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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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hatte.
    Â»So, jetzt stärken Sie sich erst einmal, und ich hole den Herrn des Hauses!« Rosanna machte einen kleinen Knicks, verließ das Zimmer jedoch erst, als sie sah, dass der Zollbeamte den ersten Bissen Schinken nahm. Das Brot ignorierte er.
    Mit wehendem Rock rannte sie auf die Scheune zu, öffnete das Tor nur einen Spaltbreit und zwängte sich hindurch. Sie erschrak, als sie im Halbdunkel keine zwei Handbreit von sich entfernt Moritz’ Gesicht erkannte. Er musste am Scheunentor Wache gestanden haben.
    Â»Ein Zollbeamter! Er sitzt in der Küche und isst Ihren Schinken! Ich hab gesagt, Sie seien krank«, flüsterte Rosanna atemlos. Aus dem Augenwinkel heraus beobachtete sie, wie zwei Männer Fässer hinter Strohballen verstauten und ein dritter ein Destilliergerät in einer Luke im Boden versenkte. Als sie sah, in welch großem Stil die Männer hier tätig waren, wurde ihr erneut ganz flau im Magen.
    Rosanna öffnete den Mund und wollte von dem Gespräch mit dem Akziser berichten, doch Karl Moritz brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen. Er fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar, bis wirre Strähnen über seine Stirn fielen. Wie ein halb verhungerter Straßenköter sieht er aus, ging es Rosanna bei seinem Anblick durch den Sinn. Dann stützte er sich ohne eine weitere Erklärung auf ihren Arm und deutete ihr an, mit ihm in Richtung Haus zu gehen.
    Der Rückweg brauchte seine Zeit: Humpelnd und vor sich hin jammernd schleppte sich Moritz über den Hof. Gemäß Rosannas Lüge mimte er den Alten und Kranken. Und damit nicht genug, brabbelte er außerdem unverständlich vor sich hin, als wäre er nicht mehr Herr seiner Sinne.
    Rosanna grinste in sich hinein. Ein listiger Alter! Aber diesesSpiel konnten auch zwei spielen! Sie hatte seine barschen Worte zur Begrüßung noch nicht vergessen und frohlockte geradezu bei dem Gedanken, es Karl Moritz zumindest ein wenig heimzahlen zu können.
    Sobald die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war, sagte sie laut und in tadelndem Tonfall: »Wie oft habe ich Ihnen schon gesagt, dass Sie nicht allein nach draußen gehen sollen, Herr Moritz?«
    Sie spürte, wie sein Griff um ihren Arm fester wurde. Mit einem schadenfrohen Schmunzeln zerrte Rosanna ihn in die Küche, wo sich der Zollbeamte gerade ein weiteres Stück Schinken einverleibte. Beim Anblick des ungleichen Paares ließ er das Messer sinken. Seine schmalen Augenbrauen zogen sich missmutig zusammen, als ahnte er in diesem Moment, dass er den mühsamen Weg den Berg hinauf vergebens zurückgelegt hatte.
    Rosanna hatte inzwischen Gefallen an der Posse gefunden. Eifrig zeigte sie auf den Besucher.
    Â»Schauen Sie, Herr Moritz, das ist nun der Herr Zollbeamte … o je, jetzt hab ich seinen Namen vergessen!« Sie kicherte verlegen. »Und das ist der Herr Moritz. Er hatte sich draußen verlaufen. Hat eben schon ein stattliches Alter auf dem Buckel, nicht wahr? Was für ein Glück, dass ich nach ihm geschaut habe! Ohne Hilfe kommt er gar nicht mehr zurecht, nicht wahr, Herr Moritz?« Rosannas Lächeln war zuckersüß.

Als Moritz den Zollbeamten später allein und mit schlurfendem Schritt durch Haus und Hof führte, war die Luft rein – und das im wortwörtlichen Sinne. Der Mann mit dem gezwirbelten Bart musste zähneknirschend eingestehen, dass sich »das Vögelchen, das mir gezwitschert hat, hier oben würde schwarzer Schnaps gebrannt«, leider getäuscht haben musste. Ha! Wie mürrisch er sich mit seiner Aktentasche trollte! Aber zuvor hatte er noch den ganzen Schinken aufgefressen.
    Als der Mann weg war, wollte Moritz, dass ich mit ihm esse, obwohl ich eigentlich noch die gute Stube putzen wollte. Während er die Suppe löffelte, sprach er fast nur von seiner Turbine und dass er vorhabe, auch in den anderen Zimmern Strom zu verlegen. Über den Vorfall mit dem Akziser verlor er kein Wort mehr, und auch ich sprach nicht darüber.
    Â»Bis nächste Woche!«, verabschiedete er mich, als ich mich schließlich wieder auf den Weg ins Dorf machen wollte.
    Â»Wieso nächste Woche? Da kommt doch die Kathi wieder zu Ihnen«, antwortete ich erstaunt. Aber er lachte nur.
    Â»Die kommt so schnell nicht wieder. Oder glaubst du, die kotzt sich umsonst morgens die Seele aus dem Leib? Das gnädige Fräulein wird sich noch umgucken. Nun wird ihr faules

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