Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ansichten eines Hausschweins - Neue Geschichten ueber alte Probleme

Ansichten eines Hausschweins - Neue Geschichten ueber alte Probleme

Titel: Ansichten eines Hausschweins - Neue Geschichten ueber alte Probleme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Martenstein
Vom Netzwerk:
werden, das ist das Mindeste.
    Denkverbote darf es nicht geben.
    Wenn in einer Partnerschaft eine Seite immer nur gibt, und die andere Seite gibt nie etwas, dann kann es nicht gut gehen. Man muss den anderen oder die andere so nehmen, wie er oder sie ist, jeder Mensch hat auch Defizite. Abzunehmen bringt nur etwas, wenn man seine Ernährung langfristig und grundsätzlich ändert, sonst stellt sich der Jo-Jo-Effekt ein. Sich regelmäßig zu bewegen und maßvoll Sport zu treiben hat noch niemandem geschadet. Die Wissenschaft kann sich auch irren. Dass Frauen für dieselbe Arbeit immer noch weniger bekommen als Männer, ist ungerecht.
    Wer das Schreiben zum Beruf machen möchte, sollte zuerst einmal viel lesen. Wir haben nur eine Erde, wenn sie kaputt ist, bekommen wir keine neue. Wer mit so hohen Erwartungen ins Amt gestartet ist wie Barack Obama, kann diese Erwartungen unmöglich einlösen.
    Die Rolling Stones sind, egal, wie man ihre Musik findet, schon ein bemerkenswertes Phänomen. Aussterben wird die deutsche Sprache in absehbarer Zeit nicht, aber ihre Bedeutung schwindet. Der Boom der Castingshows im Fernsehen wird auch irgendwann vorbei sein. Das mit der Lena hat der Stefan Raab richtig, richtig gut gemacht. Die Trennung zwischen »E-Kultur« und »U-Kultur« ist willkürlich, in Wahrheit sind die Grenzen fließend. Die Deutschen sind lockerer und entspannter als früher. Wenn wir weiter hemmungslos Schulden machen, bricht die Weltwirtschaft möglicherweise zusammen. Immobilien sind auch keine hundertprozentig sichere Anlage. Zu viel Sicherheitsdenken ist unsexy. Wenn man Tierversuche ablehnt, aber Fleisch vom ganz normalen Schlachthof isst, dann verhält man sich widersprüchlich.
    Einmal, ein einziges Mal, wollte ich eine Kolumne verfassen, der jeder Deutsche (und jede Deutsche) zustimmen kann. Alle Redakteure, alle Intendanten und alle Verleger, die in Urlaub fahren und während dieser Zeit garantiert keinen Ärger mit niemandem haben möchten, dürfen, nach Absprache mit der ZEIT , diesen Text nachdrucken oder senden, gerne auch täglich oder stündlich. Ich erwarte kein Lob. Nur Respekt.

Über Margot Käßmann
    Den Führerschein habe ich nun schon recht lange. In dieser langen Zeit bin ich dreimal von der Polizei angehalten und einer Alkoholkontrolle unterzogen worden, immer mit negativem Ergebnis. Eigentlich erstaunlich. Ich gebe zu: Ich bin auch schon unter Alkoholeinfluss gefahren.
    Ich weiß, dass es falsch ist, ich bin nicht stolz darauf, aber ich gebe zu, dass ich es getan habe. So. Und was jetzt? Ladet ihr mich jetzt zum Kirchentag ein? Nein?
    Die Menschen sind schon ein seltsames Völkchen. Sobald man zugibt, und zwar freiwillig, ohne jeden Druck, dass man kein Heiliger ist, Fehler macht, Mist baut, wie etwa neunundneunzig Prozent der Mitmenschen auch, fällt ein gewisser Prozentsatz der Bevölkerung über einen her, als ob man ganz persönlich soeben die Sünde erfunden hätte und als ob sie selber ohne Fehl und Tadel wären. Ich behaupte doch nicht, dass ich ein Vorbild bin. Dafür, dass die Polizei mich nicht erwischt hat, kann ich doch nichts, das könnt ihr mir unmöglich zum Vorwurf machen.
    In zwei der drei Fälle bin ich der Polizei aufgefallen, weil ich zu langsam gefahren bin. Es war auf der Autobahn. Sie haben oben auf ihren Polizeiautos so eine Leuchtschrift – »Bitte anhalten!« oder so ähnlich –, diese Leuchtschrift haben sie angeknipst. Ich bin auf den nächsten Parkplatz gefahren, die Polizisten stiegen aus. Ich habe gefragt, was ich falsch gemacht habe. Der Polizist sagte: »Sie fahren langsam, höchstens neunzig Kilometer.«
    Ich habe gesagt: »Das ist nicht verboten, oder?«
    Der Polizist sagte Nein, verboten sei dieses Verhalten nicht. Aber verdächtig. Sie hätten in ihrem Polizistenleben die Erfahrung gemacht, dass Leute, die sich auffällig unauffällig aufführen, oft etwas zu verbergen haben. Wer zum Beispiel gerade eben ein Auto gestohlen hat oder wer sternhagelvoll ist, der würde doch niemals mit hundertvierzig Sachen ganz locker ein Polizeifahrzeug überholen. So jemand macht sich klein, wie ein Mäuschen. Und genau deswegen würde er jetzt gerne meine Papiere sehen, und in das Röhrchen dürfe ich auch pusten, freiwillig, andernfalls lade er mich zu einer unfreiwilligen Blutprobe ins Revier ein.
    Wie gesagt, ich war so clean wie ein neugeborenes Baby. Die Argumentationskette des Polizisten hat mir aber eingeleuchtet. Mein Problem ist, dass ich, wenn ich

Weitere Kostenlose Bücher