Antiheld (German Edition)
war also eine rein strategische Maßnahme. Selbstverständlich genoss er seinen vermeintlichen Triumph über Andor, das Enfant terrible der Schule, in vollen Zügen.
Ich wette, ihm ist einer abgegangen, als er mich im Gang gebeten, genötigt hat, in der Pause für eine kurze Besprechung bezüglich meiner Entschuldigung ins Lehrerzimmer zu kommen. Ja, da hatte er diesen speziellen Blick, diesen befriedigten, gelösten Gesichtsausdruck, den man direkt nach dem Ficken hat. Diese postorgasmische Fresse, wenn man seinen Saft gerade in einen bedeutungs- und namenlosen Körper injiziert hat.
Ich habe mich immer gefragt, wie Hillemann wohl fickt. Ob er einen großen Schwanz hat, einen, auf dem die Adern pulsierend heraustreten, wenn er so richtig hart wird, und auf was für eine Sorte Muschis er steht. Naturgemäß fällt mir die Vorstellung, dass Hillemann der große Stecher ist, der seine in Lack und Leder gekleidete Gespielin erst mit der Gerte verprügelt, bevor er sie durchzieht, recht schwer, aber man kann nie wissen.
Man kann den Leuten immer nur bis vor die Stirn sehen, nie die Welt ihrer wahrhaftigen Gedanken. Außerdem glaube ich, dass Hillemann viel eher auf die ganz jungen Dinger steht, das beweisen allein die Pornohefte, die ich bei ihm in der Wohnung gefunden habe. Hochglanzmagazine, die prallvoll mit kaum achtzehnjährigen Fotzen sind. Das kann kein Zufall sein.
Und ich denke mir, natürlich , das muss an seinem Umfeld liegen. Schließlich ist er als Lehrer ständig und die meiste Zeit umgeben von kleinen Gören, denen plötzlich Titten wachsen und deren pinke Schamlippen aus dem Minirock herausblitzen. Da muss einem doch irgendwann die Soße im Sack hochkochen, obwohl man ja selbstverständlich weiß , dass es verboten ist, man weiß , dass es ungesetzlich ist, diese minderjährigen Miezen zu verführen und zu versauen oder überhaupt darüber nachzudenken .
Und da Hillemann wahrscheinlich niemals den Mut hätte, sich eine dieser kleinen Drecksäue anzuspitzen, muss er eben substituieren und sich gepflegt einen runterholen, denn seine vom Krebs zerfressene Ehefrau wird er kaum mehr beglücken können, außer er hat verborgene nekrophile Neigungen, was ja durchaus auch im Rahmen des Möglichen liegen könnte.
Hillemann ist sowieso kein Gegner für mich. Kein Gegner im eigentlichen Sinne. Mehr Spielball meiner Befindlichkeiten. Deswegen hat es mir auch so großen Spaß gemacht, bei dieser Besprechung den devoten Speichellecker zu geben. Ich habe eine ganze Auswahl schwülstigster Verzeihungsvariationen heruntergebetet, dieser Seelenmüll von wegen mein Verhalten sei ja nur eine besonders extrovertierte Form der Ausflucht gewesen, Schuld sei der immense Druck, der auf mir laste, und dann natürlich! der Tod meiner Mutter, der ein sehr schwerer Schlag für die ganze Familie gewesen sei und immer noch ist.
«Gewissermaßen sind wir alle noch in einer Art emotionalen Lethargie gefangen , Herr Hillemann. Der Tod meiner Mutter, dieser großartigen und kreativen Person, die ihr Leben und ihr Schaffen den Kindern dieser Erde gewidmet hat. Ihr Tod nach langer und leidvoller Krankheit hat an unserer Substanz gezehrt , vielleicht können Sie das irgendwie nachvollziehen?», habe ich ihn mit erstickter Stimme gefragt.
Der Trottel ist natürlich direkt darauf eingegangen, hat wissend genickt und mir sein herzliches Beileid ausgesprochen, nur um mir dann die Krankengeschichte seiner Frau in allen Einzelheiten aufzutischen. Gerade so, als habe er nur darauf gewartet.
So ist das eben, wenn Leidensgenossen aufeinandertreffen, sie sind naturgemäß voller Verständnis und Mitleid. Zwischen ihnen besteht eine tiefer gehende Verbindung, eine Symbiose im Erleiden. Man ist erfahren in den Schmerzensangelegenheiten. Man versteht einander, weil man dieselbe Sprache spricht: die Sprache der Kranken, der Krankheit und somit die des nahenden Todes.
Irgendjemand, dem man naiv seine Liebe versichert hat oder dessen Liebe einem aufgezwungen wurde, steht metaphorisch ausgedrückt auf der Schanze in Auschwitz. Von dort gibt es kein Zurück mehr. Man kann das Jenseits, den irdischen Ladenschluss bereits riechen. Es sind die letzten paar Meter auf dem Weg zum Ab leben, und hier, am Ende arrangieren sich alle ganz allmählich mit dem Tod.
Hillemann kann das natürlich alles nachvollziehen. Während er mir in ernstem Duktus erzählte, wie es um seine Frau steht ( immer schlechter ), wie der Krebs sie zerfrisst ( von innen heraus!) und
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