Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anthropofiction

Anthropofiction

Titel: Anthropofiction Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon E.Stover und Harry Harrison
Vom Netzwerk:
in dem alten Lesesaal der Bibliothek und stellten eine Bar und eine Lunch-Theke hinein. Ein paar Tage lang war der Ort voller Lärm und Aktivität; dann kehrten allmählich die Raumflottenleute und bis auf einige wenige, die Zivilisten an ihre Arbeit zurück, die bewohnbareren der bereits erforschten Gebäude luftdicht zu versiegeln, sieeinzurichten und für die Ankunft der fünfhundert Mitglieder der Hauptexpedition in anderthalb Jahren bereitzumachen. Der Landeplatz für das Raketenfahrzeug des Raumschiffes mußte vergrößert und neue Tanks mit chemischem Treibstoff hergestellt werden.
    Es galt, die alten Wassertürme der Stadt von Schlamm zu reinigen, bevor das nächste Frühjahrstau wetter mehr Wasser durch die unterirdischen Aquäduk te herunterbrachte, die jedermann in falscher Übersetzung von Schiaparellis italienischem Wort Kanäle nannte, obgleich sich das dann als erheblich leichter herausstellte als vorher angenommen. Diealten Kanalbauer mußten eine Zeit vorausgesehen haben, in der ihre Nachkommen nicht mehr in der Lage sein würden, die Instandhaltungsarbeiten auszuführen, und hatten Maßnahmen dagegen getroffen. Von dem Tag an, als die Universität vollständig bewohnbar gemacht worden war, wurde die dort anfallende Arbeit von Selim, Tony Lattimer und ihr selbst getan, assistiert von einem halben Dutzend Raumflottenoffizieren, meist Madchen, und vier bis fünf Zivilisten.
    Sie arbeiteten von unten nach oben, unterteilten die Fußbodenflächen in numerierte Quadrate, nahmen Messungen vor, legten Verzeichnisse an, skizzierten und fotografierten. Sieverpackten Proben organischer Substanzen und schickten sie zum Carbon-14-Vergleich und zur Analyse zum Raumschiff; sie öffneten Büchsen, Einmachgläser und Flaschen und stellten fest, daß alle Flüssigkeit daraus verdunstet war, wenn keine andere Möglichkeit bestand, dann durch die Porosität von Glas, Metall und Plastik. Wo sie auch hinsahen, fanden sie Beweise einer plötzlich eingestellten und nie wieder aufgenommenen Tätigkeit. Einen Schraubstock mit einem halb durchgeschnittenen Metallstab darin, die Metallsäge daneben. Töpfe und Pfannen mit hartgewordenen Essensresten; ein ledernes Stück Fleisch auf einem Tisch, das Messer griffbereit. Toilettengegenstände auf Waschtischen; ungemachte Betten, das Bettzeug drohte bei Berührung zu Staub zu zerfallen, hatten noch den Körperabdruck des Schläfers bewahrt; Papier und Schreibzeug auf Schreibtischen, als sei der Schreiber aufgestanden in der Absicht, in einem Augenblick vor fünfzigtausend Jahren zurückzukehren und zu Ende zu schreiben.
    Das beunruhigte Martha. Wider jede Vernunft entwickelte sich in ihr das Gefühl, daß die Marsianer diesen Ort nie verlassen hatten; daß sie noch um sie herum waren und jedesmal mißbilligend zuschauten, wenn sie etwas aufhob, das sie hingelegt hatten. Jetzt verfolgten sie sie in ihren Träumen anstelle ihrer rätselhaften Schrift. Zuerst hatte jeder, der in die Universität einzog, ein separates Zimmer genommen, froh, der Überfüllung und dem Mangel an Privatsphäre in den Hütten zu entkommen. Nach wenigen Nächten war sie froh, als Gloria Standish bei ihr einzog und akzep tierte die Entschuldigung der Nachrichtenfrau, sie füh le sich einsam ohne jemand, mit dem sie vor dem Einschlafen reden könne. Sachiko Koremitsu stieß am folgenden Abend zu ihnen, und vor dem Schlafengehen reinigte und ölte der weibliche Offizier seine Pistole mit der Bemerkung, sie fürchte, sie sei etwas rostig geworden.
    Die anderen spürten es auch. Selim von Ohlmhorst entwickelte die Angewohnheit, sich schnell umzudrehen und hinter sich zu blicken, als versuche er jemanden oder etwas zu überraschen, der oder das sich an ihn heranpirschte. Tony Lattimer, der einen Drink an der Bar nahm, die aus dem Schreibtisch des Bibliothekars im Lesesaal improvisiert war, stellte sein Glas ab und fluchte.
    »Wißt ihr, was dieser Ort ist? Es ist eine archäologische Marie Celeste !« behauptete er. »Es ist bis ganz zum Schluß bewohnt gewesen – wir haben alle die Notbehelfe gesehen, die diese Leute gebraucht haben, um hier eine Zivilisation aufrechtzuerhalten – aber was war das Ende? Was ist mit ihnen passiert? Wo sind sie hingegangen?«
    »Du hast doch nicht erwartet, daß sie draußen in Frontstellung warten, mit einem roten Teppich und einem großen Spruchband – WILLKOMMEN TERRANER – oder, Tony?« fragte Gloria Standish.
    »Nein, natürlich nicht; sie sind alle seit fünfzigtausend

Weitere Kostenlose Bücher