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Anonym - Briefe der Lust

Anonym - Briefe der Lust

Titel: Anonym - Briefe der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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jetzt viel mehr, hatte mir vom ersten Moment, als ich die Nachrichten an ihn auf mich bezogen hatte, mehr bedeutet.
    Nachdem ich den Saft ausgetrunken hatte, begann ich auf und ab zu gehen. Der erste Brief war leicht zu schreiben gewesen, ich hatte ihn aus einer Laune heraus formuliert. Der zweite war mir nicht viel schwerer gefallen. Jetzt aber, jetzt … ich wollte, dass er perfekt war, und damit lähmte ich mich selbst. Schließlich dachte ich an seinen Sinn für Humor und an die Liste, die er geschrieben hatte. Ich nahm meinen Füller und setzte die Feder aufs Papier.
    Iss Tacos zum Abendessen.
    „Paige!“
    Ich gehöre nicht zu den Frauen, die leicht erröten, aber meine Wangen brannten, als ich mich umwandte und Eric ansah, der mir vom Fahrstuhl aus zuwinkte. Ich blieb in der großen Glastür der Eingangshalle stehen und hielt sie für ihn auf, und er folgte mir hinaus in den windigen Frühlingsmorgen. „Hi, Eric.“
    „Gehst du joggen?“ Er trug schwarze Sporthosen und ein enges schwarzes T-Shirt, das seine Bizepse zur Geltung brachte.
    Ich schaute hinunter auf meine Turnschuhe und die Trainingsklamotten, bevor ich ihn grinsend ansah. „Das sollte man meinen, nicht wahr?“
    „Liege ich völlig falsch?“ Er presste sich eine Hand aufs Herz und machte einen schwankenden Schritt. „Erzähl mir nicht, du bist unterwegs zum Ball in der Botschaft.“
    „Nee. Aber ich jogge nicht. Allerdings kann ich flott gehen, wenn du etwas in der Art vorhast.“
    „Ein flotter Spaziergang wäre nicht schlecht“, erklärte er zustimmend.
    „Ich will dich aber nicht aufhalten.“ Ich tat, als müsste ich die Kordel am Taillenbund zuziehen, damit meine Hände etwas zu tun hatten, während ich seine Reaktion beobachtete.
    Er zeigte jedoch nicht viel Reaktion, zuckte nur mit den Schultern und lächelte leicht, wobei seine dunklen Augen funkelten. „Kein Problem. Ich bin früher viel gelaufen, aber das geht auf die Knie. Rasches Gehen ist gutes Training, ohne die Gelenke zu belasten. Ich bekomme viele Verletzungen bei Leuten zu sehen, die es mit dem Laufen übertrieben haben. Ich möchte nicht zu ihnen gehören.“
    Wir überquerten die Front Street, um zu dem Fußweg zu gelangen, der direkt dahinter verlief. Der Susquehanna River führte viel Wasser, nachdem es ein paar Tage geregnet hatte und die Schneeschmelze noch nicht lange vorbei war. Das grünbraune Wasser reichte bis zu den Betonstufen, die in die Böschung gebaut worden waren. Vor uns sah ich die leuchtenden roten und weißen Streifen der Markise des Badehauses am öffentlichen Strand. Ich würde einen Fuß ins Wasser tauchen. Vielleicht. Aber auf gar keinen Fall würde ich jemals in diesem Fluss schwimmen.
    „Nach links oder nach rechts?“, erkundigte sich Eric, während er erst eines, dann das andere seiner langen Beine streckte.
    Links ging es in die Innenstadt und weiter zum Highway, aber wir konnten unten am Fluss entlanggehen, anstatt hier oben zu bleiben. Rechts führte der Weg an den benachbarten Apartmenthäusern und einer Reihe ehemaliger Landsitze vorbei, die früher Privatleute bewohnt hatten, in denen jetzt aber zum größten Teil Büros untergebracht waren. Und am Sitz des Gouverneurs, der mich aus irgendeinem Grund immer wieder aufs Neue faszinierte. Ich glaube, das lag daran, dass solch ein bedeutendes Gebäude einfach so in der Landschaft stand, wo jeder, der wollte, einfach vorm Zaun stehen bleiben und es in aller Ruhe betrachten konnte. Genau denselben Eindruck hatte das Weiße Haus bei meinem einzigen Besuch in Washington, D.C., auf mich gemacht.
    „Rechts.“ Ich zeigte die Richtung mit dem Kopf und schaute ihm bei seinen Streckübungen zu. Dann versuchte ich, es ihm nachzumachen, da ich mich aber niemals vor dem Training aufwärmte, waren meine Bemühungen eher halbherzig.
    Eric musterte mich grinsend, sagte aber nichts. „Fertig?“
    „Sicher.“
    Als ich ungefähr acht oder neun war, war Walking total in. Wir lebten mit Bob, dem damaligen Freund meiner Mutter, in einer Wohnwagensiedlung, die zu klein war, um sie als Trailerpark zu bezeichnen. Meine Mutter, die vorher in der Packabteilung bei Hershey gearbeitet hatte, war entlassen worden, und zum ersten Mal, solange ich denken konnte, hatte sie eine Gruppe von Freundinnen um sich geschart, die gemeinsam solche Dinge taten wie die Mütter im Fernsehen. Sie trafen sich zum Lunchen, zogen über ihre Männer her und fuhren zum Einkaufszentrum, wo sie herumliefen und sich alles ansahen,

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