Anschlag auf den Silberpfeil
Als
sie einstiegen, flog eine Taube vorbei. In genauer Fallinie über der
Windschutzscheibe erledigte sie ihr Verdauungsfinale. Klacks!
„Mistvieh!“ schimpfte Angelo. „Man
sollte alle Tauben vergiften. Sie kacken die Stadt voll. Sonst sind sie zu
nichts gut.“
„Gebraten sind sie gut“, meinte Otto. „Schicker
Schlitten. Hoffentlich wird er nicht staubig, wenn wir über die Feldwege
brettern.“
„Ich glaube, er verträgt es.“
Sie fuhren los, aus der Stadt hinaus,
folgten einer Landstraße.
Angelo kannte den Weg.
Es war heiß. Zeitweilig schien die
Sonne. Dann wieder gewannen fette Wolken eine Runde. In der Schwüle tanzten
Mückenschwärme. Als sie sich dem Teufelsberg näherten, wurde die Landschaft
einsam.
Otto benutzte das Fernglas, das im
Handschuhfach lag. Er äugte in jede Richtung, entdeckte einige
landwirtschaftliche Fahrzeuge und — hinter Träubling — einen Segelflieger, der
aber bald über den Horizont verschwand.
„Dort, der Teufelsberg!“ Otto wies hinüber.
Angelo fuhr bis zu dem Feldweg, der zur
Scheune abzweigt, und hielt.
Den Motor ließ er laufen. Daß damit die
Umwelt zusätzlich und unnötig verpestet wurde, interessierte ihn nicht.
Durchs Fernglas spähte Otto zum Tunnel
hinüber.
„Alles wieder in Ordnung. Den Schaden
haben sie in Rekordzeit behoben. Klar! Ist ja auch eine wichtige Strecke.“
„Ich fahre zur Scheune“, sagte Angelo. „Dort
verstecken wir den Wagen. Dann hin zum Tunnel. Wir müssen nur aufpassen, daß
hier niemand vorbeikommt. Man würde uns sehen.“
„Nicht mit bloßem Auge. Das sind
mindestens 1500 Meter, und das Gebüsch schirmt den Bahndamm ab. Wenn ich nicht
wüßte, daß dort der Tunnel ist... also, ohne Feldstecher könnte ich den nur
ahnen.“
Sie vergewisserten sich, daß niemand in
der Nähe war, dann preschte Angelo über den Feldweg, daß dem Suzuki ganz anders
wurde. Aber er bewährte sich und durfte dann ausruhen in der baufälligen
Scheunenruine, wo Sonnenstrahlen durch die schadhaften Wände fielen.
Die beiden rannten zum Tunnel.
Otto keuchte. Er war starker Raucher.
Seine Lunge pfiff und hätte beinahe den Dienst verweigert. Er bekam
Seitenstechen, und die Bronchien klapperten wie Blechventile.
Angelo war viel zu schick gekleidet für
das Unternehmen und verlor zweimal seinen rechten Krokoleder-Slipper, der etwas
lockerer saß als der andere.
Am Tunneleingang verharrten sie.
Angelo sah auf die Uhr.
„Verdammt!“ fluchte er. „Wir haben uns
verspätet. Nur noch 29 Minuten — dann ist der Zug da. Jetzt aber ran!“
Sie schufteten. Steine wurden gewälzt,
gerollt, getragen. Große Felsbrocken schleppten sie gemeinsam. Von den Hängen
rechts und links warfen sie kleinere Steine aufs Gleis. Das Hindernis wuchs.
Otto strengte sich an. Bald war er in
Schweiß gebadet.
Angelo sah aus, als kippe er jeden
Moment um. Er konnte sich nicht entsinnen, daß er jemals so anstrengend
gearbeitet hatte.
Als sie fertig waren, krönte er das
Hindernis, indem er sich einen großen Stein an die Brust hievte und acht oder
neun Schritte bis zum Hindernis trug.
Er kletterte auf den Wall und ließ den
Stein fallen.
Dabei zerriß das Goldkettchen auf
seiner Brust.
Er merkte nichts.
Als er dann, groggy aber zufrieden,
neben den Schienen stand, fiel das Goldpüppchen zu Boden. Es fiel zwischen die
Schwellen.
„Gute Arbeit“, lobte Otto, „die wir da
geleistet haben.“
„Mir tut jeder Knochen weh. Und der
Brustkorb auch. Als hätte ich die Rippen gebrochen.“
„Was man nicht alles tut für eine
Million.“
Sie schleppten sich zum Wagen.
In neun Minuten würde der Silberpfeil
anrauschen — falls er pünktlich war.
Angelo legte Tempo vor bei der
Rückfahrt.
Wenn es krachte, wollten sie nicht mehr
in der Nähe sein.
Daß er seinen Brustschmuck verloren
hatte, merkte er erst, als sie in der Stadt ankamen.
22. Anweisungen für die Geldübergabe
Zu viert mußte sich die TKKG-Bande
diesmal in Glockners Wagen auf die Rücksitze quetschen. Vorn fuhr Kollege
Krause mit.
Nach kurzer Beratung hatten sie
beschlossen, Otto Nitschl festzunehmen — wegen dringenden Tatverdachts.
Die TKKG-Bande durfte dabeisein. Ein
Problem war, daß im Internat bald die Arbeitsstunde begann.
Aber Glockner hatte mit Dr. Grausippe
telefoniert — wie gestern bereits — und darum gebeten, Tim und Klößchen von der
Gemeinschaftsbüffelei zu befreien.
Sie parkten vor dem Hbf, durchquerten
die Halle und näherten sich Haukes Laden.
Tim spähte
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