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Ansichten eines Klaus - Roman

Ansichten eines Klaus - Roman

Titel: Ansichten eines Klaus - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael-André Werner
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Große ist ein ganz blondes Kind, strubbelig in bunt gestreiftem T-Shirt und Strumpfhose, darum ist das mit dem Bremsen auf dem glatten Holzboden auchnoch nicht so einfach. Sieht ein bisschen aus wie Ernie als Mädchen und in Blond.
    »Mama«, sagt sie, »die Ilse ist wach.«
    »Ja, meine Schnecke, ich komm gleich.«
    Die blonde Schnecke dreht sich um und rennt wieder raus. Beate erhebt sich. »Sie hat jetzt eine richtige Aufgabe. Sie bewacht den Schlaf ihrer Schwester.« Beate grinst, geht zur Tür und dreht sich um. »Warst du bei der Einweihungsparty von Alexander?«, fragt sie.
    »Ja«, sage ich. Aha, war sie also nicht da, sonst hätte sie nicht gefragt.
    Die blonde Schnecke kommt wieder angeschliddert, hält sich an ihrer Mutter fest und ruft: »Mama, die Ilse schläft wieder.«
    Beate strubbelt ihrer Tochter durch die Haare, so wird das nie eine Frisur. »Danke, Schneckchen.«
    Schneckchen zischt ab, Beate setzt sich wieder. »Ich konnte ja nicht – ich war beschäftigt.« Sie deutet Richtung Tür, in die Tiefen der Wohnung, wo Ilse schläft. Soll heißen: Als ihr bei Alexander gefeiert habt, hab ich unter Schmerzen ein neues Leben in die Welt gepresst, während der Kindsvater ein altes Kindertheater in Mecklenburg-Vorpommern wiederbeleben will, zusammen mit seiner neuen Freundin, einer zehn Jahre jüngeren Jüngerin.
    Beate trinkt. Nein, eigentlich denkt sie nicht so. Eigentlich ist sie froh, den Typen los zu sein. Es fehlt nur ab und zu ein Mann, der auch da ist, nicht einer,der dann doch nicht da ist, einer fürs Bett eben und der sich auch um die Kinder kümmert, damit man auf dumme Partys gehen kann, auf die man sonst nie freiwillig gehen würde. Nur eben, weil man mal einen Abend frei hat und ein paar Freunde sehen oder einen Mann kennenlernen will.
    »Wie war’s denn?«
    »Ach«, sage ich. »Die meiste Zeit ziemlich langweilig. Bis dann so ein Typ Alexander und seiner Freundin, also seiner Freundin, eine Szene gemacht hat.«
    »Ich hab davon gehört«, sagt Beate. »Monika und ihr Freund.« Sie trinkt und überlegt. »Stefan.«
    Steffen, denke ich, nicke aber trotzdem.
    »Mit der hatte Alexander ja auch mal was. Noch zu Unizeiten.«
    »Aha.«
    »Mein Bruder hat mit den beiden studiert. Und dieser Stefan, das ist ein langweiliger Geselle. Meine Fresse. Geschieht ihm irgendwie recht.«
    »Er trinkt jetzt«, sage ich, »hab ich gehört.«
    »Wundert mich nicht. Von wem denn?«
    »Von wem was?«
    »Von wem hast du das gehört?«
    »Von Petra. Und die hat’s von Ilka.«
    Beate nickt. »Ilka und Stefan würden gut zusammenpassen. Welche Petra?«
    »Meine Freundin.«
    »Ach ja.«
    Der blonde Schneckenengel kommt in die Küche geschliddert. »Mama, mir is langweilig.«
    »Was macht denn Ilse?«
    »Die schläft.«
    »Dann mal doch was. Mal ein grünes Bild. Nur mit Grün.«
    »Mein Tuschkasten ist bei Oma und Oma.« Der blonde Engel knickt in den Knien ein, verdreht sich in sich selbst und linst mich von unten an.
    »Dann nimm doch deine Stifte, Lina.«
    »Ich hab zwei grüne Buntstifte und zwei grüne Filzer.«
    »Na, dann nimm doch die.«
    »Sind doch aber Buntstifte und Filzer. Das geht nicht.«
    »Doch, das geht prima.«
    »Buntstifte und Filzer«, wiederholt die Schnecke.
    »Ja, Buntstifte und Filzer«, wiederholt Beate.
    »Hm.« Leicht grummelnd zieht die Schnecke ab und schlurft dabei.
    »Oma und Oma?«, frage ich.
    »Ach, meine Mutter. Hat sich doch noch scheiden lassen. Und jetzt hat sie ne Freundin. Ihre Anwältin.« Beate kichert. »Wohnen zusammen. Oma und Oma.«
    »Und was macht Opa?«, frage ich.
    »Ist nach Hamburg gezogen. Hat jetzt ne Jüngere. Wieso müssen sich Männer immer jüngere Frauen nehmen?«
    »Wie alt ist denn die Freundin deiner Mutter?«
    Beate schaut mich an, überlegt, nimmt einen Schluck Tee, nickt bedächtig und sagt schließlich: »Stimmt. Stimmt eigentlich.« Aber wie alt Omas Freundin ist, sagt sie nicht.
    »Und Paula?«
    »Wer?«
    »Deine Freundin.«
    »Petra. Der geht’s gut«, sage ich.
    »Wie a-halt?«
    »Jünger«, sage ich. »Aber ich habe dafür nicht meine Frau verlassen.«
    »Apropos verlassen«, sagt Beate. »Du wolltest doch wissen, wieso sich Arschloch und Ilka getrennt haben.«
    Statt »Nö, eigentlich nicht« zu sagen, trinke ich lieber einen Schluck Tee und versuche, das Thema mit einem »Wegen Monika« zu beenden.
    »Quatsch. Das ist doch schon so was von um die Ecke. – Kassandra.«
    »Wer ist Kassandra?« Und wer nennt sein Kind so?
    Beate zuckt mit

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