Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ansichten eines Klaus - Roman

Ansichten eines Klaus - Roman

Titel: Ansichten eines Klaus - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael-André Werner
Vom Netzwerk:
ab.
    Acht, rufe ich dir im Kopf zu. Das ist doch nicht so schwer. Acht. Acht. Acht. Irgendein Hanno in der Schule, dann ein, zwei Sebastians während des Studiums, ein Gérôme im Auslandsjahr, noch ein Sebastian, dann der Typ, dessen Namen sie mir nicht sagen wollte, dann ich und jetzt du. Ah, trickreich gestellte Frage das. Respekt, Paula. Feste Freunde bis zur Hochzeit, da zählt der Herr Bräutigam ja wohl dazu, ehe er sich heute Nacht verpuppt und zu einem Ehemann metamorphiert.
    »Bei drei«, ruft Paula, »und eins ...«
    Gregor reißt sein Schild in die Höhe. Ist mir egal, steht drauf.
    »Ohhh«, rufen die Frauen.
    »Feigling«, brüllen die Männer.
    Alles lacht.
    Petra hat ein verschmitztes Smiley zu malen versucht. Es sieht ein bisschen aus wie von Edvard Munch.
    »Und jetzt dieselbe Frage an die Braut«, ruft der Websiteberater Herr Weichei-Hautproblem in den Raum. »Wie viele One-Night-Stands hatte der Bräutigam bis heute? Einhundert, zweihundert oder ...«
    »Halt den Mund«, schreit Paula dazwischen, »halt den Mund und hau ab.«
    »Ich bin hier eingeladen«, ruft er zurück.
    Paula kuckt sich hektisch um. Dann findet ihr Blick – mich. So sieht er also aus, denke ich, der sprichwörtliche stumme Schrei nach Hilfe.
    Ich zucke mit den Schultern. Ich kann nichts machen. Das ist deine Party, Gnädigste. Hier sind mir die Hände gebunden. Ich bin eigentlich gar nicht da.
    Hilfe, ruft Paula mit ihrem Blick.
    Na gut.
    »Manuela«, sage ich und deute nach vorn, »ich glaub, das ist ein Job für die Rausschmeißerin.«
    »Bei drei«, ruft der Websiteberater nun, er ist aufgestanden, ein paar Arme wollen ihn zurück auf seinen Stuhl ziehen, aber noch wehrt er sich wacker.
    »Du bist der Chef«, sagt Rolf.
    »Ich bin nicht da. Na los, der Rolf hilft dir.«
    Aber noch bevor der Rolf helfen kann, ist Alexander, auf dem Weg vom Klo zurück, schon Herr der Lage und zieht den Störenfried zur Tür. Manuela hilft nun auch, sie schließt ab, als Alexander wieder drin ist. Draußen wummert es noch ein paar Mal gegen die Tür.
    »Danke«, sagt Alexander zu meiner Kellnerin und lächelt. Dann geht er unter allgemeinem Applaus zu seinem Platz zurück und wird von Ilka mit einem langen Kuss für seine heldenhafte Tat belohnt.
    »Wenn das in Zukunft zu meinen Aufgaben gehört«, sagt Manuela, »dann will ich aber auch mehr Geld.«
    »Du kriegst ne Kopfpauschale.«
    »Die nächste Frage geht wieder an Gregor«, ruft Paula schnell, um von der Situation abzulenken. »Wie möchte Petra euer erstes Kind nennen, wenn es eine Tochter wird?« Ihre Stimme ist noch ein wenig wackelig und dazu ein bisschen wütend.
    Achtung, Gregor, aufgepasst, hingehört. Erstes Kind heißt, da kommen noch mehr. Hat denn der Gregor da mit der Petra schon mal drüber gesprochen? Will der Gregor denn Kinder? Und die Petra? Als wir zusammen waren, standen noch andere Dinge im Vordergrund: ein eigenes Labor, Reisen, Hoffnung auf medizinische Forschungsergebnisse, die es ihr ermöglichen, auch mit fünfzig noch risikolos zu gebären, Leihmutterschaft, Adoption. »Ich habe doch zwei Schwestern, da wird doch wohl eine es hinbekommen, Enkel für unsere Eltern in die Welt zu setzen. Muss ich doch nicht.« Aber Gregor, wie möchte denn deine Frau ihre erste Tochter nennen? Annegret, komm, schreib Annegret. Geht doch eh um nichts. Der Gewinner darf oben liegen heute Nacht. Und du bist im Rückstand.
    Paula, hält er bei drei hoch. Das ist schön geschleimt, und der Schwägerin treibt es fast das Pipi in die Augen. Leider deckt sich die Antwort nur so gut wie gar nicht mit Friederike, dem Wunsch der Kindsmutter. Nein, tatsächlich stimmen die beiden Namen in keinem einzigen Buchstaben überein. Das wird eine lustige Ehe. Paula, die reale Paula, die jetzt das Brautpaar an den Schultern festhält,verkündet den Punktestand. Die Braut gewinnt. Natürlich gewinnt die Braut. Dafür ist sie ja die Braut. Ist wie beim Roulette, da gewinnt immer die Bank. Bei Hochzeiten gewinnt eben immer die Braut. Wenn dann die Schwester der Braut noch Brautjungfer, Trauzeugin, Hochzeitsorganisatorin und Schiedsrichterin ist – wer sonst als die Braut sollte da wohl gewinnen?
    »Wer ist eigentlich der Mann von vorhin?«, fragt mich Manuela. Sie hat sich halb zu mir umgedreht. Paula verkündet eine Pinkelpause. Die Zuschauer gehen aufs Klo oder neues Bier holen und dann aufs Klo oder rauchen, dafür müssen sie nicht mal raus, ist ja eine geschlossene Gesellschaft. Ich werd den Laden

Weitere Kostenlose Bücher