Anthologie - Das Lustbett
hätte sie nie das Becken getroffen, sie pißte nämlich geradeaus. Sie hatte also auch ihre liebe Not, wenn auch auf andere Weise. Nun, es war vielleicht nicht erstaunlich, daß man neugierig wurde, wie Äke Schröder und Arne Isberg zum Beispiel, die etwa ein Jahr älter waren als ich und das Mädchen in der Stadtbibliothek kannten, die der gemischten Schule gegenüberlag, in der ihr Vater Hausmeister war. Sie war auch selbst recht neugierig, denn einesTages ging sie mit Äke hinter die Büsche bei der Haga-Kirche, und er zog seinen Schwanz heraus und zeigte ihn ihr als Gegenleistung für das, was sie ihm zeigen sollte, und das war überhaupt kein Problem: Sie zog ihr Höschen runter, schob den Unterleib vor und zog die Schamlippen mit eifrigen Fingern auseinander, und ich will verdammt sein, wenn sie da keinen kleinen Schwanz sitzen hatte, der anderthalb Zentimeter oder so lang war und frech in die Luft guckte. Ein Loch hatte sie aber auch noch, das weiß ich noch, denn sie steckte einen Finger rein, um zu beweisen, daß es da war. Sie hatte eine Klassenkameradin, die Malin hieß, und es war Malin, die auf den Trichter mit den Booten kam. Unten im Rosenlund-Kanal lagen eine Menge alter Schlepper, und die hatten in den Kajüten gepolsterte Pritschen. Dahin gingen wir also, und auf dem Weg dorthin blieben wir bei dem Kiosk an der Rosenlund-Brücke stehen und kauften Sexmagazine von dem bleichen fetten Homo, dem diese Bude gehörte. Dann brauchte man sich nur einen Kahn auszusuchen, an Bord zu gehen, die Hose aufzumachen, die Zeitschrift aufzuschlagen und Vergleiche anzustellen. Zu einem richtigen, ausgewachsenen Fick ist es eigentlich nie gekommen, aber es war ein paarmal nahe dran.
Aber das ist längst Vergangenheit, und jetzt läutete ein Gong zu einem etwas anders gearteten Essen. Alle zogen sich in einen Salon im linken Flügel des Schlosses zurück. Lille-Gobelins, überwiegend in Gelb, Familienporträts, Vitrinen mit Ming-Porzellan und Cellini-Silber, und auf dem Fußboden lag der größte Perserteppich, den ich je in einem Stück gesehen habe. In einer Ecke stand ein brauner Pleyel-Flügel, und in einer anderen ein Cembalo von derselben Marke. Alles ausgesucht geschmackvoll und kultiviert, jaja…
Als ich die Tischkärtchen sah, ging mir das Raffinement des Plans von Madame la comtesse sofort auf; ich führte Monique zu Tisch, und wir saßen dem Grafen genau gegenüber – und Harriet. Bob, der arme Kerl, saß ein Stückchen weiter unten mit der Schreckschraube zu seiner Rechten. Die Gastgeberin hatte Jack mit Beschlag belegt, was mich nicht in Erstaunen versetzte, und Mette und Judith schienen in der Menge verschwunden zu sein.
Im übrigen war es eine illustre Gesellschaft. Die kleine rote Kokarde der Ehrenlegion glänzte in etwa der Hälfte der anwesenden Knopflöcher. Zum Essen sollte es offenbar durchgehend Champagner geben, denn die Korken begannen zu knallen, und die Gläser wurden von weißlivrierten dienstbaren Geistern schnell gefüllt. An der Stirnseite der Tafel erhob sich Madame la comtesse und hieß alle Gäste willkommen. Sie fuhr fort:
»Heute ist es genau ein Jahr her, daß mein Mann ganz plötzlich starb. Wir wollen seinen einjährigen Todestag aber nicht in Trauer begehen, das hätte er nie gebilligt, sondern jetzt wollen wir alle essen und trinken und fröhlich sein, denn morgen kann es auch für uns soweit sein. Ein Prosit seinem Andenken… Und jetzt wird zugelangt, meine Freunde!«
»Den Alten soll beim Bumsen der Schlag getroffen haben, wie man hört«, flüsterte ich Monique ins Ohr, die mich mit einem herablassenden Blick bedachte und etwas von typisch vulgärem Verhalten sagte. »Wenn sie unbedingt will, daß ich langweilig sein soll, bitte schön, das kann sie haben«, dachte ich und begab mich kopfüber in ein lautstarkes Räsonieren darüber, ob Beethoven am fünfzehnten oder am sechzehnten Dezember 1770 geboren sei. Diese Auseinandersetzung zog sich vom Vorgericht über den Fisch bis zum Hauptgericht hin.
Je mehr das Mahl fortschritt, desto zweideutiger wurde die Unterhaltung. Anspielungen und doppeldeutige Wendungen überstürzten sich, der Champagner rötete die Wangen und ließ in den Augen einen heißen Glanz entstehen. Es wurde ungehemmt nach allen Seiten geflirtet. Jeder wußte, was im Chateau d’Orves geschehen konnte, wenn d’Estienne d’Orves ein Fest gab, und hier und da machte sich sogar etwas wie Ungeduld bemerkbar.
Ich hatte Monique mehr oder weniger ihrem
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