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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Topf mit den Kartoffeln, die sie mitgebracht hatte, aufzusetzen. Weiterputzen konnte sie auch später noch, und gegen eine Suppe hatte Karl Moritz sicher nichts einzuwenden.
    Das Kartoffelwasser begann gerade sich milchig einzutrüben, als es laut an der Haustür klopfte. Rosanna schrak zusammen.
    Â»Aufmachen bitte!«, forderte eine laute Männerstimme.
    Rosanna zog den Topf zur Seite und wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab. Auf Zehenspitzen ging sie in Richtung Tür. Wo war nur Karl Moritz?
    Wenn die Tür jetzt aus Glas wäre, könnte ich sehen, wer draußen steht, schoss es ihr durch den Kopf. Vielleicht ging der Besucher ja wieder, wenn sie sich nicht rührte. Doch schon im nächsten Moment hämmerte er erneut gegen die Tür. »Ja wird’s bald?«
    Â»Wer ist denn da?«, fragte Rosanna zögerlich.
    Â»Zollinspektion, Gerold Richter ist mein Name!« Wieder schlug er gegen die Tür.
    Zollinspektion? Der Akziser! Der Mann, der im ganzen Amt von Hof zu Hof ging und Steuern eintrieb. Im »Fuchsen« war er auch schon gewesen, kurz nach Martini. Nun war er hier. Und Moritz brannte seelenruhig Schnaps in seiner Scheune! Rosanna wurde es heiß und kalt zugleich.
    Sie riss die Tür auf. Vor ihr stand der Mann, der ihr am Morgen am Ortsausgang entgegengekommen war. Er trug immer noch seine Aktentasche unterm Arm und eine säuerliche Miene zur Schau. Noch schwerer schien er jedoch an der Wichtigkeit seines Amtes zu tragen. Wie blasiert er dreinblickte!
    Rosanna schluckte. Dann trat sie ins Freie.
    Â»Ich habe Ihren Namen nicht verstanden«, schrie sie. »Wer sind Sie?«
    Der Mann schnaubte ungeduldig und wiederholte dann Rang und Namen. Er fragte nach Karl Moritz.
    Â»Und was will ein Zollbeamter hier oben?«, brüllte Rosanna noch lauter, wobei sie das Wort Zollbeamter ausdrücklich betonte. Ha, es wäre doch gelacht, wenn es ihr nicht gelänge, den alten Moritz wenigstens vorzuwarnen!
    Â»Das sag ich dem Herrn Moritz schon selbst«, antwortete der Mann unwirsch. »Wo ist er eigentlich?«
    Â»Der Herr Moritz ist ein alter Mann. Ich bin die Magd und mache ihm den Haushalt.«
    Â»Was schreist du denn so? Glaubst du, ich bin taub?« Er bedachte Rosanna mit einem verächtlichen Blick.
    Rosanna gab sich so einfältig wie möglich und dachte gleichzeitig scharf nach. Wie konnte sie nur verhindern, dass dieser wichtigtuerische Kerl mit seiner Aktenmappe auf dem Hof herumschnüffelte?
    Â»Das ist der Nebel!«, rief sie, ohne ihre Stimme zu senken. »Im Nebel versteh ich nichts.« Hoffentlich hört der alte Moritz mich, betete sie im Stillen. »Vielleicht ist es das Beste, wenn Sie erst einmal ins Warme kommen! Der Herr Akziser hat doch sicher schon einen langen Marsch hinter sich und ist halb erfroren.« Es hätte nicht viel gefehlt, und sie hätte den Mann am Ärmel ins Haus gezogen. Doch er folgte ihr freiwillig. Neugierig schaute er sich um, wobei sein Blick auf die unzähligen Großuhren fiel, die jeden Zentimeter an der Wand beanspruchten. Als wollten sie ebenfalls gegen den Besuch des Eindringlings protestieren, begannen zwei davon zu schlagen.
    Â»Der Herr Moritz ist krank«, hörte sich Rosanna sagen, als sie in der Küche angelangt waren. Mit einem unguten Gefühl im Bauch fantasierte sie weiter. »Er … er liegt in seinem Bett. Aber vielleicht ist er auch gerade nach draußen, seine Notdurft verrichten. Dazu will er nämlich nicht den Nachttopf nehmen, wissen Sie. Der Herr Moritz ist sehr eigen in dieser Bezieh…«
    Â»Jaja«, winkte der Mann ungehalten ab. »Soll ich ihn selbst vom Abort holen, oder wärst du so gnädig, das zu tun?« Mit spitzen Fingern öffnete er seine Aktentasche und begann, auf dem Tisch, den Rosanna gerade erst leer geräumt hatte, Unterlagen auszubreiten.
    Â»Gut, ich hole ihn. Aber Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich Ihnen zuerst eine Vesper hinstelle.« Hastig nahm sie Brot, Schinken und Würste aus dem Rucksack. Bevor der Akziser zu einer Erwiderung ansetzen konnte, hatte Rosanna ihm ein Holzbrett hingestellt und einen Streifen vom Schinkenabgeschnitten. Sie säbelte noch eine Scheibe Brot ab und stellte den Batzen Butter dazu, den sie zuvor auf dem Fensterbrett entdeckt hatte. Der Schinkenduft vermischte sich nicht unangenehm mit dem Salmiakgeruch des Scheuersalzes, das sie für die Spüle verwendet

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