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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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wirklich ein Schatz!«
    Lächelnd bot Rosanna ihrem Gast einen weiteren Keks an.
    Claudine hatte schon Recht gehabt: Ludmilla war ein faszinierendes Wesen. Wählerisch zwar, aber gleichzeitig auch verschwenderisch in ihrem Lob, wenn sie zufrieden war. So hatte ihr beispielsweise das Zimmer, das Rosanna für sie bestimmt hatte, nicht behagt, weil es zum Wald hinaus lag und etwas schattig war. Es erinnere sie zu sehr an zu Hause, murmelte sie. In einer eiligen Aktion hatte Rosanna daraufhin ein Schlafzimmer nach vorn hinaus hergerichtet. In der Mitte prangte ein Himmelbett, dessen Gestänge Rosanna vor längerer Zeit mit einem grün-weiß gestreiften Stoff bezogen hatte. Aus demselben Stoff hatte sie Vorhänge genäht und außerdem ein paar Kissen für die Fensterbank, auf der man gemütlich sitzen und ins Tal hinabschauen konnte. Das frische Grün des Stoffes erinnerte an eine Frühlingswiese. Bis zu diesem Tag hatte noch niemand in dem Zimmer übernachtet.
    Â»Andere Weiber putzen die Puppenküche oder den Kaufladen für ihre Kinder heraus, für dich ist der ganze Moritzhof eine Puppenstube«, hatte Karl immer wieder geschmunzelt, wenn sie mit ellenlangen Stoffbahnen für einen Vorhang oder für Tischdecken an der Nähmaschine gesessen hatte. Wie hätte Rosanna ihm erklären können, was es für sie bedeutete, so ein schönes Zuhause zu haben? Da Karl es ihr nicht verbot, hatte sie nach und nach Zimmer für Zimmer hergerichtet.
    Die Gräfin war von dem grünen Himmelbett begeistert gewesen. Hatte von »pittoresker Ländlichkeit« gesprochen und sich sofort auf der Fensterbank niedergelassen. Der Diamantenhändler war dagegen von Anfang an mit seinem Zimmer zufrieden. Ihm hatte Rosanna Karls Schlafzimmer gegeben.
    Â»Also, vielleicht halten Sie mich für ein wenig forsch, Frau Rosanna, wenn ich Sie das einfach frage … Und natürlichmüssen Sie nicht antworten …« Mit gespreiztem kleinem Finger stellte Ludmilla jetzt ihre Teetasse ab. Ihre Augen ruhten erwartungsvoll auf Rosanna.
    Â»Entschuldigung, ich … Was sagten Sie gerade?« Erschrocken riss sich Rosanna aus ihren Gedanken. Wie unhöflich von ihr, ihrem Gast nicht zuzuhören!
    Â»Ich habe Sie gefragt, womit sich Ihre anderen Gäste sonst die Zeit vertreiben. Ich meine, für ein Hotel in dieser Abgeschiedenheit gibt es doch recht wenig Möglichkeiten zu einem kurzweiligen Zeitvertreib. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, wir finden alles ganz wundervoll hier oben, aber es gibt ja nicht einmal einen Billardtisch für die Herren …« In gespielter Verzweiflung hob Ludmilla ihre fein gezupften Brauen.
    Â»Die … anderen Gäste?«, wiederholte Rosanna unsicher.
    Welche anderen Gäste? Und was war um Himmels willen ein Billardtisch? Eine Art Spiegelkommode für Männer vielleicht? Wo sie sich rasieren konnten?
    Â»Nun ja, es wird ja nicht immer so leer bei Ihnen sein!« Die Gräfin machte eine unbestimmte Handbewegung in Richtung Eingang. »Vermutlich rennen die Sommerfrischler Ihnen doch in ein paar Wochen das Haus ein. Und dann gibt es neuerdings ja auch viele Städter, die nur übers Wochenende aufs Land fahren.«
    Rosanna runzelte die Stirn. »Jaja, aber eigentlich ist der Moritzhof gar kein Hotel …«
    Â»Kein Hotel? Aber ich dachte … Also, Claudine Berlot sagte doch, Sie hätten oft Gäste hier oben. Sehr anspruchsvolle Gäste. Und dass Sie extra wegen uns auf eine weitere Belegung Ihres Hauses verzichtet hätten. Wobei wir Ihnen für diese Exklusivität natürlich äußerst dankbar sind.« Ludmilla wirkte irritiert.
    Rosanna schluckte. Was um alles in der Welt hatte Claudine der Gräfin erzählt? Das wird sie mir büßen, dachte sie wütend. Ich schüttele sie so lange, bis sie keinen Pieps mehr herausbringt!
    Â»Besucher gibt es hier oben schon«, antwortete sie gedehnt. »Aber seit dem Tod meines Mannes haben wir nur noch seltenÜbernachtungsgäste. Im Grunde genommen …«, sind Sie die Ersten hier , lag es ihr auf der Zunge zu sagen. Doch etwas hinderte sie daran.
    Â»Im Grunde genommen ist der Moritzhof sozusagen noch ein … Hotel … im Entstehen«, fuhr sie stattdessen fort. Was rede ich da bloß für einen Unsinn?, fragte sie sich sogleich im Stillen. Und doch fügte sie hinzu: »Mir schweben einige

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