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Ansichten eines Klaus - Roman

Ansichten eines Klaus - Roman

Titel: Ansichten eines Klaus - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael-André Werner
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schimpfte und fluchte und meckerte, wie nur eine Frau bitterlich schimpfen, fluchen und meckern kann.
    Am Nachmittag hatte mich Petra angerufen, ob ich den Abend auch allein würde verbringen können, sie sei mit Ilka verabredet, ich wüsste schon, die mit dem Freund, die mit der Trennung. Ja, sagte ich, ich wüsste schon, denn von der Trennung hörte ich mittlerweile ständig, seit ich beim Zahnarzt war. Jedenfalls, so Petra, wollte sie die Ilka einwenig ablenken, mit ihr ins Kino gehen, was Lustiges kucken, aber sie könne ja hinterher noch bei mir vorbeikommen und dann vielleicht bei mir übernachten – ob das in Ordnung gehe, dass sie bei mir übernachte. Natürlich gehe das in Ordnung, sagte ich, meinetwegen schon, wieso nicht? Na, könne ja sein, meinte sie. Nein, meinte ich, das gehe absolut in Ordnung, dass sie bei mir übernachte, sie hatte ja schon mal bei mir übernachtet, des öfteren sogar, und dass sie so selten bei mir übernachte, liege ja vor allem daran, dass sie das nicht wollte. Ja, sagte sie, das wisse sie schon, sie wollte es nur schon mal ankündigen, damit ich mich darauf einstellen könnte. Vielleicht wollte ich ja noch mal aufräumen oder abwaschen oder ...
    Nein, sagte ich, es sei alles aufgeräumt und abgewaschen.
    Oder das Bett neu beziehen.
    Hätte ich gestern gemacht.
    Na, dann sei ja alles schön, sagte sie, dann bis später.
    Und dieses Später ist dann erstaunlicherweise früher als erwartet, als die beiden kurz nach acht im Theaterklaus auftauchen.
    »Zu spät losgegangen«, sagt Petra schulterzuckend, »Filmanfang verpasst«. Sie küsst mich. »Dann dachten wir, gehen wir noch einen trinken, und wenn ich nachher sowieso herkomme, bin ichdoch mal so egoistisch und schlage Ilka vor, mit zu dir zu kommen.«
    »Mit zu mir? Nur weil sie jetzt wieder solo ist ...«
    »Hierher!« Sie boxt mich gegen die Schulter. »Dann hast du gleich neue Kundschaft.«
    »Lieb von dir.«
    »Und ich dachte, wenn der Chef bedient, dann brauche ich kein Trinkgeld zu geben.« Sie grinst.
    »Na, dann setzt euch mal, ich komme gleich«, sage ich und lege den beiden die Karten hin.
    An einem Tisch ganz hinten winkt jemand, und ich gehe hin, mal sehen, was der will, denke ich und dass es Zeit für eine Aushilfe wird.
    »Können wir zahlen?«, fragt ein älterer Herr, der sich vor einer Stunde mit seiner Frau, deren Schwester und deren Mann zu mir verirrt hat, Touristen mit leicht südländischem Akzent, Schwaben, Franken, Südhessen. »Wenn Sie Geld haben, immer«, gebe ich zurück, denn entgegen meinem Vater bin ich der Ansicht, dass es sehr wohl dumme Fragen gibt.
    »Ditt is ja ma Berlina Schnauzä«, freut sich der Mann in künstlichem Berliner Idiom. »Seht Ihr, hat sich doch gelohnt, herzukommen.«
    Ich gehe zur Kasse, drucke die Rechnung aus und bringe sie ihnen. »Die Rechnung, der Herr«, sage ich auf Hochdeutsch und kriege prompt kein Trinkgeld.
    Dann gehe ich zu Petra und Ilka, da krieg ich auch kein Trinkgeld.
    »Haben die Damen schon gewählt?«, frage ich.
    »Oh, bedienst du uns heute?«, fragt Ilka. »Das ist ja schön.«
    »Ja«, stimme ich zu, »total schön. Wisst ihr schon, was ihr wollt, oder soll ich noch mal wiederkommen?«
    »Nein, nein«, sagt Ilka, »ich nehme einen Latte.«
    »Dann nehme ich auch einen. Zwei Latte bitte.«
    Ich nicke, traurig darüber, dass meine Freundin nach der ganzen Zeit, die wir schon zusammen sind, immer noch nicht den Unterschied zwischen Latte und Macchiato kennt, gehe rüber zu Rolf und bestelle zwei Gläser aufgeschäumte Milch, die ich den beiden Damen bringe.
    »Das ist ja warme Milch«, sagt Petra erstaunt über die hellen Getränke, die von keinem noch so hellen Kaffeebraun getrübt sind. »Wir hatten doch Latte bestellt.«
    »Ja, zwei Latte«, sagt Ilka.
    »Latte, mein Schatz«, sage ich zu Petra, »ist Milch. Latte macchiato wird erst daraus, wenn man Espresso hineintut. Soll ich euch Espresso hineintun?«
    »O ja, bitte, tust du uns Espresso hinein?«, sagt Petra und macht ihren süßen Schmollmund mit Hundeblick.
    »Ja, bitte.«
    »Aber gern, zwei Latte mit Espresso.« Ich nehme die Gläser, lasse von Rolf Espresso hineinkippen und bringe alles zurück.
    »... bin heute zum Schulleiter bestellt worden«, sagt Ilka gerade, als ich die Gläser hinstelle.
    »Das klingt, als wärst du noch Schülerin. Danke.« Petra lächelt mir zu.
    »So hab ich mich auch gefühlt.« Ilka zieht das Glas näher zu sicher heran und streut Zucker hinein, so dass die gesamte

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