Ans Glueck koennte ich mich gewoehnen
noch, was er will und kann sich nicht mehr anpassen.« Vielleicht hatte meine Oma damit recht. Wahrscheinlich haben Menschen, die zu lange alleine leben, es schlichtweg verlernt, sich mit anderen Menschen auseinander zu setzen. Denn auch Spiegelneurone sterben ab, wenn sie nicht benutzt werden. Heute würden wir sagen, jemand ist beziehungsunfähig. Ein sehr trauriges Statement, wenn wir davon ausgehen, dass Menschen Zuwendung und Gemeinschaft brauchen.
Seelischer Stress und emotionale Belastungssituationen können also Veränderungen unseres Gehirns bewirken, genauso wie unser Gehirn Einfluss auf unsere Emotionen hat. Um diese Wechselwirkung positiv zu nutzen, sollten wir auf unsere Mitmenschen setzen.
Prinzip Mitmenschlichkeit
Joachim Bauer, Professor mit Spezialgebiet Psychosomatische Medizin an der Universität Freiburg, sieht den Mensch als Wesen, das hauptsächlich nach mitmenschlichen Beziehungen und Zuwendung strebt. Dafür führt er folgendes Argument an: Im Mittelhirn befinden sich Motivationssysteme, die mit anderen Hirnregionen verbunden sind, besonders eng mit den Emotionszentren. Diese Emotionszentren melden den Motivationssystemen, wenn interessante Ziele in der Umwelt erkannt werden, die es lohnen, sich dafür einzusetzen. Werden die Motivationssysteme dann aktiv, schütten sie den Botenstoff Dopamin aus.
Dopamin, auch Glückshormon genannt, wird auch beim bereits erwähnten Flow ausgeschüttet. Wie wir bereits wissen, erzeugt Dopamin ein Gefühl des Wohlbefindens, aber auch einen Zustand der höchsten Konzentration und Bereitschaft zum Handeln. Diese Bereitschaft zum Handeln ist Motivation, Antrieb und die Bereitstellung der Energie, die wir brauchen, um Ziele erreichen zu können.
Von welchen Zielen aus der Umwelt ist hier also die Rede? Laut Professor Bauer ist der Dreh- und Angelpunkt einer jeden Motivation, Wertschätzung, Zuneigung und menschliche Anerkennung zu bekommen. Wir Menschen sind also Wesen, die andere Menschen brauchen, deren Aufmerksamkeit und Zuwendung.
Und dienen die oft so hoch geschätzten materiellen Dinge wie Geld, Autos und Häuser nicht auch einfach nur dazu, uns Anerkennung und soziale Akzeptanz zu erkaufen? Warum ist es denn so belastend, arbeitslos zu sein? Weil man in diesem Land hungern muss? Doch wohl eher nicht. Doch, was werden die Nachbarn sagen?
Zum Thema Anerkennung und Motivation möchte ich noch eine kleine Geschichte aus den USA erzählen: Die Lehrerin einer Grundschulklasse bat ihren Schüler Steve Morris darum, eine Maus zu finden, die sich irgendwo im Klassenzimmer versteckte. Denn keiner konnte so gut hören wie der blinde Steve. Für Steve war diese Anerkennung der Lehrerin eine starke Motivation, sein Gehör noch weiter zu trainieren. Bekannt wurde Steve unter dem Namen Stevie Wonder.
Dass Beziehungen auf Motivationssysteme wirken, konnte Neurobiologe Jeffrey Lorberbaum belegen, der festgestellt hat, dass die Motivationssysteme von Müttern dann aktiv sind, wenn sie ihre Babys schreien hören. Das Schreien von Babys führt bei Müttern zur Ausschüttung des Hormons Oxytocin. Dieses Bindungshormon trägt zur Festigung der Mutter-Kind-Beziehung bei. Aber nicht nur in der Mutter-Kind-Beziehung geht es um Bindung und damit um Dauerhaftigkeit und Vertrauen. Auch eine gute Freundschaft baut darauf auf. Nicht nur wird Oxytocin durch eine Freundschaft verstärkt ausgeschüttet, sondern es stärkt im Gegenzug das Vertrauen in einer zwischenmenschlichen Beziehung.
Wenn unser Körper Oxytocin ausschüttet, werden Angstgefühle und Stress vermindert. Wir fassen schneller Vertrauen, nehmen die Gesichter anderer als wohlwollender und sympathischer wahr und sind auch eher bereit, anderen zu verzeihen. Die Motivationssysteme Dopamin und Oxytozin werden also dann aktiviert, wenn wir uns unter Freunden befinden. Wir brauchen andere Menschen, wir brauchen Freunde, um uns selbst wohlzufühlen, um glücklich zu sein.
Eine grundlegende Voraussetzung dafür, dass wir überhaupt in der Lage sind, Freundschaften zu schließen, ist Empathie: die Fähigkeit, mit anderen mitfühlen zu können.
Ein Mensch kann mit einem Pferd mitfühlen, aber ein Pferd nicht mit einer Ratte?
Schon bei Babys und Kleinkindern lässt sich empathisches Verhalten beobachten – weint ein Baby, weinen alle anderen mit. Wichtig ist jedoch nicht nur, dass das Gehirn und damit die Spiegelneurone bei der Geburt intakt sind, sondern wichtig ist auch die sogenannte Abstimmung von Mutter – oder einer
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