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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Veränderungen vor. Aber ich bin mir noch unsicher. Doch meine Berater …« Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. Welche Berater?, rügte sie sich stumm und hoffte inbrünstig, nicht rot zu werden. Stanislaus und der Engländer etwa?
    Ein Hotel … Vorsichtig ließ sich Rosanna das Wort auf der Zunge zergehen.
    Â»Das kann ich mir vorstellen!« Die Gräfin schnaubte mitfühlend. »Eine hübsche junge Frau wie Sie, alleinstehend, Herrin eines solchen Anwesens – da vergeht doch sicher kein Tag, an dem Ihnen nicht jemand seine hochtrabenden Pläne verkaufen will. Aber Sie haben vollkommen Recht, meine Liebe. Hier oben ist ein wahres Paradies, da sollten Sie schon sorgfältig prüfen, welche Veränderungen klug sind und welche nur dazu dienen, die Taschen von Halsabschneidern zu füllen.«
    Rosanna fiel in ihr vertrauliches Lachen ein. Bin ich eigentlich wahnsinnig geworden?, fragte sie sich gleichzeitig. Dann schenkte sie frischen Tee nach und umklammerte ihre Tasse, als wolle sie nicht nur Wärme, sondern auch Mut daraus ziehen.
    Â»Wissen Sie, mein Problem ist, dass … gewisse Umstände mich bisher stets daran gehindert haben, mich bei der Konkurrenz umzuschauen.«
    Rosanna zwang sich zu einem beiläufigen Ton, war sich jedoch nicht sicher, ob dieser ihr gelang.
    Â»Ich kenne eher kleinere Gasthäuser, damit kann ich den Moritzhof eigentlich nicht vergleichen«, fuhr sie fort und dachte dabei an den »Fuchsen« und das »Goldene Pendel« vom Engländer. Ihr Magen rutschte eine Etage tiefer. Gewiss hielt die Gräfin sie nun für eingebildet.
    Doch Ludmilla Gräfin von Z. führte genießerisch ihre Tasse zum Mund und nickte dabei heftig. »Schau stets nach oben, nie nach unten! Das hat schon meine Mutter immer gesagt. Und gerade heutzutage, wo der Schwarzwald als Reiseziel doch enorm en vogue ist und dank der neuen Eisenbahnlinien so überaus gut erreichbar! Vom nächstgelegenen Bahnhof ist es mit der Kutsche ja nur noch ein Katzensprung hier herauf. Da sollten Sie sich schon überlegen, etwas wirklich Außergewöhnliches aus Ihrem Hotel zu machen. Die Konkurrenz ist groß, verstehen Sie? Obwohl – gerade in dieser südlichen Gegend des Schwarzwaldes scheint der Tourismus noch ziemlich in den Kinderschuhen zu stecken …«
    Rosanna nickte zaghaft und schluckte. Dann wagte sie zu sagen: »Gnädige Frau – Sie sind doch bestimmt schon viel in der Welt herumgekommen. Haben in den verschiedensten Häusern übernachtet. In Kurbädern, in Hotels. Was würden Sie denn für den Hof, äh, ich meine, für mein … Hotel … vorschlagen?« Unwillkürlich hielt sie die Luft an.
    Â»Nun ja, und wenn ich dann im Hochsommer nach Biarritz fahre – das ist ein Badeort an der französischen Küste, müssen Sie wissen –, gibt es dort naturgemäß wieder ganz andere Zeitvertreibe.« Ludmilla Gräfin von Z. kicherte. »Der größte Unterschied zu deutschen Bädern ist wohl der, dass die Rocksäume im Süden noch ein Stückchen weiter nach oben rutschen. Ach, diese südliche Leichtigkeit!« Sie war inzwischen voll und ganz in ihrem Element.
    Rosanna hörte nur noch mit halbem Ohr ihren Schwärmereien über Strandpromenaden, Segelausflüge und Langustenessen zu. Die Teekanne war längst leer, inzwischen dürstete es sie nach etwas anderem. Aber sie wollte die kostbare Zeit, die ihr blieb, bis die Gräfin wieder Sehnsucht nach ihrem Geliebten bekam, nicht mit Kaffeekochen verschwenden. Dazu brannten ihr noch viel zu viele Fragen auf den Lippen, für die sie jedoch nicht einmal die richtigen Worte fand. Ihr schwirrte der Kopfvor lauter bunten, fremden, aufregenden Bildern. Keines dieser Bilder überlebte lange, und wie die bunten Schnipsel in einem Kaleidoskop setzten sie sich immer wieder zu neuen Bildern zusammen: elegant gekleidete Damen mit Sonnenschirm beim Spaziergang, Gäste an großen Tischen, auf denen verschiedene Gesellschaftsspiele ausgebreitet waren, Herren in schwarzen Fräcken und mit schönen Damen am Arm, die sich auf langen Stuhlreihen einen Platz suchten, um einer Freiluftserenade zu lauschen. Springbrunnen, deren Wasserspiele an heißen Tagen Auge und Seele des Gastes erfreuten. Zauberer, Hypnosekünstler, Sänger, die in kleinen Salons vor einem erlauchten Kreis auftraten. So

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