.«
    Annika erhob sich und ging an Halenius’ Computer.
    »Zeig mir ein Bild von ihm«, sagte sie.
    Halenius suchte in Ordnern und Mails. Annika stand hinter ihm und schaute in sein Haar. Er hatte ein paar graue Strähnen, auch einige ganz weiße. Seine Schultern waren wirklich unglaub­lich breit und massiv. Sie fragte sich, ob er Gewichte stemmte. Und dann musste sie die Fäuste ballen, um den Impuls zu unterdrücken, ihn zu berühren, zu fühlen, ob die Schultern tatsächlich so fest waren, wie sie durch das Hemd wirkten.
    »Hier«, sagte der Staatssekretär und spielte den Film ab. Annika zog den Hocker heran und setzte sich neben ihn.
    Er hatte den ersten der beiden Filme ausgewählt, die ins Internet gestellt worden waren. Das Gesicht des Mannes tauchte auf dem Bildschirm auf, undeutlich und ziemlich wackelig. Halenius hielt den Film an.
    »Er wurde Anfang der 80er Jahre geboren«, sagte er.
    »Dann ist er jetzt um die dreißig«, sagte Annika.
    »Er könnte auch älter sein«, erwiderte Halenius und legte prüfend den Kopf ein wenig schräg.
    »Oder jünger«, sagte Annika.
    Schweigend starrten sie auf die groben Züge des Mannes.
    »Tutsis«, sagte Annika. »Der andere Stamm sind die Hutus, stimmt’s? Was ist eigentlich der Unterschied?«
    »Das weiß keiner mehr. Die Definitionen haben sich

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