Antiheld (German Edition)
bedeutet, dass man sich Fragen stellt, die man nicht beantworten kann, die keiner beantworten kann. Die nach dem Sinn des Lebens zum Beispiel. Wieso konnte man es nicht bei fressen, ficken, fernsehen belassen? Warum müssen die Menschen jeder beschissenen Frage auf den Grund gehen?
Das Verstehenwollen an sich ist die widerlichste Zwangsstörung des Menschen. Wäre die gesamte Menschheit doch nur lobotomiert!
Früher konnte man zum Beispiel noch Kriege aus dem Nichts heraus starten und, sagen wir, ein unwichtiges Land wie Polen einfach zum Spaß überfallen und die Bevölkerung massakrieren, ohne gleich als Schwerenöter zu gelten.
Heute sieht das natürlich anders aus: Kriege sind verpönt. Nun nennen wir sie Militärschläge oder Interventionen. Die heimliche Unterwanderung muslimischer Extremisten bezeichnen wir als kulturelle Bereicherung. Anstatt zu sagen, wir möchten den verkackten Turbanträgern ihr Öl klauen und ihr Land ausbeuten, schieben wir Gründe der Ethik vor. Prophylaktisch werden die Werte des christlichen Abendlandes verteidigt. Was für eine Heuchelei.
Deswegen liebe ich Diktatoren. Die machen wenigstens, was sie wollen. Alfredo Stroessner hat bestimmt niemals gesagt, dass er seine Regierung gegen Putschisten vorwärts verteidigt oder im Fall der Fälle Rücksicht auf weiche Ziele nimmt. Er sagte klar und deutlich: «Entweder du wählst mich oder du verreckst mit einer Kugel im Kopf!» Ehrlich währt am längsten. Stroessner war sozusagen fünfunddreißig Jahre im Amt.
Es sind keine sechs Wochen mehr bis zu den verfluchten Prüfungen, und ich habe noch keine Idee, was danach passieren soll. Was soll ich mit meinem Leben anfangen? Welche Perspektive bietet mir denn das Leben, nachdem Amokläufe bereits Pop-Art und als Statement vollkommen ausgelutscht sind?
Ich könnte mir eine Glatze rasieren, Menschen mit Migrationshintergrund zusammenschlagen und mich vom Verfassungsschutz dafür bezahlen lassen. Vielleicht sollte ich mich aber auch auf Selbstverwirklichung konzentrieren und Tatsachen-Romane schreiben. Damit lässt sich wenigstens viel Geld verdienen, und vor allem geht es ruck-zuck: Ich kaufe mir eine Eintrittskarte zu einem unterklassigen Fußballspiel und laufe ein paar Mal, vermummt und mit einem abgeschraubten Stuhlbein bewaffnet, im Mob mit. Ich kriege einige harmlose Schläge ab und schon habe ich genügend Credibility , um einen Hooligan-Roman zu verfassen, der vom gesamten Feuilleton als äußerst authentisch besprochen wird.
Oder ich sehe mir auf den Kultursendern Betroffenheitsdokumentationen an und entdecke, dass Zwangsprostitution das In-Thema ist. Dann schreibe ich Sätze wie: «Am ersten Tag kamen acht Männer. Sie hatten rote Gesichter und sie schwitzten wie Schweine. Sie taten mir weh.» Schon habe ich den großen Wurf der Gegenwartsliteratur gelandet.
Lieber würde ich aber ein ernst gemeintes Buch schreiben, immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass dieses Buch als Vorlage für ein Feature Length Movie herhalten muss.
Erste Szene
Ort: Schäbige Wohnung
Ich sehe dabei zu, wie er Speed portioniert. Neben ihm sitzt seine Schlampe, ein aufgedunsenes Monster mit rosa Strähnchen im Haar. Ihre triefenden Augen sind von Vergnügungsringen umrahmt, die jemand mit einem schwarzen Edding aufgemalt haben könnte. Dumm wie Bohnenstroh und einen Blick wie Bambi.
Ich grinse, und als er mir das Zeug gibt, sage ich: «Willst du mich verarschen?»
Im nächsten Moment hält er sich das Gesicht zusammen, weil Nimkin ihn mit dem Riotstick ordentlich erwischt hat. Nimkin ist guter Dinge, und trotz seines schweren Asthmas ist auf ihn jederzeit Verlass. Zumindest gibt er dem Typen ordentlich Backenfutter, und gerade als ich mir die Fotze packen will, kommt mir bezüglich der Dramaturgie eine bessere Idee.
Schnitt.
Ich lasse Nimkin wissen, dass er die Fotze mit den rosa Strähnchen ruhig durchziehen kann, wenn er sich HPV holen will.
Schnitt.
Stattdessen packe ich mir den Skinhead.
Schnitt .
Ich stopfe ihm meinen harten Schwanz ins zahnlose Maul.
Schnitt.
Die Kamera schwenkt tarantinoesk an die vom Nikotin vergilbte Decke, weg vom Geschehen. Man hört nur ein feuchtes Geräusch – plopp, plopp - und leises Stöhnen.
Schnitt.
Eine Einstellung wie in einem Edwin Brienen - Film. Totale direkt auf den Schwanz, der ganz langsam in das Gesicht gleitet. Ich komme über der zerbombten Fresse. Mein Sperma mischt sich mit dem Blut, das aus Gesicht und Mund sprudelt, es sieht aus wie
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