Anthropofiction
Entscheidende in seinem Verhalten zur Erlangung des menschlichen Status war sein Gebrauch des Feuers. Das Feuer lieferte nicht nur ein Zentrum für die Grup penorganisation, einen Lagerplatz, sondern ermöglich te auch das Kochen der Nahrung und dadurch schnelleres Essen. Der Australopithecus verbrachte wie die Affen heute die meisten Stunden seines Wachseins damit, seine Nahrung mit seinen gewaltigen Zähnen zu zerstückeln; für eine Lebensweise mit Herd, Heim und Jagdausrüstung standen weder das Hirn noch die Zeit zur Verfügung. Die Affenmenschen nahmen jedoch die menschliche Art, zu kauen, vorweg: kreisendes Kauen oder Mahlen. Die Affen sind durch ihre überlappenden Eckzähne stets zu einer Auf- und Niederbewegung der Kiefer gezwungen gewesen. Mit dem sapiens, dem Menschen mit voll ausgebildetem Gehirn und dem Babygesicht, erschien unsere eigene Gattung mit den letz ten evolutionären Retuschen oberhalb des Halses. Die se umfassen die Ausweitung des Hirnkastens auf 1100 bis 1700 Kubikzentimeter, Rückbildung der Brauenwülste, so daß sie mit dem restlichen Schädel, der höher und dünner wurde, eine glatte Eierschale bildeten. Die Form und Anordnung der Zähne hat sich in der ganzen Reihe der Hominiden nicht bedeutend verändert, noch wurde der Zahnbogen zu irgendeiner anderen Kurve als der hyperbolischen Form umgewandelt, die bei den Affenmenschen erstmals auftrat und zu der U-Form bei den Pongiden im Kontrast steht. Tatsächlich sind die Paläoanthropologen unter anderem aufgrund dieser dentalen Merkmale zu einer Definition der Familie der Hominiden gelangt. Nur die Größe der Zähne und des Kiefers hat sich bei der Hominidenfamilie zugunsten der kleineren verändert.
Fünfhundert-Kilo-Kerle
Der Originaltitel der Geschichte von de Camp ist scherzhaft: »Throwback«. Er weiß sehr wohl, daß in der Natur keine Rückfälle vorkommen. Die Evolution ist irreversibel. Die Wahrscheinlichkeit spricht dagegen, daß die natürliche Selektion Schritt für Schritt ungeschehen macht, was die Evolution Schritt für Schritt geschaffen hat. Der Held in Fünfhundert-Kilo-Kerle ist das Produkt eines künstlichen Selektionsprozesses von Menschenhand, der Rückzüchtung.
Aber die durch den Rückzüchtungsprozeß gewonnene Spezies, Gigantanthropus, ist vorstellbar. Das Wort Gigantanthropus ist nach Art eines Schachtelworts aus den Namen zweier wirklich existierender Tiere gebildet, des Gigantopithecus und des Meganthropus. Ersteres ist eine Gattung der Pongiden aus dem China des Mittleren Pleistozän, und letzteres ein früher Hominide aus dem Java des Älteren Pleistozän.
Vom Gigantopithecus kennen wir drei Unterkiefer und eine große Anzahl von Zähnen. Letztere entdeckte von Koenigswald für die menschliche Paläontologie bei chinesischen Apothekern, die sie seit langem unter dem Namen von Drachenknochenpulver für eine magische Pharmakologie benutzten. Das Tier, dem diese Zähne gehörten, kann man als ziemlich großen Affen von konservativem Äußeren beschreiben, der, abgesehen von gewachsener Körpergröße, relativ unverändert bis ins Mittlere Pleistozän von einem Zweig auf dem Boden lebender Miozän-Pongiden mit verkürzter Schnauze und bescheidenen Eckzähnen, dem sehr wahrscheinlichen gemeinsamen Vorfahren von Menschen und Affen, überlebt hatte. Interessanter ist, daß der Gigantopithecus vielleicht noch in Gestalt eines riesigen, zweibeinigen Affen lebt, den die Tibetaner ihren metohkangmi oder ›Schrecklichen Schneemenschen‹ nennen.
Der Meganthropus, was »riesiger Mensch« bedeutet, ist durch zwei schwere Vorderkieferfragmente bekannt, die in geologischen Ablagerungen unterhalb derer, in denen Dubois’ Pithecanthropus oder Java-Mensch gefunden wurde, entdeckt worden sind. Ge genwärtig ist der systematische Status dieser Fragmen te strittig. Einige Anthropologen behaupten, die Fragmente gehörten zu einer robusten Abart des Java-Menschen, die noch als Homo erectus klassifiziert werden kann. Eine andere Denkschule vertritt die Ansicht, daß sie zu einer asiatischen Population von Affenmenschen gehören und dementsprechend den Australopithecinae zuzurechnen sind. Von Koenigswald machte die Entdeckung und prägte den Namen Meganthropus. Franz Weidenreich war es, der als erster den Gedanken zur Diskussion stellte, der Meganthropus sei ein größerer und schwererer Vorläufer des Pithecanthropus. Weidenreich brachte das interessante Argument vor, im Laufe der hominiden Evolution habe der Mensch
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