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Anti-Eis

Anti-Eis

Titel: Anti-Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
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seiner substantiellen Masse unterliegen konnte.
    Solcherart lernte ich anhand einer praktischen Vorführung den
Unterschied zwischen Masse, die durch die Schwerkraft eines Planeten
bestimmt wird, und Trägheit, für die das eben nicht
zutrifft.
    Man stelle sich meine Enttäuschung vor, als ich den Felsen
schließlich zur Seite rollte und nicht das geringste Anzeichen
von Eis vorfand. Da stand ich nun, wobei die Lunge sich mit der vom
Schlauch gelieferten dünnen Luft abplagte, und starrte
ungläubig auf den Boden.
    Mir blieb nun nichts anderes übrig, als die gleiche Prozedur
beim nächsten Felsen zu wiederholen; und als ich das tat, wurde
ich zu meiner großen Freude mit dem Anblick eines massiven
Eisreservoirs belohnt, das etwa fünf Fuß breit und mehrere
Zoll tief war. Ich beschirmte die Substanz mit meinem Schatten und
verstaute das Eis in der Kühltasche, wobei ich die Handschuhe
als Schaufel benutzte, und erzielte somit eine Ausbeute von einigen
Pfund lunaren Wassers.
    Bei der monotonen Arbeit an diesem lunaren Nachmittag verlor ich
bald jegliches Zeitgefühl. Ich räumte Fels nach Fels
beiseite, wobei ich vielleicht unter der Hälfte auf
substantielle Wasserreservoirs stieß. Mehrmals füllte ich
die Tasche und lief zur Phaeton zurück, wo ich bald einen
kleinen Hügel aus Eisbrocken im Schatten des Schiffes
errichtete. Alle paar Minuten rumorte der Boden
unheilverkündend; aber mit der Zeit ignorierte ich diese kleinen
Beben. Immer wenn die Tasche mehr als halbvoll war, wurde sie mir
zwar nicht zu schwer, verwandelte sich aber durch die
Massenträgheit, die sie gegen meinen Rücken schlagen
ließ, in ein lästiges Ärgernis.
    Dann erfolgte ein heftiger Stoß.
    Es war, als ob ein Riese auf die Oberfläche des Mondes
eingeschlagen hätte. Ich wurde zu Boden geschleudert. Immerhin
war ich noch so geistesgegenwärtig, das Helmfenster mit den
Handschuhen zu schützen; andernfalls wäre das Glas sicher
zerbrochen. Lange Sekunden lag ich da und wagte kaum aufzuschauen,
wobei ich jeden Moment damit rechnete, in eine Bodenspalte gerissen
oder von einem herabstürzenden Felsen zerschmettert zu werden.
Und dabei lief das Mondbeben in totaler und gespenstischer Stille
ab!
    Als nur noch starke Nachbeben durch den Fels unter mir liefen,
stand ich vorsichtig auf. Der Luftschlauch und die Tasche mit dem Eis
waren unversehrt; aber das Helmfenster war stark beschlagen – so
sehr, daß ich kaum hindurchsehen konnte –, und die
Ruhmkorff-Spule war zerbrochen und somit nutzlos geworden. Ich
ließ sie liegen, damit sich ein zukünftiger Raumfahrer den
Kopf darüber zerbrechen konnte. Ich wußte nicht, wieviel
Zeit verstrichen war – ich hatte nämlich nicht daran
gedacht, eine Uhr über dem Schutzanzug zu tragen! – und nun
stand ich ein paar Fuß von der Basis des niedrigen Hügels,
auf dem die Phaeton gelandet war, entfernt und schaute mich
um.
    Die Landschaft schien sich verändert zu haben: Die
Hügelkette und ihr Schattenwurf sahen nicht mehr so aus, wie ich
es in Erinnerung hatte. Zweifellos, so suggerierte ich mir, war das
nur eine durch den Sonnenuntergang verursachte Illusion; denn auch
auf der Erde können sich die Merkmale der Landschaft im Licht
der sinkenden Sonne verändern.
    Ich war desorientiert und zögerte noch ein paar Augenblicke,
wobei ich versuchte, die Vorteile von ein paar weiteren Pfund Eis in
meiner halbvollen Tasche gegen die unbekannten Gefahren dieses
fremdartigen Ortes abzuwägen – bis mir die Entscheidung
schließlich abgenommen wurde.
    Eine weitere Erschütterung jagte durch die Landschaft. Ich
ließ den Eispickel fallen und zog mich taumelnd vom
Landehügel der Phaeton zurück. Nach ein paar
Schritten straffte sich der Luftschlauch, und der Kopf wurde mir in
den Nacken gerissen. Ich konnte mich mit rudernden Armen aufrecht
halten und drehte mich zur Phaeton um – wobei ich mit
einem höchst erstaunlichen Bild belohnt wurde.
    Um den Hügel herum erhoben sich Felszylinder aus dem Boden.
Es waren vielleicht zwölf, die in identischen Abständen
einen Kreis um die Hügelkuppe bildeten und einen Durchmesser von
etwa einem Yard hatten; sie stiegen in einer fließenden
Bewegung auf, mit einer Geschwindigkeit von mehreren Fuß pro
Sekunde. Der Boden erbebte von neuem, und ich versuchte, auf den
Beinen zu bleiben, wobei ich überlegte, welcher Kräfte es
bedurfte, solche Massen derart schnell zu heben. Bald war der
Hügel – und die Phaeton – völlig von
diesen Säulen eingeschlossen. Mit

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