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Anthropofiction

Anthropofiction

Titel: Anthropofiction Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon E.Stover und Harry Harrison
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Objekt, dessen Durchmesser ein wenig geringer war als der Durchmesser der Rinne, aber gleich dem des Außentunnels. Die Kapsel bestand aus einem Zylinder mit abgerundeten Polen. An einer Stelle des Körpers, über die Hälfte einer Umdrehung, gähnte eine Öffnung und gab den Blick auf das Innere frei. Seine Taschenlampe in die Öffnung richtend, konnte Millar nichts entdecken, was nach einer Steuervorrichtung aussah, aber er war sicher, daß es sich um ein Transportmittel handelte, vielleicht automatischer Art. Doch die erstaunlichste Tatsache war, daß die Kapsel die Rinne an keiner Stelle berührte. Zwischen dem Fahrzeug und der Rinne lagen mehrere Fuß freien Raums. Millar nahm an, daß dieser Effekt mit einem Magnetfeld erreicht worden war, aber die genaue Anwendung des Prinzips war ihm unklar.
    Verwirrt ließ er seine Augen durch die Halle schweifen. An der Wand hinter der Kapsel, in der ganzen Höhe und Länge, befand sich ein Bildnis. Er hatte es schon vorher bemerkt, aber das ungewöhnliche Vehikel hatte seine ganze Aufmerksamkeit zuerst beansprucht. Erst jetzt betrachtete er das Bild.
    Eine Stadt ruhte auf dem Hang eines verwitterten Berges, eher ein großer Hügel als ein Berg, beides in klaren Formen. Die Bauten der Stadt bewiesen architektonische Meisterschaft; ihre kühne Verschachtelung und ihre farbenprächtigen steinernen Säulen verschmolzen zu einer Komposition funktioneller und ästhetischer Schönheit. Das, dachte Millar traurig, war also jene Stadt, bevor die Zeit ihr Werk begonnen hatte.
    Auf der linken Seite des Bildes, am höchsten Punkt des Abhangs, war eine Stelle des Hügels als Aufriß eingezeichnet, mit einer schwarzen Spirale darin, die aussah wie eine auseinandergezogene Sprungfeder, und im Innern des Erdbodens verschwand. Sie begann tief unter der Oberfläche und endete in einem Raum, der offenbar hinter der Wand mit dem Bild lag. Aus der Abbildung entnahm Millar, daß die Rinne, in welcher sich die Kapsel befand, in beide Richtungen nach unten verlief. Dort, in nicht näher bestimmbarer Tiefe, führte sie in ein anderes Gewölbe. Das ganze Untergrundnetz bestand aus einem Kreisverkehr zwischen zwei Stationen in nur einer Richtung.
    Ein anderer Gegenstand zog seine Aufmerksamkeit auf sich. In die Wand neben dem Tor, durch das er eingetreten war, fand er eine Anzahl von Zeichen eingraviert, die, leicht verständlich, Markierungen für die Planetenjahre setzten. Diese Zeichen dienten zur Erklärung der langen Reihe von Markierungen darunter. Dicht bei dicht, in sieben horizontalen Spalten, bedeckten die Markierungen die ganze Wand und setzten sich weiter fort in einen Seitengang. Am Boden, nahe der Wand, war eine Art Leiste angebracht, nicht unähnlich der Fußleiste an einem Tresen. Millar stellte nach kurzer Untersuchung fest, daß die Leiste als Schiene für eine Apparatur diente, welche die Markierungen setzte. Diese Maschine befand sich nun in dem Seitengang, offensichtlich dem weiteren Verlauf folgend, und zog eine achte Spalte von Markierungen hinter sich.
    Millar erschrak, als er die Bedeutung der erklärenden Zeichen erkannte. Tausende Meter dichtgedrängter Markierungen an der Wand, jede Markierung verzeichnete ein Planetenjahr. Und jedes dieser Jahre war doppelt so lang wie ein Erdenjahr.
    Der Gedanke an diesen unermeßlichen Zeitraum erinnerte Millar – es schien wie eine Ironie – an die Gegenwart, und ein Blick auf die Uhr sagte ihm, daß es bereits Spätnachmittag war. Die weitere Erforschung des Gewölbes, so entschied er, mußte verschoben werden. Wesentlich wichtiger war, vor Einbruch der Dunkelheit wieder das Lager zu erreichen, und dazu verblieb nicht mehr viel Zeit.
    Obwohl er sich beeilte, ging die Dämmerung rasch in Finsternis über, und bevor er das Lager erreichte, blitzte schon ein fremder Abendstern am Himmel auf.
    Und als er ausgestreckt unter seiner Wolldecke lag, den fremden Himmel über sich, in Erwartung des Schlafs, grübelte er für eine Weile den merkwürdigen Winkelzügen des Schicksals nach. Hier hatte eine Rasse existiert, die, allem Anschein nach, mehr Größe gehabt hatte, als die Menschheit heute besaß. Aber im Gegensatz zur Menschheit hatte sie nicht die Sterne erreicht, und jetzt wühlten Menschen in den zerstörten Meisterwerken jener langst vergangenen Rasse. Weich eine Ungerechtigkeit des Schicksals!
    Warum, so fragte er sich, hatten sie in der Raumfahrt versagt, trotz ihrer offensichtlich hochentwickelten Wissenschaft und Technik? Und

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