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Ansichten eines Klaus - Roman

Ansichten eines Klaus - Roman

Titel: Ansichten eines Klaus - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael-André Werner
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    »Und ich hoffe«, sagt Petras Vater jetzt und hebt sein Glas, »dass es dir, Gregor, dem Bräutigam«, ja, ein bisschen Redundanz in einer Rede hat noch keinem geschadet; nicht, dass nachher einer der Gäste nach Hause geht und nicht weiß, wer dieser komische Typ mit den schiefen Zähnen war, der die ganze Zeit neben der Braut sitzen durfte, »nein, ich weiß, lieber Gregor, dass es dir genauso gegangen ist.« Gregor grinst. »Und deshalb«, er hält immer noch das Glas in die Luft, »bin ich auch völlig unbesorgt, dir den letzten meiner drei Schätze in deine Obhut zu übergeben, denn ich weiß, dass du gut auf Petra aufpassen wirst«, nicht so wie dieser Kneipier, in dessen Pinte wir hier feiern müssen, »und deshalb erhebe ich mein Glas«, ja, die ganze Zeit schon, »und möchte mit ihm ...« Manuela drückt mir einen Löffel und ein Glasschälchen mit Schokopudding in die Hand, ohne hinzusehen.
    »Einmal Chef spezial«, flüstert sie. »Hab ich was verpasst?«
    »Er hat gerade ein paar Kartentricks gezeigt«, sage ich. Das ganze Lokal hebt die Gläser, ich überlege, ob ich mir für diesen Zweck ein halbvolles Bier vom Tresen nehmen soll, das Corinna oder Rolf oder wem auch immer gehört, ich muss ja nicht draus trinken, dann erhebe ich mein Puddingschälchen auf das Brautpaar und schwupp istder schöne Moment auch schon vorbei und die Hochzeitsgesellschaft applaudiert dem Redner, der sich lächelnd setzt, für die Rede oder dafür, dass sie vorbei ist. Er erhebt sich noch mal und gibt das Wort nun an die Mutter des Bräutigams ab. Petra hat mir erzählt, dass Gregors Vater schon tot ist.
    Ich löffle meinen Pudding.
    »Liebes Brautpaar ...«, eine kleine, grauhaarige Frau ist aufgestanden, sie hält ein paar Zettel in den Händen, ist aber dennoch bemüht, frei zu sprechen. Doch schon, nachdem sie sich dabei verhaspelt hat, kurz zu erzählen, dass eigentlich ihr Mann diese Rede gehalten hätte, dieser aber vor drei Jahren verstorben sei, liest sie die Rede ab, was die Sache nicht eben flüssiger macht.
    »Räum mal ein paar Gläser ab«, sage ich zu Manuela, und sie macht sich auf den Weg. Rolf ist am Zapfen und Putzen, Corinna am Anhimmeln. Ich am Löffeln. Eine kleine, junge Frau in weißem Kleid und mit hochgestecktem Haar kommt auf mich zugeschossen. »Muss das sein?«, zischt sie mich an.
    »Hallo Paula«, sage ich, obwohl wir uns vorhin schon kurz begrüßt haben. Paula ist wichtig. Paula ist die Schwester der Braut und die Trauzeugin und die Hochzeitsfeierorganisatorin und zuständig und verantwortlich für alles. Sie hat die Dekoration auf dem Standesamt ausgesucht. Die Eltern des Brautpaars mussten ihr ihre Reden vorlegen und ihrsagen, was sie anzuziehen gedachten. Jetzt ist sie außer zuständig zudem noch wütend wegen irgendwas. Ich bin gespannt.
    »Muss das sein?« Sie zeigt auf meinen Pudding.
    »Was denn?«
    »Der Pudding hier. Du kannst doch jetzt keinen Pudding essen.«
    »Wieso?«
    »Das Buffet ist noch nicht eröffnet. Jetzt kommen die Reden. Dann wird der Kuchen angeschnitten.«
    »Der Pudding ist nicht vom Buffet«, sage ich. »Da gibt es nur rote Grütze, und Mousse habt ihr auch.«
    »Ich weiß, was wir auf dem Buffet haben, lass deine Scherze. Du stehst hier und isst. Und was war das vorhin beim Anstoßen.«
    »Ich war von der Situation überrascht. Ich hatte gerade nichts anderes griffbereit«, sage ich.
    »Hör auf damit. Hör einfach auf damit, die Hochzeit kaputt zu machen.« Sie sagt das, als wäre es ihre Hochzeit, nicht die ihrer Schwester.
    »Ich halte gleich meine Rede, und du hörst auf zu stören«, befiehlt sie.
    »Jawohl.«
    »Hör auf damit«, zischt sie und dabei verkrampft sich ihr ganzer Körper, ihr Gesicht zieht sich zusammen wie eine Zitrone, wird dabei aber rot wie bei einer kleinen Zeichentrickfigur. Ihr sonst soliebliches Stimmchen wandelt sich nun in ein pfeifendes Dampfkesselchen und, piff, ist sie mit einer kleinen Atomwolke explodiert. Dann stöckelt sie wieder nach vorn, ihr kleiner Hintern wackelt dabei vorwurfsvoll. Sie ist wohl die einzige Frau, die einem mit einem wackelnden Hintern Vorwürfe machen kann. Petra kann das mit den Brüsten. Vorwurfsvoll erhobene Zeigefingerbrüste, die mit jedem Wort, das sie dir im Zorn entgegenschleudern, auf dich zeigen. Muss in der Familie liegen. Ich betrachte Petras andere Schwester Patrizia und frage mich, welches körperliche Talent sie haben mag. Einen streitlustigen Bauchnabel? Aggressive

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