Anthrax
möchte dich um einen Gefallen bitten.«
»Schieß los! Was kann ich für dich tun?«
»Ich habe weder heute noch morgen abend Lust, allein zu Hause zu hocken. Viel lieber würde ich mit Freunden weggehen. Meinst du, das Angebot steht noch, daß wir zusammen mit Chet und Colleen die Monet-Ausstellung besichtigen, von der Chet gestern gesprochen hat?«
»Keine Ahnung«, erwiderte Jack. »Ich müßte Chet fragen. Lust hätte ich jedenfalls auch.«
»Schön«, freute sich Laurie. »Was hältst du davon, wenn ich dich und Lou heute abend zum Essen einlade? Ich glaube, das bin ich euch schuldig, nachdem ich euch so mies behandelt habe.«
»Du schuldest niemandem etwas«, stellte Jack klar. »Ob Lou Zeit hat, weiß ich nicht; aber ich würde sehr gerne heute abend mit dir ausgehen. Dann kann ich dir endlich die Geschichte erzählen, wegen der ich eben bei dir aufgekreuzt bin.«
»Da bin ich aber neugierig! Worum geht es denn?«
»Du hast im Fall Connie Davydov den richtigen Riecher gehabt«, berichtete Jack. »Sie ist an einer Botulinustoxin-Vergiftung gestorben.«
»Das gibt’s doch gar nicht!« rief Laurie aus. Über ihr vor Aufregung gerötetes Gesicht huschte ein Lächeln. »Mein Ehrenwort!« versicherte Jack. »Peter hat die Diagnose heute morgen gestellt.«
»Allmächtiger!« entfuhr es Laurie. »Und? Was hast du unternommen? Hast du Randolph Sanders angerufen?«
»Ich erzähle dir die Geschichte am besten heute abend in aller Ausführlichkeit«, vertröstete Jack sie und stand auf. »Wann und wo treffen wir uns?«
»Ist acht Uhr okay?«
»Von mir aus gern«, erwiderte Jack. »Und wo?«
»Was hältst du von Lous Lieblingsitaliener in Little Italy?« schlug Laurie vor. »Da bin ich schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gewesen.«
»Weißt du, wie der Laden heißt?«
»Das Restaurant hat keinen Namen«, erklärte Laurie. »Okay, und wie lautet die Adresse?«
»Schwer zu sagen.«
»Na super!« stellte Jack fest.
»Wie wäre es, wenn du mich abholst?« schlug Laurie vor. »Meine Wohnung liegt sowieso auf dem Weg. Ich finde das Restaurant schon. Es ist in einer kleinen Straße, die von der Mulberry Street abgeht. Aber komm nicht mit dem Fahrrad! Nimm dir ein Taxi!«
Nachdem Jack ihr halbherzig versprochen hatte, am Abend nicht mit dem Fahrrad bei ihr vorzufahren, ging er zurück in sein Büro. Chet sah von seinem Mikroskop auf. »Kannst du mir jetzt bitte mal verraten, was eben los war?« fragte Chet.
»Das ist eine komplizierte Geschichte«, begann Jack und ließ sich in seinen Schreibtischstuhl fallen. Nach der Aufregung um Paul Sutherland und der langen Fahrradtour fühlte er sich auf einmal ziemlich matt. »Jedenfalls hat Laurie ihre Meinung in bezug auf morgen abend geändert. Falls du und Colleen also Gesellschaft haben wollt – wir begleiten euch gern.«
»Klasse!« rief Chet und griff zum Telefon. »Ich rufe sofort Colleen an und frage sie, ob sie noch zwei Tickets besorgen kann.«
»Einen Augenblick«, bat Jack. »Hast du inzwischen einen der Veterinär-Epidemiologen erreicht?«
»Ja«, erwiderte Chet. »Ich habe mit einem gewissen Dr. Clark Simsarian gesprochen, dem Leiter meiner gestrigen Arbeitsgruppe. Ich habe ihn gefragt, ob denn inzwischen bekannt ist, woran die Ratten verendet sind, aber sie konnten immer noch keine genaue Diagnose stellen. Weitere Ratten mit Anthraxgeschwüren sollen jedenfalls nicht aufgetaucht sein.«
»Ich habe einen Tip für die Veterinäre«, sagte Jack. »Ruf Dr. Simsarian am besten sofort noch mal an und schlag ihm vor, die Proben auf Botulinustoxin zu testen.«
»Botulinustoxin?« fragte Chet ungläubig. »Ist daran etwa Connie Davydov gestorben?«
»Sieht ganz danach aus«, erwiderte Jack. »Peter Letter-man hat das Toxin in sämtlichen Proben entdeckt.«
»Glaubst du immer noch, das Massensterben der Ratten und der Tod von Connie Davydov haben etwas miteinander zu tun?« fragte Chet.
»Die Vermutung klingt ziemlich weit hergeholt«, gestand Jack. »Aber da die Veterinäre noch im dunklen tappen, können sie es ja ruhig auf einen Versuch ankommen lassen. Ich habe heute mittag in Brighton Beach noch kurz bei einem Tierarzt hereingeschaut, und der hat mir berichtet, daß sogar etliche Katzen auf mysteriöse Weise verendet sind.«
»Ich werde den Tip weitergeben«, versprach Chet. »Was ist mit Randolph Sanders? Hast du ihn auch schon informiert?«
»Na klar«, erwiderte Jack grinsend. »Es hat mir eine Riesenfreude bereitet, ihn zu Kreuze kriechen zu
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