Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ansichten eines Klaus - Roman

Ansichten eines Klaus - Roman

Titel: Ansichten eines Klaus - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael-André Werner
Vom Netzwerk:
ganz einverstanden ist. Dann sagte sie: »Mit einer anderen ist gut.«
    Petra starrt sie an. »Was?« fragt sie, »was, was, was, was?«
    »Als ich vom Schulleiter kam, habe ich mit jemandem reden müssen. Und du kennst doch Karola, die diese Locken hat«, sie macht eine krisselige Gestemit dem Finger an ihrem Kopf, »ich habe ihr davon erzählt.«
    In diesem Moment winkt jemand, will noch ein Bier oder die Rechnung oder eine Schmalzstulle oder wissen, ob hier in der Gegend ein Bus fährt und wohin und wann, und ich stehe auf und gehe zu ihm. Jetzt würde ich gern sagen, dass ich wahrscheinlich nie erfahren werde, was Ilka der Karola erzählt hat, aber natürlich wird mir Petra Stunden später im Bett nach vollzogenem Liebesspiel alles haarklein weitertratschen, wenn es mich auch nur marginal interessiert, und marginal ist noch übertrieben, am Rande, nicht mal, eher auf der Kante des Blattes, auf das diese Geschichte wahrscheinlich nie geschrieben werden wird. Trotzdem erzählt sie es mir, obwohl es sicher Romantischeres nach dem Sex zu erzählen gibt als, wie der Freund der besten Freundin wieder einmal fremdgegangen ist. Erst mit einer Journalistin – das ist mir zu diesem Zeitpunkt ja schon bekannt, doch auch mit dem Hinweis, ich wüsste von der Sache mit der Journalistin, konnte ich Petra kaum Einhalt gebieten.
    »Woher weißt du davon?«, fragt sie später.
    »Jochen«, sage ich.
    »Jochen?«, fragt sie.
    »Jochen«, sage ich, »mein Zahnarzt. Bei dem ich letzte Woche war«, ich öffne den Mund und zeige ihr den Zahn. »Er ist mit Jimmi zusammen.«
    »Jimmi?«, fragt sie.
    »Jimmi«, antworte ich, »arbeitet in der Firma von Alexander.«
    »Ja, und?«, sagt sie.
    »Und er ist der Bruder von Beate.«
    »Beate?«, fragt sie.
    »Beate«, sage ich, » meine beste Freundin? Zwei Kinder ...«
    »Aha«, sagt Petra, »na, was ich eigentlich sagen wollte«, und fährt fort mit: Ilka hat sich von Alexander getrennt wegen der Fernsehfrau, auf deren Namen sie auch gerade nicht kommt. Und offenbar parallel dazu hatte er mit der Schülerin rumgemacht, und als Ilka sich nach ihrem Gespräch mit dem Schulleiter bei ihrer Kollegen Karola ausheulen wollte, bildlich gesprochen, wurde die erst rot, dann bleich, dann wieder rot, und meinte, sie müsse ihr, Ilka jetzt etwas gestehen. Dass sie nämlich auch, also dass sich Alexander an sie rangemacht habe.
    Und auch wenn ich mich für diesen ganzen Klatsch nicht interessiere, so nötigt mir die Tatsache, dass Alexander etwas mit einer, sagen wir ruhig: Kollegin von ihm, einer Schülerin und noch einer Kollegin seiner Freundin zeitgleich mehrere Affären hatte, einen gewissen Respekt ab. Nicht was seine Manneskraft betrifft, sondern vielmehr sein Zeitmanagement. Neben seiner Beziehung und dem Beruf. Und die ganzen Frauen auseinanderzuhalten, also räumlich, voneinander getrennt.Aber gut. Ilka zu erzählen, er müsse länger im Büro arbeiten, ist sicher einfach gewesen und plausibel, und sowohl Ilkas Kollegin als auch die Schülerin werden gewusst haben, dass Alexander in festen Händen war, dass zu Hause eine Frau auf ihn wartete. Dennoch.
    Jedenfalls standen sie sich da gegenüber, Ilka und ihre Kollegin Karola, in einem abgelegenen, leeren Flur in der Schule, einem leeren Klassenraum oder auf der Lehrerinnentoilette. Und Kollegin Karola weinte ein bisschen, dachte wohl, dass es jetzt ja auch egal sei, jetzt sei die Stimmung ja schon am Boden, und schüttete der Exfreundin des Mannes, den sie liebt und von dem sie gerade erfahren hat, dass er fremdgegangen ist, ihr Herz aus. Nie hätte sie das von ihm erwartet, gut, er hatte seine Freundin mit ihr betrogen, aber sie, Karola und er, seien ja noch nicht so lange zusammen, da geht man doch noch nicht fremd. Und dann noch mit einer Jüngeren, einer noch Jüngeren, sie sei ja schon jünger als Ilka, wegen einer Schülerin, wie sie jetzt erfährt. So gesteht sie es ihrer Kollegin. Dein Freund hat mich angebaggert. Und ich bin schwach geworden.
    »Und da hab ich ihr eine geklebt«, sagt Ilka zu Petra, und dann: »Jetzt könnte ich einen Wein vertragen. Oder was mit Alkohol.«
    »Kein Problem«, sagt Petra und dann lauter: »Herr Ober«, mit dem leicht ironischen Ton in der Stimme, den sie bei unseren Rollenspielen – ichder Ober, sie der Gast – verwendet, und ich muss so tun, als höre ich nichts, obwohl ich am übernächsten Tisch sitze, denn sonst würde ich ja alles mithören können. »Herr Ober«, ruft sie lauter, und jetzt kann

Weitere Kostenlose Bücher