Anthrax
aufgeregt, während er sich die Muschel zwischen Schulter und Nacken klemmte. Er mußte sofort die Wodkaflasche aus dem Kühlschrank holen, denn er brauchte dringend einen Schluck für seine Nerven. »Der eine war Gerichtsmediziner«, erklärte Strickland. »Ein gewisser Dr. Stapleton. Und dann hatte er noch einen Assistenten dabei.«
»Wie war der Name des Arztes?« unterbrach Yuri ihn mitten im Satz. Selbst in seinem schläfrigen Zustand versetzte ihn der Name in höchste Alarmbereitschaft. Strickland wiederholte den Namen, woraufhin Yuri einen besonders kräftigen Schluck Wodka nahm. Jack Stapleton war der Mann, dem er im Büro der Corinthian Rug Company begegnet war!
»Der andere Begleiter des Gerichtsmediziners war ein Verwandter Ihrer verstorbenen Frau«, fuhr Strickland fort. »So wurde es uns zumindest gesagt. Dr. Stapleton hat ihn als Frank Thomas vorgestellt. Allerdings habe ich mitbekommen, daß der Mediziner ihn einmal mit dem Spitznamen Flash angesprochen hat.«
Yuri spürte, wie ihm ein kalter Schauder über den Rücken lief. Er zog sich einen der Küchenstühle heran und setzte sich. Seine Beine waren auf einmal so wackelig, daß er befürchtete umzufallen. Flash Thomas war der einzige Mensch auf der Welt, vor dem er sich wirklich fürchtete. Denn er war nicht nur ein riesiger Muskelprotz, er hatte ihn auch schon ediche Male bedroht. Das letzte Mal hatte er ihm am Telefon angekündigt, nach Brighton Beach zu kommen und ihn umzubringen, wenn er, Yuri, Connie noch ein einziges Mal zu schlagen wagte.
»Sind Sie noch dran?« fragte Strickland. Yuri hatte auf seine letzte Bemerkung nichts erwidert.
»Ja«, brachte Yuri hervor. Sein Herz raste wie verrückt. Warum war Flash Thomas mit diesem mysteriösen Dr. Stapleton im Bestattungsinstitut aufgekreuzt? So einen merkwürdigen Zufall konnte es doch gar nicht geben! »Sie müßten uns ein paar Anweisungen erteilen«, informierte Strickland ihn. »Haben Sie zum Beispiel die Absicht, den Sarg aufbahren zu lassen?«
»Nein!« schrie Yuri in die Muschel, beruhigte sich aber gleich wieder. »Ich will, daß die Sache mit sowenig Aufsehen wie möglich über die Bühne gebracht wird. So hätte Connie es auch gewollt.«
»Aber Sie müssen noch einen Sarg auswählen.«
»Welcher ist der billigste?« erkundigte Yuri sich. »Es wäre wirklich besser, Sie würden vorbeikommen«, stellte Strickland mit seiner salbungsvollen Geschäftsstimme klar. »Dann könnten wir Ihnen unser gesamtes Angebot vorführen und Ihnen die jeweiligen Vor-und Nachteile erläutern.«
»Können Sie die Leiche auch verbrennen?« fragte Yuri. »Selbstverständlich können wir eine Feuerbestattung arrangieren«, erklärte Strickland. »Aber auch dann müßten Sie vorbeikommen und eine Urne aussuchen.«
»Ich will, daß sie verbrannt wird«, ordnete Yuri an. »Und zwar noch heute!«
»Sie wollen den Leichnam also weder aufbahren noch eine Trauerfeier abhalten lassen?« hakte Strickland nach. Yuris Stimme wurde schrill. »Ich möchte, daß meine Frau so schnell wie möglich eingeäschert wird. So entspricht es meinem Glauben.«
»Wie Sie wünschen«, entgegnete Strickland. »Was für Proben hat Dr. Stapleton meiner Frau entnommen?« fragte Yuri jetzt.
»Ein kleines Stück Hautgewebe und ein paar Flüssigkeitsproben«, gab Strickland nervös Auskunft. »Wie konnten Sie nur zulassen, daß dieser Gerichtsmediziner ihren Körper schändet!« beschwerte Yuri sich. Was mochte diesen Dr. Stapleton bloß bewegt haben, seiner Frau Proben zu entnehmen, nachdem die Behörde in Brooklyn beschlossen hatte, auf eine Autopsie zu verzichten? »Hier ist nur meine nochmalige Entschuldigung«, wiederholte Strickland. »Aber wir konnten einfach nichts tun, das müssen Sie verstehen.«
»Ich komme demnächst vorbei«, meldete Yuri sich an.
»Dann suche ich ein Gefäß für ihre Asche aus und bezahle die Rechnung.«
»Das wäre sehr freundlich«, entgegnete Strickland. »Sehen Sie zu, daß ihre Leiche vor der Einäscherung nicht noch einmal geschändet wird!«
»Das wird auf keinen Fall passieren«, versprach Strickland. Yuri legte auf und starrte gedankenversunken ins Leere. Ob die Behörden womöglich Botulinustoxin als Todesursache in Erwägung zogen? Das war eigentlich so gut wie ausgeschlossen. Flash Thomas stellte da schon eine unmittelbarere Gefahr für ihn dar. Was sollte er tun, wenn sein Schwager plötzlich vor der Tür stand? Wenn Flash auf ihn losgehen sollte, hatte er keine Chance. Er mußte
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