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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Alle tot. Hier würde außer Vaters Kartoffeln so schnell nichts mehr wachsen.
    Kurz darauf schweiften ihre Gedanken abermals zu Rosanna ab.
    Als es geheißen hatte, Rosanna solle den Männern beim Umbau helfen, hatte ihr Vater Handlangerdienste im Sinn gehabt.
    Er und Zacharias schauten dann ganz schön dumm drein, als sie wie ein Mann beim Balkenschleppen anpackte! Diese Art von Arbeit sei nichts Ungewohntes für sie, sagte sie nur, und dass sie in der Köhlerei von früh bis spät hatte Holz schleppen müssen. Simones Vater ließ sich daraufhin nicht lumpen: Von diesem Tage an hatte Rosanna wie die Männer jeweils ein Extrastück Brot und Speck auf den Teller bekommen. Keiner bemerkte, dass sie von dieser zusätzlichen Ration jedes Mal die Hälfte in ihrer Rocktasche verschwinden ließ und später Simone zusteckte.
    Der Gedanke an ein Stück Speck ließ ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen. Die anderen saßen um diese Zeit bei Bratkartoffeln mit Wurst am Tisch, und sie hatte von der Mutter nur einen Krug mit Dickmilch und einen Kanten Brot mitbekommen. Simone beschloss, dass es an der Zeit war, ihre magere Brotzeit einzunehmen, und setzte sich.
    Der Boden war noch kühl. Den Milchkrug zwischen die Schenkel geklemmt, damit er nicht umfiel, kaute sie auf einem Stück trockenen Brot herum.
    Zuerst hatte sie Rosannas Almosen nicht annehmen wollen. Doch Rosanna hatte geschimpft: »Du isst wie ein Spatz! Wie soll da je etwas aus dir werden?« Sie war erst zufrieden, als Simone das ganze Brot hinuntergeschluckt hatte.
    Du isst wie ein Spatz …
    Der letzte Schluck Dickmilch stieß Simone sauer auf. Es stimmte: Wie sollte etwas aus ihr werden, wenn die Mutter ihr stets nur die Hälfte dessen auf den Teller gab, was die anderen bekamen? Wahrscheinlich hoffte sie auf diese Weise zu beenden, was ihr während der Schwangerschaft nicht gelungen war! Simone biss so fest auf ihre Lippen, dass sie Blut auf der Zunge spürte.
    Auf solch einen Gedanken würde Rosanna nie kommen. Sie glaubte tatsächlich, alle Menschen seien so gut wie sie.
    Dabei dachten alle nur an sich! Und Kathi war die Schlimmste. Erst heute Morgen hatte sie Rosanna wieder zur Seitegenommen. »Würdest du heute Mittag für mich die paar Reihen Rüben hacken? Dann könnte ich kurz den Gerhard besuchen gehen. Bitte! Und nichts der Mutter verraten!« Butter machen, die Ziegen melken, den Stall ausmisten – ständig schob sie Arbeit auf Rosanna ab. Und die sagte zu allem Ja und Amen. Als Simone sie einmal darauf angesprochen und gefragt hatte, warum sie sich so ausnutzen ließ, hatte sie nur abgewinkt. Katharina sei halt verliebt.
    Mutter würde Zeter und Mordio schreien, wenn sie wüsste, dass sich Kathi und Gerhard hinter ihrem Rücken trafen! Verliebt, pah! Irgendwann fiel ihr schon eine Möglichkeit ein, Kathi bei der Mutter zu verpfeifen, ohne dass herauskam, von wem der Wink stammte …
    Und dann Zacharias, der sich ständig vor Rosanna aufspielte, als ob ihm schon jetzt alles gehören würde. Wann immer Rosanna ein paar Minuten Luft zum Verschnaufen hatte, nahm er sie in Beschlag und schwatzte ihr die Ohren voll, was er später mit der Wirtschaft alles anstellen wollte. Und Rosanna sah ihn mit ihren blauen Augen an, als ob er von einem Hotel in der Großstadt reden würde!
    Anton, von dem immer alle Welt annahm, er könne keiner Fliege etwas zuleide tun, war auch keinen Deut besser. Simone musste nur an sein dickes, träges Gesicht denken, und schon kam ihr die Galle hoch!
    Erst gestern hatte sie sich wieder einmal hinter der Wurstküche unsichtbar gemacht. Mit dem Ohr an der Wand hatte sie ihn reden hören: Er sei ja so froh, später einmal bei Zacharias als Knecht arbeiten zu dürfen, hatte Anton Rosanna beim Bratwurstfüllen erzählt. »Der Zacharias hat gesagt, ich dürfe mir dann auch ein Weib zum Heiraten suchen. Wenn das mit den Fremdenzimmern erst einmal richtig anläuft, könne er ein Paar Hände mehr gut gebrauchen.« Dann hatte er Rosanna mit seiner brätverschmierten Hand auf die Schulter geklopft und gesagt: »Dich wird der Zacharias bestimmt auch einmal übernehmen!«
    Rosanna hatte gelacht und dann gesagt, es sei viel wichtiger, dass Zacharias seine Schwester bei sich behielte. »So eine fleißige Seele wie eure Simone bekommt er nur einmal, da kannst du sicher sein!«, hatte sie noch

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