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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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auch wirklich auszugeben. »Es soll niemand sagen, dass es unserer Magd an etwas fehlt!«
    Da Gustav mit seinem gebrochenen Bein noch immer ans Haus gefesselt war, hatte sich Franziska später allein auf den Dorfplatz begeben. Dort war sie mit den Jugels, deren Brauerei dem »Fuchsen« das Bier lieferte, verabredet gewesen. Stolz hatte Franziska ihre Geschäftspartner aus Schwend samt deren Tochter direkt an den Tisch des Bürgermeisters geführt, von wo aus sie die beste Sicht auf die Tanzfläche hatten.
    Simone war von ihrer Mutter wieder einmal »vergessen« worden. Jedenfalls ging Franziska aus dem Haus, ohne Simone zum Mitkommen aufzufordern oder ihr wenigstens ein paar Groschen zu geben, damit sie sich ebenfalls ein wenig amüsieren konnte.
    Vielleicht hatte die Wirtin aber auch angenommen, dass ihre jüngste Tochter nach dem Schrecken am Morgen sowieso zuHause bleiben würde. Als Simone nämlich die Fensterläden ihrer Kammer aufklappte, fand sie einen Schandmaien aus Schwarzdorn vor, der fein säuberlich am Fensterbrett befestigt war – das Zeichen für das unbeliebteste Mädchen im Dorf. Heulend lief sie daraufhin zu Rosanna, die das Gesteck ohne viel Federlesens wegriss.
    Â»Als Kathi so alt war wie ich, bekam sie zum ersten Mal von einem Verehrer ein schönes Maibüschel an ihr Kammerfenster gesteckt – und ich bekomme so was!«, sagte Simone schluchzend. Die Scham über den Spott der jungen Leute aus dem Dorf hatte ihr Gesicht schmerzvoll verzerrt, sodass sie noch abstoßender aussah als sonst.
    Â»Womöglich hat der Bursche mich gemeint und sich lediglich im Fenster geirrt!« Mit diesem Scherz versuchte Rosanna ihre eigene Betroffenheit zu überspielen. Schlagartig wurde ihr klar, dass Simone nicht mehr das Kind war, das sie in ihr sah. Sie war ein junges Mädchen, das seit einem Jahr seine Blutung hatte, in dessen Gesicht die Pickel sprossen wie Pilze nach einer feuchten Herbstnacht.
    Â»Das glaubst du doch selbst nicht! Wer wird denn die ganze Zeit gehänselt? Wem rufen sie denn Vogelscheuche und Schreckgespenst und andere Schimpfnamen nach?«, erwiderte Simone wimmernd und blieb auch dann noch untröstlich, als Rosanna ernsthaft wütend wurde, weil sich Simone diesen dummen Scherz derart zu Herzen nahm.
    Es kostete sie viel Mühe, das Mädchen doch noch zum Mitkommen zu überreden. Erst als Rosanna sagte, dass sie auf keinen Fall allein gehen würde und ob Simone ihr wirklich den Spaß verderben wolle, trottete Simone schließlich mit hängendem Kopf und Groll im Herzen hinter Rosanna her. Unter niedergeschlagenen Lidern schwirrte ihr Blick ständig umher, denn hinter jedem Jugendlichen, hinter jedem Kichern vermutete sie denjenigen, der ihre Pein verursacht hatte.
    Zu ihrer Mutter wollte sie sich nicht setzen, also lotste Rosanna sie zu einem der äußeren Tische, wo schon Margret mit ihrenKindern und zwei älteren Witwen saß. Dann kaufte Rosanna von ihrem Geld ein dick mit Kräuterquark bestrichenes Brot und teilte es mit Simone.
    Sie hatte gerade den ersten Bissen genommen, als ihr Blick auf die Tanzfläche fiel, wo sich Zacharias mit der Brauereitochter aus Schwend ausgelassen im Kreis drehte. Der Anblick der beiden ließ das Quarkbrot bitter schmecken. Simone spottete über ihren Bruder und die »gute Partie« von der Brauerei, wodurch Rosannas Unwohlsein noch heftiger wurde.
    Doch dann stand er plötzlich vor ihr.
    Â»Anton muss noch eine Weile mit dem Zapfen allein zurechtkommen. Wenn ich also bitten darf?« Mit einer übertriebenen Verbeugung forderte Zacharias Rosanna zum Tanz auf. Erst sagte sie Nein, aber er lachte nur und zog sie wie ein widerspenstiges Kind auf den grob gezimmerten Bretterboden. Rosanna hatte gerade noch Zeit, einen Klecks Kräuterquark vom Zeigefinger abzuschlecken, bevor sie auch schon von anderen Tanzpaaren umringt waren.
    Â»Ich kann das nicht«, murmelte sie verlegen, als die Kapelle zu einem neuen Lied anhob, doch sobald sie in Zacharias’ Armen lag, wurden die Schritte plötzlich ganz leicht. Noch jetzt spürte Rosanna das Vibrieren des hölzernen Tanzbodens unter ihren Füßen. Sie schloss die Augen. Wie nah Zacharias ihr gewesen war …
    Â»Mädchen, wach auf! Ich rede mit dir!«
    Rosanna rappelte sich aus ihrer Putzhaltung auf. »Ich …«
    Karl Moritz schüttelte den Kopf. »Also, da könnte

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