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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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hatten, zu verarbeiten.
    Der alte Moritz ein Schwarzbrenner – das würde so manches erklären, dachte ich. Die Tatsache, dass er nie in Geldnot war, zum Beispiel. Oder dass er nicht ins Dorf einkaufen kam – gegen Schwarzgebrannten konnte man schließlich so ziemlich alles eintauschen. Die Frage war nur: Wer fand den Weg hierherauf, um Tauschgeschäfte zu machen? Ich erinnerte mich an Simones Bemerkung, dass es vom Moritzhof aus nicht mehr weit in die Schweiz und nach Frankreich sei. Das mochte des Rätsels Lösung sein …
    Plötzlich fand ich den Gedanken, dass die ahnungslose Familie unten im Dorf glaubte, der versponnene Alte würde nichts anderes tun, als irgendwelche Maschinen zu konstruieren, derart komisch, dass ich unwillkürlich kichern musste. Doch im nächsten Moment war mir schon wieder ziemlich mulmig zumute: Karl Moritz würde sicher alles andere als erfreut sein, dass ich ausgerechnet dann bei ihm auftauchte, wenn er mit Schwarzbrennen beschäftigt war …
    Natürlich war niemand im Haus, da konnte ich noch so lange an die Tür klopfen. Einfach eintreten wollte ich nicht, also rief ich laut seinen Namen. Einmal, zweimal, dreimal.
    Als Karl schließlich um die Ecke gebogen kam, erschrak ich: Seine langen, weißen Haare wehten wie eine Fahne hinter ihm her, der Schnee ächzte unter seinen wütenden Schritten, und sein Gesicht war von der Hitze des Brennofens feuerrot. Das war kein alter, vom Husten geplagter Mann, sondern eher ein wild gewordener Stier …
    Â»Soso, Kathi ist krank. Und da fällt meiner Tochter nichts anderes ein, als mir die Magd zu schicken? Kann sie nicht einmal selbst kommen?«
    Rosanna schluckte. Sie hatte damit gerechnet, dass der Empfang nicht freundlich werden würde. Doch dass der Alte vor ihr auf und ab hüpfte wie Rumpelstilzchen …
    Â»Ich will keine Fremde im Haus! Geh!«
    Â»Aber die Wirtin hat gesagt, ich soll …« Rosanna spürte, dass ihre Zehen in den zu engen Schuhen langsam steif wurden. Sie trat von einem Bein aufs andere.
    Â»Ich will nichts hören! Geh!« Mit fuchtelnden Armen wollte Karl sie wie einen Schwarm Krähen davonscheuchen. »Und sag meiner Tochter, dass ich hier oben nur mittwochs jemanden sehen will! Es reicht schon, wenn ich an diesem Tag keine Ruhe hab! Mich bei meiner Arbeit zu stören …«, brummte er noch, schon zum Gehen gewandt.
    Wie erstarrt stand Rosanna da. So ein böser alter Mann! Bevor sie noch einen klaren Gedanken fassen konnte, rannte sie hinter Karl Moritz her und stellte sich ihm in den Weg.
    Â»Nicht nur Sie haben Arbeit zu erledigen – das gilt auch für mich! Wegen Ihnen hab ich alles andere stehen und liegen lassen. Und wenn ich jetzt unverrichteter Dinge nach Rombach zurückkehre, dann bekomme ich Ärger! Und darauf habe ich verflixt noch mal keine Lust!« Vor lauter Aufregung vergaß sie Luft zu holen, sodass sie sich am Ende des Satzes verschluckte.
    Angesichts dieses Ausbruchs schien es Karl Moritz dieSprache verschlagen zu haben. Einen Moment lang standen sie sich wie zwei Kontrahenten in einem Duell gegenüber. Von irgendwoher war ein leises Lachen zu hören – wahrscheinlich einer der Schwarzbrenner.
    Und wenn schon, Rosanna war es inzwischen gleichgültig. Hatte Frau Breuer nicht gesagt, sie solle sich nicht einschüchtern lassen? Beide Arme in die Seiten gestemmt, zwang sie sich, dem alten Mann direkt in die Augen zu schauen.
    Â»Sie lassen mich meine Arbeit tun – und ich störe Sie nicht bei Ihrer! Wenn mein Vater allerdings früher zu arbeiten hatte«, fuhr sie mit einem ironischen Unterton fort und deutete dabei mit dem Kinn in die Richtung, von wo erneut eine leichte Maische-Brise zu ihnen herüberwehte, »dann hielt er Fenster und Türen immer fest verschlossen. Für alle Fälle.« Sie rümpfte die Nase. »Und jetzt wäre es mir lieb, wenn Sie mir zeigen würden, was im Haus zu machen ist!«
    Rosanna verstummte zufrieden. Sie ließ sich nicht mehr Bange machen, von nichts und niemandem! Hatte sie sich nicht genau das geschworen, als sie der Köhlerei für immer den Rücken kehrte? Abrupt wandte sie sich um, ließ den vom Donner gerührten Alten stehen und steuerte auf die Haustür zu.
    Einen Moment später erwachte Moritz aus seiner Erstarrung. Sprachlos ging er an ihr vorbei ins Haus und winkte sie in die

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