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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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ganzen Dorfplatz waren Tische und Bänke aufgestellt worden – und dann der Maibaum! So etwas hab ich noch nicht gesehen. Diese schönen gelben und blauen Bänder, die von der prächtigen Krone herab im Wind flatterten …« Unwillkürlich wanderte ihre Hand erneut zu dem Band, das ihren Zopf zusammenhielt.
    Als sie den Küchenschrank öffnete, um die mitgebrachten Lebensmittel zu verstauen, erkannte sie mit Genugtuung, dass dort keine Mehlkäfer mehr unterwegs waren. Es hatte Wochen gedauert, bis sie die Plagegeister schließlich ausgemerzt hatte! Kathi war wirklich faul wie ein wurmstichiger Apfel gewesen.
    Â»Rosanna!« Karl Moritz klopfte mit seiner Pfeife auf den Tisch. »Ich hab gefragt, ob der ›Fuchsen‹ an diesem Tag auch geöffnet hatte!«
    Rosanna zuckte zusammen. »Nein, das hätte ja keinen Sinn gemacht, wo doch das Bier direkt am Dorfplatz ausgeschenkt wurde. Zacharias und Anton sind dabei ganz schön ins Schwitzen gekommen. Und zu essen hat es dort auch etwas gegeben, aber darum haben sich die Frauen vom Trachtenverein gekümmert. Und ich glaube, die Mitglieder der Blaskapelle waren ebenfalls beteiligt. Ehrlich gesagt, ich war froh, an diesem Tag ausnahmsweise einmal nicht rennen zu müssen.«
    Â»Verdient hast du’s!« Karl machte ein geringschätziges Gesicht. »Dass Rombach auch ohne den ›Fuchsen‹ ein Festzustande bekommt, wird meinem Schwiegersohn auf seinem Sofa sauer aufgestoßen haben. Wo Geld doch das Einzige ist, was Franziska und ihn interessiert! Aber dass von mir nichts zu holen ist, haben sie endlich kapiert«, fügte er noch brummend hinzu.
    Stirnrunzelnd schaute Rosanna vom Spülstein zu ihm hinüber. Hier oben wetterte Moritz gegen die Breuers, und unten im Dorf äußerte sich Franziska gleichfalls nicht gerade freundlich über den alten Mann. Trotzdem wagte Rosanna nicht, nach dem Grund für diese gegenseitige Ablehnung zu fragen.
    Als hätte Moritz ihre Gedanken gelesen, begann er erneut: »Kannst du dir vorstellen, dass die tatsächlich von mir verlangt haben, ich solle meinen Hof verkaufen? Den Hof, auf dem Franziska geboren wurde? Den Hof, den meine Eltern mir vermacht haben, auf dass ich ihn hege und pflege?« Er lachte bitter. »Wenn’s nach meiner Tochter gegangen wäre, säße ich heute wie die beiden alten Breuers unten im ›Fuchsen‹ in einer kleinen Kammer. Mein Hof wäre weg, und sie hätte genug Geld für ihr Hotel!«
    Rosanna war es ein wenig unangenehm, dass Karl Moritz plötzlich so vertraulich mit ihr sprach. Doch dann siegte ihre Neugier.
    Â»Ein Hotel? Was für ein Hotel?«, fragte sie nach.
    Â»Na, der Umbau der Fremdenzimmer! Das wollten die doch im ganz großen Stil machen! Ein richtiges Hotel eben. Jetzt sind es halt nur vier oder fünf Fremdenzimmer geworden – was kümmert es mich! Ein Hotel in Rombach … Damit noch mehr verrückte Stadtmenschen hierher kommen. So eine Schnapsidee! Aber was will man von denen da unten anderes erwarten.« Moritz winkte ab. Das Thema war damit für ihn erledigt.
    Während er in einer Zeitung blätterte, begann Rosanna den Boden zu schrubben.
    Das war also der Grund für die Feindseligkeit zwischen Vater und Tochter. Rosanna nahm sich vor, bei Gelegenheit Simoneüber dieses Thema auszufragen. Oder wusste die womöglich gar nichts davon? Kräftig wrang Rosanna den Putzlappen aus. Was Zacharias wohl zu der Idee mit dem Hotel gesagt hatte? Bestimmt hatte sie ihm gut gefallen.
    Es dauerte nicht lange, dann wanderten ihre Gedanken erneut zurück zu dem Fest am ersten Mai.
    Wie gut Zacharias in seiner Tracht ausgesehen hatte! Der Hut saß verwegen auf seinem dichten, wuscheligen Haar, das rote Tuch hatte Zacharias gekonnt in den Ausschnitt seines Hemdes gesteckt …
    Im Gegensatz zu ihm war sich Rosanna in ihrem alten, an manchen Stellen bereits dünn gewordenen Kleid ärmlich vorgekommen. Wenn sie wenigstens eine schöne Schürze gehabt hätte! Ihre jedoch bestand aus einem löchrigen, alten Stoff und war ursprünglich eine von Gustavs Hosen gewesen. Und dennoch hatte sie noch nie ein so wunderbares Fest erlebt!
    Es war Rosannas erster freier Tag seit langer Zeit gewesen. Am Morgen hatte die Wirtin ihr fünfzig Pfennige in die Hand gedrückt, damit sie sich etwas zum Essen kaufen konnte. Sie hatte Rosanna beschworen, das Geld

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