Anschlag auf den Silberpfeil
sie
weiterbummelten.
„Und nicht nur wegen der Einladung“,
meinte Klößchen. „Ich hab’s mir überlegt. Keine Schoko-Zigarren. Lieber
Schoko-Eis. Wohin gehen wir jetzt?“
In diesem Moment kamen sie bei den
Schließfächern an.
In langer Doppelreihe standen sie,
Rücken an Rücken. Das heißt, die Rückseiten der Fächer berührten sich: die Tür
zu einem Fach auf der einen Seite, die Tür zu einem andern Fach auf der anderen
Seite. Dreistöckig türmte sich das aufeinander.
Karl fing Tims Blick auf. „Was ist?“
„Am besten, wir gehen in ein Eis-Café“,
meinte Klößchen.
Er sah nicht die Schließfächer. Er sah
einen Schoko-Eisbecher vor seinem geistigen Auge. Tim sah was anderes: zwei
Typen.
Wie hat der Kommissar sie genannt,
überlegte er. Achtfinger-Jo und Krawatten-Nante. Komisch! Was treiben die da?
Er machte Karl auf sie aufmerksam. Aber
der hatte sie schon bemerkt.
Achtfinger-Jo, der Rothaarige, stand
vor einem Schließfach, blickte kurz nach rechts, dann nach links, schob den
Schlüssel ins Schloß und öffnete das Fach. Aber er nahm nichts heraus, sondern
trollte sich zu seinem Kumpan, mit dem er nach links aus dem Blickfeld sockte.
„Hat der das Schloß ausprobiert“,
dachte Karl laut. „Oder was?“
„Jedenfalls hat er nichts rausgenommen“,
sagte Tim. „Hat nicht mal reingeglotzt. Seltsam!“
„Waren das nicht die beiden“, fragte
Gaby, „die mein Papi uns gezeigt hat? Die Taschendiebe.“
„Deshalb sind wir ja so argwöhnisch“,
nickte Tim. „Wenn zwei Vorbestrafte an diesen Behältnissen fummeln, springt
einen doch gleich der Verdacht an.“
„Was ist nun?“ fragte Klößchen. „Gehen
wir ins Eis-Café? Sonst fordere ich meine fünf Mark.“
„Da ist Schulzl-Müller“, sagte Gaby. „Kinder,
ist der aufgeregt.“
19. An derselben Stelle
In der Tat! Dem Bahnbeamten flammte
hektische Röte in den Wangen. Er eilte. Daß er wenig Schlaf gehabt hatte, war
ihm nicht anzumerken. Fast auf Armlänge wollte er an den TKKG-Freunden vorbei.
Aber dann bemerkte er sie.
„Hah!“ rief er. Und schwenkte links, um
allen — auch Gaby - auf die Schulter zu klapsen. „Wo habt ihr denn euren Hund,
den Ottokar?“
„Oskar“, sagte Gaby, „heißt er. Auf
Ottokar hört er nicht.“
„Er hört sowieso nicht“, sagte Klößchen,
„aber er ist ein glücklicher Hund. „
„Wie meiner.“ Schulzl-Müller strahlte. „Nur
wenn die Ohren gesäubert werden, flippt er aus. Soll ich euch sagen“, er
dämpfte die Stimme, „was eben passiert ist? Der Erpresser hat angerufen.“
„Wie verabredet“, sagte Tim. „Und?“
„Na, dem habe ich vielleicht eins auf
die Nase gegeben. Diesem Angeber, der gar kein Erpresser ist. Ich meine, er hat
ja den Anschlag auf unseren Triebwagen nicht verschuldet. Das war Erich Jesper,
der dank deines Vaters Findigkeit, Gaby, kaltgestellt ist. Der Anrufer eben war
wieder der Mistkerl mit dem Spaß-Dialekt. Däm häbe eich äber ärzühlt, wäs Säche
eist. Hahaha! Das heißt, ich habe ihm gesagt, daß der wahre Täter gefaßt ist.
Und er, der Betrüger, kriegt nichts. Schon gar keine Million. Morgen, habe ich
gesagt, steht alles in der Zeitung. Oh, war der wütend.“
„Geschieht ihm recht“, meinte Klößchen.
„Wohin kämen wir denn da! Erich Jesper hat die Arbeit gemacht, und der
Erpresser will kassieren. So geht’s nicht.“
Karl stieß ihn in die Rippen. „Willi!“
„Na, ist doch wahr! Wenn einem die
Million zusteht, dann dem Erich Je... Ach nee! Eigentlich keinem.“
Schulzl-Müller blickte befremdet. Aber
nur für einen Moment. Dann lächelte er wieder.
„So, Kinder! Jetzt muß ich weiter. Wir
sehen uns ja noch.“
Er schwirrte ab.
Klößchen wieder: „Entweder wir gehen
jetzt ins Eis-Café. Oder du rückst meine fünf Mark raus, Tim.“
Seine Freunde seufzten im Chor.
„Also gut“, meinte Gaby. „Gehen wir.“
*
Franz Hauke saß in seinem Hinterzimmer
und war rot vor Wut.
Neffe Otto biß ärgerlich auf der
Unterlippe herum. Sein Irokesen-Schnitt schien sich zu sträuben. Die alberne
Bürste brauchte keinen Kleister, um in Fasson (Form) zu bleiben.
Angelo Copparo stürmte herein.
Sie hatten ihn angerufen.
Auf seiner Brust tanzte das
Goldpüppchen.
Erst als er stehenblieb und zum Beweis
seiner Eile die Zunge heraushängen ließ, nahm es Ruhestellung ein — auf seiner
Brustbehaarung.
„Was ist denn los?“ keuchte er. „Himmel,
ich wollte gerade einer Kundin Popperlocken verpassen. Und ‘ner
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