Anschlag auf den Silberpfeil
Peix,
genannt Krawatten-Nante, saßen am Tisch.
„Beim ersten Mal“, sagte Kolbe, „habe
ich allein gearbeitet.“
„Wo war das?“
„In Frankfurt. Mann, habe ich mich
geschunden. Selbst zu zweit muß man sich ranhalten. Also, wie ist es? Machst du
mit?“
Peix grinste über sein Mondgesicht. „Klar.“
„Kriegst ein Drittel.“
„Ein Drittel wovon?“
„Das wissen wir erst hinterher.“
„Warum nicht halbe-halbe?“
„Weil ich der Fachmann bin und die Idee
habe.“
Kolbe griff in die Tasche und zog eine Tüte
hervor.
Metall klirrte.
Er schüttete den Inhalt auf den Tisch:
19 längliche Schlüssel mit eingestanzter Nummer am Griffende.
„Die gehören zu Bahnhofsschließfächern“,
erklärte er. „Damit es nicht auffällt, habe ich alle 19 belegt.“
„Was? Du hast 19 Koffer eingestellt?“
„Nein, Mann! In den Fächern ist nur
Luft. Aber ich mußte jedesmal zwei Mark in den Münzschlitz stecken.“
Peix studierte die Nummern.
„Hast flächendeckend gesammelt, Jo:
112, 189, 234, 299, sogar hoch bis 709. Guter Querschnitt, wie?“
Kolbe nickte. „Jetzt haben wir 24
Stunden Zeit, um von jedem einen Nachschlüssel anzufertigen.“
„Warum nur 24 Stunden?“
„Solange reicht das Geld. Aber wir
werden keine 24 Stunden vertrödeln, sondern uns beeilen. Das heißt, wir sind
morgen früh fertig.“
Peix nickte. „Und dann?“
„Dann bringen wir die
Originalschlüssel, diese hier, zurück.“
„Verstehe. Die Fächer stehen fortan
wieder für die Allgemeinheit zur Verfügung.“
„Du sagst es. Ab dann halten wir die
Augen offen. Wenn die Beute fett erscheint, schlagen wir zu.“
Peix knetete seine Unterlippe. „Das
heißt, sobald die Fächer belegt sind, holen wir uns den Inhalt. Das
Reisegepäck.“
„Aber nur lohnende Stücke. Auf das, was
drin ist, kommt’s an. Am besten sind Koffer mit Zahlenschloß. Da weiß man
gleich, daß es kein Ramsch ist.“
„Und was nehmen wir nicht?“
„Touren-Rucksäcke. Bei Trampern ist
nichts zu holen. Außerdem — wer billig reist und selbst nichts hat, dem nehme
ich nichts weg.“
„Ist edel.“
„Hm, hm.“
Peix grinste. „Aber bei denen, die es
haben, beißt mich kein Gewissen.“
„Wir müssen uns einen Lieferwagen
besorgen. Gleich morgen früh.“
„Wozu?“
„Na, wozu! Der wird neben dem Hbf ins
Parkhaus gestellt. Von dort socken wir los. Aber nicht auffallen!“
„Klar! Wenn zwei Typen nach und nach 19
Koffer wegtragen, wird die Umwelt aufmerksam.“
„Deshalb“, nickte Kolbe, „machen wir
nicht alles auf einmal. Außerdem wäre es gut, wenn wir uns von Auftritt zu
Auftritt verwandeln.“
„Was?“
„Dort hinten in der Kiste habe ich noch
alles. Perücken, Bärte, Sonnenbrillen und verschiedene Mäntel. Sobald wir einen
Koffer im Wagen haben, sehen wir sofort nach. Plunder lassen wir gleich im
Parkhaus. „
„Wird ein toller Coup“, meinte Peix und
rieb über seinen Speckbauch.
18. Entschädigung
Nach dem aufregenden Abend, der sich
ziemlich weit in die Nacht hinein ausdehnte, fehlten den TKKG-Freunden am
nächsten Tag ein paar Stunden Schlaf.
Tim war der einzige, dem das nichts
ausmachte. Die andern holten ihr Schlummerbedürfnis während des Unterrichts
nach. Sogar auf Gabys Kornblumenaugen lag ein geheimnisvoller Schleier, während
sie den Vorträgen der Pauker scheinbar aufmerksam lauschte.
Die letzte Stunde war frei. Die
TKKG-Bande quetschte sich in die Haupthaus-Telefonzelle, die sogenannte
Besenkammer, und rief das Krankenhaus an, in dem Barbara Schnabel lag.
Die Stationsschwester wollte und durfte
keine Auskunft geben. Aber Barbara hatte Telefon am Bett.
„...geht mir schon wieder ganz gut. Am
Freitag werde ich entlassen“, sagte sie — und freute sich riesig über den
Anruf.
Gaby, diesmal als TKKG-Sprecherin,
sagte: „Gut, daß du liegst. Sonst weht es dich um, wenn du erfährst, was
gelaufen ist. Der Triebwagen-Täter und der Strickespanner, dem du die
Gehirnerschütterung verdankst, sind nämlich personengleich. Zur Zeit sieht
dieser Fallensteller aus wie Hamukohlrabi, der Zerquetschte. Nämlich total
zerkratzt zwischen den Ohren. Du kennst ihn. Es ist Erich Jesper.“
„Was?“ rief Barbara. „Der ist hier. Als
Patient. Vorhin kam er zu mir rein. Erst dachte ich: eine Mumie. Er ist rund um
den Kopf bandagiert. Aber er sagte, wer drunter ist, unter dem Mull. Stell dir
vor! Eine Riesenpackung Pralinen hat er mir gebracht. Und rumgestottert, wie es
mir denn gehe. Ihn habe
Weitere Kostenlose Bücher