Ans Glueck koennte ich mich gewoehnen
anderen engen Bezugsperson – und Kind. Der Psychiater Daniel Stern versteht unter Abstimmung die Einfühlung der Mutter in die Emotionen des Kindes. Fühlt sich die Mutter nicht in die Emotionen ihres Kindes ein, so fängt das Kind an, die Äußerung eigener Emotionen zu vermeiden oder gar die Emotionen selbst nicht mehr zu empfinden.
Mitfühlen, sich in andere einfühlen, soziale Beziehungen haben und Freundschaften pflegen, heißt, mit anderen zu harmonisieren. Umgangssprachlich würde man vielleicht sagen, dass die »Chemie« stimmt.
Der Psychiater Carl Marci stellte bei gleichzeitiger Analyse der Gehirne von zwei guten Freunden, die miteinander kommunizierten, fest, dass ein spezifisches Zusammenspiel der Schweißproduktion vorlag. Denn desto mehr zwei Menschen ihre Bewegungen und Gesten miteinander synchronisieren, desto ähnlicher wird ihre Schweißproduktion und desto positiver schätzen sie im Nachhinein die Begegnung und auch ihr Gegenüber ein.
Fast jeder kann sich den Unterschied vorstellen, alleine oder mit dem besten Freund in den Urlaub zu fahren. Ich fahre in ein fremdes Land, vielleicht eine fremde Kultur, und die ersten Schwierigkeiten lassen nicht auf sich warten: fremde Sprache, fremde Menschen, fremde Zimmer, fremde Betten. Das alles ist zwar einerseits aufregend, andererseits macht es mir Angst. Doch der Freund an meiner Seite gibt mir Halt und Sicherheit. Liege ich dann auf einem Liegestuhl am Meer in der Sonne, weiß ich, dass es doppelt so schön ist, weil mein Freund dabei ist und genau das fühlt, was ich selbst fühle.
Dabei spielt die emotionale Resonanz eine große Rolle. Unserem Gegenüber teilen wir ständig durch Körperhaltung, Mimik und Gestik mit, wie wir uns momentan fühlen. Emotional intelligente Menschen nehmen dies wahr und imitieren, bewusst oder unbewusst, das Verhalten, das heißt, sie nehmen zum Beispiel die gleiche Körperhaltung ein. Damit wird das eigene Verhalten im Freund gespiegelt, aber auch die Gefühle der beiden Freunde geraten in Resonanz. Sie befinden sich in der gleichen Stimmung. Das ist der Grund, warum unter guten Freunden oft nicht viel geredet werden muss. Sie wissen auch ohne Worte, was der andere denkt und fühlt. Der »Freundschaftsphilosoph« Michel de Montaigne drückte das einmal so aus: »Bei der Freundschaft hingegen, von der ich rede, verschmelzen zwei Seelen und gehen derart ineinander auf, dass sie sogar die Naht nicht mehr finden, die sie einte.« 12
Zwischenmenschliche Beziehungen, Freundschaften mit anderen Menschen sind für Leib und Leben, Gesundheit und Glück enorm wichtig. Aber wie sieht es mit der wichtigsten Freundschaft aus: der Freundschaft mit sich selbst?
Was es heißt, sich selbst zum Freund zu haben
Der Freund kann nur dann das zweite Selbst sein, wenn der Mensch mit sich selbst befreundet ist, so Aristoteles. Nur dann, wenn wir uns selbst annehmen, können wir Freunde haben. Die wahre Freundschaft besteht darin, dass es nicht um die eigenen Interessen, sondern um die Interessen des Freundes oder der Freundin geht. Bin ich jedoch mit mir selbst nicht im Reinen, so geht es mir ausschließlich um mich selbst und meine eigenen Probleme. Der Psychologe Daniel Goleman sieht die Wurzeln der Empathie in der Selbstwahrnehmung. Je offener wir mit unseren eigenen Gefühlen umgehen, desto besser können wir auch die Gefühle anderer interpretieren.
Selbstwahrnehmung, was ist das eigentlich? Ist Wahrnehmung nicht eine Selbstverständlichkeit? Wenn wir sehen, riechen, schmecken, hören und fühlen können, müsste doch alles in Ordnung sein? So einfach ist es wohl leider nicht.
Als Alina so etwa vier Jahre alt war und wir die Diagnose der geistigen Behinderung bekamen, begannen wir, nach der richtigen Therapie für sie zu suchen. Ergo- und Logotherapeuten sprachen vermehrt davon, dass Alina Defizite in der Wahrnehmung habe. Bis dahin war ich noch der Meinung, dass, wenn alle Sinne funktionieren, auch die Wahrnehmung intakt sein müsste. Pustekuchen! Denn durch die Interaktion mit seiner Umwelt erhält ein Kind viele Informationen über die Existenz seines eigenen Körpers und dessen Gliedmaßen. Dadurch lernt ein Kind, sich von der Welt um sich herum zu unterscheiden. Durch unzählige Interaktionen mit der Umwelt und deren Gegenstände erfährt ein Kind Regeln, Gesetzmäßigkeiten und Erlebnisse völlig automatisch. Der Körper nimmt ganz langsam Gestalt an. Gibt es aber Unterbrechungen in dieser natürlichen Entwicklung, etwa
Weitere Kostenlose Bücher