Anton Pfeiffer und der Zauberkongress (German Edition)
„Noch nie was von Hexenverbrennungen im Mittelalter gehört? Scheiterha u fen, Inquisition, das ganze Programm? Ganz im Ernst, da fragst du noch?“
Anton schwieg. Da gab es wohl nichts hinzuzufügen.
Schweigend stiegen sie weiter die Stufen hinauf. Die nächsten Runden gingen ins Land, ohne dass irgendwelche Türen oder Kongressbesucher auftauchten. Stattdessen machten sie Bekanntschaft mit interessanten Details aus Flora und Fauna. Beim Versuch, durch das dichte Blat t werk einen Blick nach außen zu erhaschen, fing Anton sich um ein Haar den Stich einer Angorahummel ein. Diese schwebte laut brummend vor ein paar Blütenblättern, war faustgroß und sah aus wie ein frisch explodiertes Mee r schweinchen. Oskar deutete auf das haarige, brummende Etwas. „Für Feen-Pullover total in Mode!“
Auch lernte Anton ein so genanntes Erdnuckel kennen. Aus der Gattung der Schlammbeutler. Ein runzeliges W e sen, das laut quiekend die Stufen neben ihnen nach oben flitzte. Beheimatet in den Wurzeln des Baumes und auf dem Weg zum alljährlichen Vollmond-Paarungsritual. Wie Oskar fachkundig zu berichten wusste.
Als sie ein Stück weiter waren, bemerkte Anton, dass eine weiße Flocke in kreisenden Bewegungen vor ihm auf die Stufen nieder segelte. Inzwischen wunderte ihn gar nichts mehr. „Schneit es hier oben?“ , fragte er.
Kaum hatte er das gesagt, kam eine Art Sturm auf, und ein riesiger Schwung weißer Flocken wirbelte auf sie ni e der. Nach ein paar Sekunden war alles vorüber.
Anton sah Oskar verdutzt an. Beide Jungen hatten weiß geschneite Haare und Schultern, und ebenso weiß waren die Treppenstufen.
„Das ist kein Schnee. Das sind Federn“, sagte Oskar und spuckte eine davon aus dem Mund.
„Die alte Frau Sackmeier macht mal wieder Rabatz mit ihrer Bettwäsche“, seufzte er und begann, sich die weiße Schicht von den Schultern zu wischen. Anton guckte ve r ständnislos.
„In der obersten Etage wohnt die Frau Sackmeier. Ziemlich alter Knochen. Und furchtbar eingebildet.“
„Worauf?“
„Irgendwann, als sie noch jung war, also vor einer Ewigkeit, hat sie einen der Gebrüder Grimm kenneng e lernt. Jacob Grimm. Du weißt schon, die mit den Mä r chen. Angeblich war der Typ total verliebt in sie.“ Oskar rollte die Augen. „Und dann hat er ihr dieses Märchen gewidmet, Frau Holle, du weißt schon. Seitdem hält Frau Sackmeier sich für unheimlich wichtig, schüttelt ständig ihre Betten auf und hofft, dass Hollywood sie entdeckt.“
Oskar tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Stirn. „Nicht mehr ganz dicht, die Gute.“
Sie wischten sich die restlichen Federn von den Schu l tern und gingen weiter. Langsam wurde das Treppenste i gen doch etwas anstrengend. Anton blieb stehen und stemmte sich die Hände in die Hüfte. Wie weit sie wohl schon oben waren? Sicherlich schon viele hundert Meter. „Es dauert nicht mehr lange“, sagte Oskar beruhigend.
Kurz darauf passierten sie noch eine Tür, diesmal ohne Fenster. Dafür mit einem Guckloch. Als sie daran vorbei gestiegen waren, sah Anton, dass die Tür aufging und ein kleiner, alter Mann herauskam. Er trug einen seidig schimmernden Frack und trat mit gebeugter Haltung den Weg nach unten an. Irgendwie schien er leise vor sich hin zu brummeln.
„Das Seniorenheim“, erklärte Oskar. „Und der da eben war Herr Goldstein. Sehr bekannt. Hat eine berühmte Erfindung gemacht. Den Ring der Erfüllungen.“
„ Den was?“
„Den Ring der Erfüllungen“, wiederholte Oskar, „wer ihn besitzt und am Finger dreht, bekommt seinen Leben s traum erfüllt. Aber es funktioniert nur ein Mal.“
„Interessant.“
„Herr Goldstein hat den Ring natürlich selbst auspr o biert. Sein Traum war es, der erfolgreichste Zauberer aller Zeiten zu werden.“
„Und was passierte?“
„Er hat das Aspirin erfunden.“
„Was?“ Anton starrte Oskar mit großen Augen an.
„Damit ist Herr Goldstein unglaublich reich gewo r den“, ergänzte Oskar, „aber der Ruhm in der Zauberwelt ist ausgeblieben. Wer interessiert sich schon für Kop f schmerzmittel?“ Er zuckte die Schultern. „Jetzt wohnt er hier – und geht allen auf den Geist. Er ist wahnsinnig u n zufrieden, ständig am schimpfen und meckern. Ein unsä g licher Knötterpott .“
„Sowas“, meinte Anton.
„Jaja, schwierige Sache dieser Ring. Einer, der ihn b e saß, soll sich das ewige Leben gewünscht haben.“
„Und was ist aus ihm geworden?“
Oskar grinste. „Sitzt beim
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