Ansichten eines Klaus - Roman
kleinere Rothaarige vor den leicht aufgeschwemmten und verlebten, frisch fremdgegangenen und ewig lächelnden Alexander stellt, die Hände in die Hüften stemmt und ziemlich sauer ist. Für Außenstehende sicher ziemlich putzig. Aber in Alexanders Haut möchte ich trotzdem nicht stecken. Generell nicht.
»So«, sagt Beate, »Seitenwechsel.« Sie zupft das Kind vorsichtig von der Brust, dreht es herum, stopft die leere Brust zurück in den BH und holt die andere heraus, dann wird das Kind wieder angestöpselt.
»Mama«, sagt das Schneckenkind leise. »Kann ich auch mal?«
»Was willst du auch mal?«, fragt Beate verdutzt. »Trinken?«
»Die Ilse füttern.«
»Neehehe«, lacht Beate auf, Ilse blinzelt kurz erschrocken, lässt die Milchquelle diesmal aber nicht entgleiten. »Das geht nicht. Dazu sind doch deine Brüste noch gar nicht groß genug. Das geht erst, wenn du selber mal ein Kind hast, und das dauert noch. Da ist Ilse selbst schon groß. Du weißt doch, was ich für Brüste hatte, bevor Ilse da war. Sooo kleine wie du. Ganz kleine. Mäusefäustchen.«
Die Schnecke lacht.
»Ganz kleine Mäusefäustchen.«
»Mäusefäustchen«, lacht das blonde Schneckenkind wieder.
»Ist wirklich so«, sagt Beate zu mir. »Ne Brust wie Toastbrot, weiß und flach. Na, weißt du ja. Aber ich will mich nicht beschweren. So toll sind die jetzt auch nicht, wie sie sind. Bin froh, wenn ich die Kleine abgestillt habe und die Dinger wieder abschwellen. Und der BH drückt.«
»Mäusefäustchen«, sagt die große Kleine noch mal leise und kichert.
»Ja, Mäusefäustchen.« Beate drückt die freie Hand so eng zusammen, wie es nur geht. Die ganz kleine, Ilse, macht auch Fäuste beim Trinken und streckt die Arme ganz weit vom Körper weg und rudert ein bisschen.
»Ich trag ja so ein Ding sonst nie. Jedenfalls: Alexander, frisch rausgeschmissen, mietet eine Wohnung im Nebenhaus, und Ilka ist sauer. Wahrscheinlich haben sie sich seitdem eh nicht auf der Straße getroffen, aber allein, dass man könnte ... Ich meine, sie hat ihre Arbeitszeiten, er hat seine, aber trotzdem, es könnte ja sein ... Es sei ja nur für den Übergang, hat er gesagt. Da frag ich mich: Was denn für ein Übergang? Und sie wird die Wohnung auch nicht ewig allein halten können, vielleicht nimmt sie sich einen Untermieter.«
»Vielleicht zieht er auch zu seiner ...«, sage ich.
»Die Praktikantin? Das war ne Affäre, die haben sich schon längst wieder getrennt, die arbeitet auch nicht mehr in der Firma, wo Alexander ...«
»Rausgeschmissen?«, frage ich.
»Ach was. Die zwei Monate sind um. Die schläft sich längst woanders hoch.« Sie sticht mit dem Finger in meine Richtung. »Das hat Alexander nämlich hinterher behauptet. Sie hätte ihn ausgenutzt. Sie hätte ihm vom ersten Tag an schöne Augen gemacht und rumgeflirtet und ihn irgendwie um den Finger gewickelt. Aber hallo. Zum Sex gehören immer noch zwei. Und er hat eine Beziehung, ist verlobt, Hochzeit steht bevor ...«
»Wirklich? Hochzeit?«
»Was weiß denn ich. Sie wohnen zusammen, haben zusammengewohnt, das ist dann doch wohl ernst gemeint, oder? Im Grunde hat er behauptet, er hätte nur ihr zuliebe mit ihr geschlafen, das A...« Sie wirft einen Blick auf ihre Älteste.
Das hat er so bestimmt nicht gesagt, denke ich und wundere mich, wie entrüstet der Satz in meinem Kopf klingt. Stattdessen frage ich: »Echt?«
»Nein, natürlich nicht. Aber zu behaupten, er könne nichts dafür und sie habe ihn ausgenutzt. Über seine Affäre! Bei ner Beziehung, einer Ehe, irgendwas, da kann ich das verstehen. Kuck mal, ich könnte jetzt sagen: Martin hat mir zwei Kinder gemacht und ist zu ner Jüngeren weg. Er hat mich ausgenutzt. Er hat zwei Kinder, für die er nicht sorgenmuss, nur zahlen. Ab und zu kann er sie sehen, wenn er will. Will er meist nicht, oder hat keine Zeit. Stell dir vor, er würde jetzt behaupten, ich hätte ihn ausgenutzt. Hätte mir zwei Kinder machen lassen und ihn in die Arme einer Jüngeren getrieben, um meine Ruhe zu haben. Das ist doch hirnrissig.«
»Was ist hirnrissig?«, fragt die Große leise. Sie sitzt mit großen Augen am Tisch, und ich bin mir nicht sicher, ob sie nicht doch mehr von dem Ganzen versteht, als Beate vielleicht glaubt.
»So was wie blödsinnig«, antwortet Beate, stöpselt den Säugling ab, sagt: »So, Essenzeit vorbei!«, und packt ihre Brust wieder ein. Mit der Kleinen im Arm dreht sie sich halb zum Fenster, greift nach dem Tuch, das über der Stuhllehne
Weitere Kostenlose Bücher