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Ansichten eines Klaus - Roman

Ansichten eines Klaus - Roman

Titel: Ansichten eines Klaus - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael-André Werner
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erstarrt. Dann fragt er: »Was?«
    Alexander drängt sich an uns vorbei.
    »Ich habe kein Facebook-Profil«, variiere ich meine Aussage von eben. Ah! Jetzt versteht er, was ich sagen will.
    »Kein Facebook-Profil?«, fragt er.
    Alexander greift nach zwei Bier, lächelt mir kurz zu. Unverbindlich. Vielleicht hat er die entsetzte Frage auch gehört.
    »Kein Facebook-Profil«, wiederhole ich.
    Der Webdesigner sagt gar nichts mehr.
    Alexanders Lächeln wird zu einem leichten Grinsen, dann dreht er sich um und kämpft sich – die beiden Biere über den Kopf – zurück zu Ilka.
    »Ogottogott«, sagt der dünne Rotschopf, fast scheint es, dass seine Hautprobleme schlagartig schlimmer werden. »Du bist in einem halben Jahr pleite. Wenn du Glück hast, in nem dreiviertel Jahr.«
    »Ogottogott«, mache ich ihn nach. »Was machen wir denn da?«
    »Ich geb dir mal meine Karte«, er fingert an seiner Kleidung herum, nimmt sein Glas von der Linken in die Rechte und wieder in die Linke, »ich, ichgeb dir nachher meine Karte, dann müssen wir uns mal zusammensetzen.«
    Ich werfe einen Blick zum Buffet. »Ich würd mich ranhalten, ist bald alle«, sage ich.
    »Oh«, sagt er, »ja, dann. Ich werd erst mal ...«
    »Ja«, ermuntere ich ihn und er geht. Endlich.
    »Was wollte der?«, fragt Rolf über den Tresen, er hat nur mit einem Ohr zugehört, in dem anderen Ohr steckt Corinna.
    »Unsere Homepage aufpeppen«, sage ich.
    »Ja, ein bisschen Pep könnte die schon vertragen.«
    Corinna nimmt ihre Zunge von seinem Ohr und sagt leise: »Pep.«
    »Hört ihr mal auf«, sage ich. »Wenn das die Schwester der Braut sieht, krieg ich wieder Ärger.«
    Keine Reaktion.
    »Rolf, du hast doch bestimmt Hunger.«
    »Hmhm.«
    »Soll Corinna dir was vom Buffet holen?«
    »Au ja, machst du das?«
    »Warum holst du dir nicht selber was?«
    »Rolf hat zu tun«, sage ich. »Der arbeitet hier.«
    »Dann hol du ihm doch was.«
    »Wenn Paula mich am Buffet sieht, haut sie mich«, sage ich. »Ich bin nicht eingeladen.«
    »Ach was.«
    »Manuela«, drehe ich mich hinterhältig zu Manuela um, die gerade mit den leeren Gläsern an mirvorbeirauscht, »frag doch mal Rolf, ob er was vom Buffet haben möchte.«
    »Okay«, und weg ist sie, bringt die Gläser nach hinten und steht schon wieder tuschelnd bei Rolf, der jetzt zwei Frauen an den Ohren hat. Für einen Moment wirkt er richtig beliebt.
    Ich blicke zum Brautpaar, das sich gerade küsst, ob freiwillig, kann ich nicht sagen, da hat bestimmt jemand »Küsst euch mal« gesagt und fotografiert. Trotzdem sieht es glücklich aus. Rolf zapft und spült und sieht auch glücklich aus. Corinna sieht auf jeden Fall glücklich aus. Nur Paula wieselt herum, hat ihre Augen überall und sieht nicht ganz so glücklich aus. Der Internetheini zieht sie sanft neben sich auf den Platz und streicht ihr über den Arm, aber sie reagiert nicht. Aha. Mit dem ist sie aber nicht verheiratet. Vielleicht ein Neuer? Ich könnte Petra fragen. Oder Paula. Nein, so wichtig ist es auch wieder nicht. Paulas Blick sucht im Raum nach irgendwas, was da ist oder was fehlt oder was nicht am richtigen Platz ist, oder ob jemand etwas falsch macht. Der Internetheini streichelt sie noch immer, weiter und weiter den Arm hinauf, jetzt ist er an der Schulter angekommen und erntet immerhin ein abwesend wirkendes Zurücktätscheln, nur ganz kurz, dann springt sie wieder auf, zaubert sich ein Handy ans Ohr und läuft raus auf die Straße.
    Der Mann, der neben Manuela am Buffet steht, hat mehr Erfolg, er bekommt für seine Bemühungender Kontaktaufnahme – Hand auf Arm legen, wieder wegnehmen, wieder berühren – ein Lächeln von ihr. Ich frage mich für einen Moment, was Alexander schon wieder am Buffet macht, und was seine Hand auf meiner Kellnerin zu suchen hat. Und ob Ilka gerade hinsieht, nein, sie ist in ihr Essen vertieft. Alexander, der alte Auskenner, berät Manuela bei der Auswahl, als hätte er das Buffet selbst zubereitet oder wenigstens zusammengestellt oder allerwenigstens von allem gekostet. Er zeigt auf die Käse-Weintrauben-Spieße, die Schinken-Spargel-Röllchen, die Hähnchenkeulen, die fleischsalatgefüllten Tomaten und die Eihälften, die mit Seelachsschnitzel und Mayonnaise gefüllt sind. Alles leckere Sachen, die ich noch aus den Siebzigern kenne – soll das Retro sein oder ist der Bräutigam Historiker? –, dann schwebt Alexanders Hand über die linke Seite des Tisches, er schüttelt den Kopf, zeigt auf Manuelas Teller und beugt

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