Anthrax
sie im gleichen Augenblick auf. Laurie stand neben dem Aktenschrank an der Wand. Sie wirkte zwar nicht wie ein Opferlamm, doch ihr Gesichtsausdruck spiegelte eine Mischung aus Angst und Empörung wider. Vor ihr hatte sich Paul Sutherland aufgebaut. Er trug einen dunklen Anzug. Sein sonnengebräuntes Gesicht war gerötet, und sein rechter Zeigefinger fuchtelte in etwa fünfzehn Zentimetern Entfernung vor Lauries Nase herum. Jack hatte ihn offenbar so erschreckt, daß er wie angewurzelt stehenblieb. »Ich hoffe, ich störe nicht«, sagte Jack. »Und wie Sie stören!« fuhr Paul ihn an. Er hatte sich blitzschnell wieder gefaßt. »Was meinen Sie, warum wir wohl die Tür zugemacht haben?« Er drehte sich zu Jack um und stemmte provozierend die Fäuste in die Hüften. »Das tut mir furchtbar leid«, entgegnete Jack und beugte sich zur Seite, um an Pauls kraftstrotzender Statur vorbei Blickkontakt mit Laurie aufnehmen zu können. »Meinst du auch, daß ich störe, Laurie?«
»Auf keinen Fall«, gab sie Bescheid. »Unser Gespräch war gerade dabei zu entgleisen – falls man dieses Gebrüll überhaupt als Gespräch bezeichnen kann.«
»Raus!« fuhr Paul Jack an. »Laurie und ich tragen diese Sache alleine aus, und zwar hier und jetzt.«
»Dies ist weder der rechte Zeitpunkt noch der rechte Ort für ein klärendes Gespräch«, widersprach Laurie. »Das habe ich dir schon mehrfach klarzumachen versucht.«
»Sieht nach einer kleinen Meinungsverschiedenheit aus«, warf Jack locker ein. »Ich stelle mich gern als Schlichter zur Verfügung.«
»Ich warne Sie!« schnauzte Paul. Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, und er machte einen bedrohlichen Schritt auf Jack zu.
»Paul, bitte!« mahnte Laurie. »Ich glaube, du solltest jetzt lieber gehen!«
Mr. Sutherland ließ Jack nicht aus den Augen. »Raus mit Ihnen!« fuhr er ihn nochmals an.
»Sie müssen sich nicht wiederholen«, stellte Jack gelassen klar. »Aber Sie sollten bedenken, daß wir uns im Büro von Dr. Montgomery befinden, und hier hat allein sie zu bestimmen, wo es langgeht. Ich glaube, Sie verabschieden sich jetzt besser, es sei denn, Sie möchten die Angelegenheit mit Sergeant Murphy besprechen.«
Jacks belehrende Worte brachten bei Paul das Faß zum Überlaufen. Er machte einen Satz nach vorn und versuchte, Jack einen Haken zu verpassen. Doch Jack sah die wütende Reaktion seines Kontrahenten voraus und wich dem Schlag geschickt aus. Dann nutzte er blitzschnell den Augenblick, in dem Paul vorübergehend das Gleichgewicht verlor, packte ihn am Seidenanzug und zerrte ihn durch die offenstehende Tür hinaus auf den Flur. Während der Aktion zerriß das gute Stück.
Paul fand schnell wieder Halt. Er ging leicht in die Hocke und hob die Fäuste auf Kopfhöhe, um Jack den Eindruck zu vermitteln, daß er etwas vom Boxen verstand. Wohl wissend, daß er in dieser Sportart nicht mithalten konnte, überlegte Jack, ob er weglaufen oder seinen Gegner in den Schwitzkasten nehmen sollte. Zum Glück mußte er keine Entscheidung treffen. Auf einmal ertönte vom Ende des Flurs ein Schrei, und Chet kam mit einer aufgerissenen Chipstüte und einer Dose Popcorn auf sie zugerannt. In Anbetracht der überwältigenden gegnerischen Übermacht gab Paul seine Drohhaltung auf. Er streckte sich, inspizierte wütend gestikuliernd sein elegantes Jackett und stellte dessen peinlichen Zustand fest. »Tut mir leid«, sagte Jack, als er den Riß sah.
»Zum Glück ist es nur eine Naht.«
»Was, zum Teufel, ist hier eigentlich los?« polterte Chet dazwischen.
»Paul und ich hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit«, erklärte Jack. »Aber dank deines Erscheinens ist die Sache jetzt wohl aus der Welt geschafft.«
Ähnlich wie er zuvor Laurie gedroht hatte, drohte Paul jetzt Jack mit dem aufgerichteten Zeigefinger. »Sie werden noch von mir hören!« versprach er. »Verlassen Sie sich darauf!«
»Ich freue mich schon«, entgegnete Jack. »Warum gehst du nicht einfach, Paul?« schlug Laurie vor. »Wenn du nicht festgenommen werden willst, solltest du auf mich hören! Ich habe den Sicherheitsdienst alarmiert.« Paul rückte seine Krawatte zurecht und steckte das dazu passende Tuch zurück in die Brusttasche. Währenddessen ließ er Jack nicht aus den Augen. »Wir sprechen uns noch!« giftete er erneut los. An Laurie gewandt fügte er genauso haßerfüllt hinzu: »Und wir unterhalten uns nachher!« Mit diesen Worten marschierte er erhobenen Kopfes in Richtung Fahrstuhl.
Laurie,
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