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Ans Glueck koennte ich mich gewoehnen

Ans Glueck koennte ich mich gewoehnen

Titel: Ans Glueck koennte ich mich gewoehnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Schilling-Frey
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Wenn Kinder wiederholt Tätigkeiten ausüben, die zu negativen Charaktereigenschaften führen, heißt es zu versuchen, »negative Tätigkeiten« durch »positive Tätigkeiten« zu ersetzen. Es geht also nicht darum, etwas nicht zu tun, sondern darum, stattdessen etwas anderes zu tun: Denn das, was wir einüben, prägt unseren Charakter, die eigene Haltung und Einstellung.
    Der Neurologe und Psychiater Viktor E. Frankl schreibt in seinem Buch … trotzdem Ja zum Leben sagen , das er in einem Konzentrationslager verfasst hat: »Da musste uns so recht zu Bewusstsein kommen, wie richtig der Satz von Dostojewski ist, in dem er den Menschen einmal geradezu definiert als das Wesen, das sich an alles gewöhnt. Uns könnte man danach fragen, wir könnten sagen, ob und wieweit dies stimmt, dass der Mensch sich an alles gewöhnen kann; ja werden wir sagen …« 17
    Viktor E. Frankl hat Auschwitz überlebt. Er erlebte Dinge der Entmenschlichung, bei denen es schwerfällt, sich vorzustellen, wie jemand sie ertragen kann. Doch Frankl hat Schreckliches nicht nur ertragen, sondern sich zum Teil auch daran gewöhnt. Diese, nennen wir es, negative Gewöhnung, führte bei Konzentrationslager-Häftlingen zu Verhaltens- und Charakteränderungen: Frankl beschreibt in seinem Buch, wie Menschen durch das Lager apathisch wurden und nicht mehr in der Lage waren, Entscheidungen zu treffen. Durch die ständigen Demütigungen litten die Häftlinge an Minderwertigkeitsgefühlen. Waren sie vor dem Lager ein »Jemand«, sind sie im Lager ein »Niemand«: Das Selbstwertgefühl geht verloren.
    War im Falle der Häftlinge, die Frankl beschreibt, die negative Gewöhnung bedingt durch die extreme Situation beinahe unausweichlich, so können wir auch im Alltag Beispiele dafür finden. Eine ähnliche negative Gewöhnung entsteht etwa bei Suchtkranken: Alkoholkranke etwa sind oft aggressiv oder auch depressiv. Die Gewöhnung an Alkohol verändert den Lebensstil und den Charakter eines Menschen.
    Positive Gewohnheiten in unserem Alltag könnten sein, dass wir uns beispielsweise gesund ernähren, ohne ständig darüber nachdenken zu müssen. Genauso gut könnten wir uns angewöhnen, jeden Tag Tagebuch zu schreiben, um mehr Klarheit und Übersichtlichkeit über unser Leben zu gewinnen. Vielleicht sollten wir es uns aber einfach zur Gewohnheit machen, täglich die Dinge zu tun und zu denken, die uns persönlich glücklich machen.
    Glück ist Charaktersache
    Das Wort »Tugend« ist heute ein wenig aus der Mode geraten; es ist angestaubt und erinnert an uralte Zeiten, an Benimmregeln und vielleicht an Internate. Aber so überholt, wie wir im ersten Moment denken, ist die Tugend gar nicht – vielleicht gebrauchen wir nur das Wort nicht mehr so oft, sondern sprechen heute eher von Stärken oder gar Charakterstärken, ganz im Sinne des Psychologen Martin E. P. Seligman.
    Der Erfinder der Positiven Psychologie beklagt, dass sich sein Berufsstand seit einem halben Jahrhundert nur mit negativen Gefühlen und seelischen Krankheiten befasst. Er selbst beschäftigt sich in seinen Büchern vor allem mit der Frage, worin menschliches Glück besteht und warum Menschen unter gleichen äußeren Bedingungen nicht gleich glücklich sind.
    Die Positive Psychologie analysiert, wie wir unsere Stärken erkennen, pflegen und stärken, um diese dann so einzusetzen, dass wir ein gutes und glückliches Leben führen. Haben wir unsere Stärken erkannt, müssen wir sie pflegen und stärken, um daraus Charakterstärken – Seligman nennt diese dann auch Signaturstärken – entwickeln zu können. Charakterstärken oder Signaturstärken definiert Seligman, wie Aristoteles, im Sinne ethischer Tugenden.
    Charakterstärken bestimmen unser Denken, Fühlen und Handeln und damit unsere Persönlichkeit. Jeder von uns hat ungefähr vier oder fünf besonders ausgeprägte Charakter- oder Signaturstärken, die als besonders erfüllend erlebt werden. Diese Stärken beeinflussen unsere Ziele, sie steuern unser Handeln und beeinflussen so unser Leben. Beim Einsetzen der eigenen Stärken kommen wir in Berührung mit uns selbst. Wir erleben unser Handeln als einen Teil von uns. Dieses Erleben fühlt sich gut und positiv an, es stärkt uns und unsere Persönlichkeit.
    Prof. Dr. Willibald Ruch von der Universität Zürich, einer der renommiertesten Vertreter der Positiven Psychologie in Europa, belegt mit seinen Forschungsergebnissen, dass Tugenden innere Determinanten des Glücks sind: Charakterstärken

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