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Anthropofiction

Anthropofiction

Titel: Anthropofiction Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon E.Stover und Harry Harrison
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weitergegeben werden können. Und wenn es eine soziale Organisation gibt, entwickeln sich Solidarität und ein »Wir«-Gefühl in den Sitten gegenseitiger Duldung. Existiert eine soziale Kontrolle, dann kommt auch eine ökonomische Organisation hinzu. Wenn soziale Kontrolle aus einer Verteilung von Rechten und Pflichten besteht, dann gibt es keine elementare Unterscheidung im Ausüben verschiedener Dinge als die zwischen Männern und Frauen; und zwischen ihnen gibt es keine elementareren Aufgabenverteilungen als die ökonomischen in Produktion, Verteilung und Verbrauch der Nahrung. Der Mensch legt ein ökonomisches Verhalten an den Tag; seine nächsten Verwandten, die Affen, tun es nicht. Bei den Affen wie bei den Affenmenschen-Vorfahren des Menschen sucht jedes Geschlecht auf eigene Faust nach Nahrung, die niemals geteilt wird, ökonomisches Verhalten beginnt mit einer sexuellen Teilung der Arbeit. Die Rollen der Geschlechter sind Definitionen von Tätigkeiten; Definitionen setzen Grenzen. Die sexuelle Teilung sozialer Rollen beim Menschen hängt damit zusammen, daß der ganze Aufbau von Wissen und Sitten – in Verbindung mit den sozialen Kontrollen, die erforderlich sind, um ein sexuelles Verbot von Aufgaben aufrechtzuerhalten – einer langen Periode kindlicher Abhängigkeit von weiblicher Hilfe zu verdanken ist, in deren Verlauf das Gehirn genügend reifen kann, um die erlernten Verhaltensweisen der Kultur in sich aufzunehmen. Schließlich ruft, um den Kreis zu schließen, der Lernprozeß selbst einen spielerischen Ausdruck der Nervenkräfte hervor, die von den höchst ästhetischen Fähigkeiten der Werkzeugproduktion nach einem Modell freigesetzt werden.
    Boucher de Perthes hat das UKM im wesentlichen vor über hundert Jahren aus den birnenförmigen Faustkeilen des Steinheim-Menschen in Abbeville abgeleitet. Boucher de Perthes war der erste, der in Abbeville die Industrien des paläolithischen Menschen entdeckte und die vergrabenen Faustkeile als das erkannte, was sie waren: der Beweis für ein in sich perfektes way of life des vorsintflutlichen Menschen. Er präsentierte diese archäologischen Reliquien dem skeptischen Publikum seiner Zeit, das die Menschlichkeit ihrer Hersteller anzweifelte, mit der unbändig modernen Erklärung, daß
    diese rohen Steine in ihrer Unvollkommenheit die Anwesenheit des Menschen nicht weniger sicher verkünden als der gesamte Inhalt des Louvre (de Perthes, 1860:3).
    Die ähnlichen zweiseitigen Mousterien-Faustkeile, die der Neanderthaler zu einem späteren Zeitpunkt schleuderte, sind Verfeinerungen dieser selben Grundwerkzeuge aus Abbeville. Die gediegene Handwerkskunst der Neanderthaler basiert auf den früheren technischen Experimenten des Steinheim-Menschen. Darin hegt eine Lehre, die in der Natur des UKM enthalten ist. Sie lautet, daß der Inhalt der Kultur innerhalb eines beständigen Musters anwächst. Unsere paläolithischen Vorväter in Abbeville haben eine Vielfalt von Schneide werkzeugen aus abgeschlagenem Feuerstein erfunden, die wir bei unseren Maschinen als selbstverständlich voraussetzen. Wir haben neue Materialien und eine neue Energiequelle hinzugefügt, aber wir hätten diese Neuerungen nicht entwickeln können, hätten wir nicht in unserer Geschichte die grundlegenden paläolithischen Werkzeugtypen, um sie zu verbessern. Die Werkzeuge des industriellen Zeitalters liegen auf einer Linie mit der Industrie von Abbeville und der des Neanderthalers, der wiederum die Werkzeuge des Steinheim-Menschen voraussetzte, als er sie in kleinerem Maßstab mit mehr Sekundärbearbeitung zu den Feinheiten der Mousterien-Tradition umarbeitete. Nirgends auf der Entwicklungslinie haben sich die Menschen in ihrer intellektuellen Fähigkeit, menschlich zu sein, unterschieden; was sich unterschied, war die Menge angehäuften Kulturbestands, mit dem sie arbeiten mußten. Wie Boucher de Perthes sagt, ist dieselbe Art von Menschlichkeit erforderlich, um einen paläolithischen Faustkeil herzustellen, wie um ein Gemälde für den Louvre hervorzubringen. Und Menschlichkeit bedeutet das UKM.
     
    Der Abtrünnige
     
    Earnest Hooton sprach gerne von den Affen als »armen Verwandten des Menschen«. Der Sinn seines Scherzes war, daß, wenn die Affen – mit Ausnahme solcher Merkmale wie Proportion der Gliedmaßen und Körperhülle – dem Menschen anatomisch so ähnlich sind, sie vielleicht nicht mehr brauchen würden, um ihre reichen Verwandten einzuholen, als ein reichliches Maß an Unterricht

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