Antrag nach Mitternacht
als eine Woche, dann musste sie sich entscheiden. Sollte sie in ihrem Haus bleiben und Perkins zwingen, vor Gericht zu gehen, wo er mit seinen Behauptungen und seinen Zeugen einen Skandal auslösen würde? Oder sollte sie ihr Haus aufgeben und in Redfields Zuflucht suchen? Keine von beiden Möglichkeiten erschien ihr annehmbar.
Schließlich war der Tag gekommen, an dem das Fest stattfinden sollte. Es war ein angenehmer Sommerabend, keine Regenwolke trübte den Himmel, sodass damit zu rechnen war, dass alle angekündigten Gäste erscheinen würden. Francesca trug ihr neues Kleid aus blassgrüner Seide, ein silberner Überwurf bedeckte ihre bloßen Arme. Sie begrüßte ihre Gäste mit einem strahlenden Lächeln. Zumindest an diesem Abend wollte sie alle Sorgen vergessen. Schließlich war es ihr einziges Fest, das sie in dieser Saison veranstaltete, und das wollte sie auch genießen.
Wie sich jedoch schnell herausstellte, blieb ihr dafür nur wenig Zeit. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt, Harriet jedem der jungen Männer vorzustellen, die sie eingeladen hatte, und sie mit all den Frauen bekanntzumachen, die ihr den Weg in die Gesellschaft ebnen konnten. Auf eine Einladung ins Almack’s zu hoffen war womöglich etwas vermessen, dennoch ging Francesca davon aus, dass Harriet zu einer Reihe von unterhaltsamen Bällen eingeladen wurde.
Wenn sie sich gerade einmal nicht um Harriet kümmerte, die ihr neues weißes Ballkleid trug und die sich von Francescas Dienstmädchen die Haare hatte hochstecken lassen, musste sie sich ihrer anderen Aufgabe widmen. Sie musste Rochford mit den jungen Frauen zusammenbringen, die sie für ihn ausgewählt hatte.
Sie war froh darüber, dass alle vier Kandidatinnen zu ihrem Fest erschienen waren, und mit viel Geschick gelang es ihr, jede der jungen Frauen im Verlauf des Abends in eine Unterhaltung mit dem Duke zu verwickeln.
Wenn sie anderweitig beschäftigt war, versuchte sie, Rochford im Auge zu behalten. Dabei stellte sie zufrieden fest, dass er sich Mühe gab, eine Weile mit jeder der vier Frauen zu reden.
Einmal beobachtete sie, wie er sich mit Lady Damaris unterhielt und plötzlich von Herzen zu lachen begann, wobei sein Gesicht diesen vertraut strahlenden Ausdruck bekam. Bei diesem Anblick bohrte sich ein heftiger Schmerz durch Francescas Brust, fast hätte sie zu weinen angefangen.
Das war natürlich albern von ihr, denn es war klar, dass es Sinclair gefallen würde, mit Lady Damaris zu reden. Sie war intelligent und gebildet, und sie beherrschte die Kunst der Konversation. Zudem sah sie recht gut aus. Sie war zwar von kleiner, aber doch ansprechend rundlicher Statur, hatte hellbraune Locken und muntere nussfarbene Augen. Nach Francescas Meinung war sie die Person mit den besten Aussichten, um den Segen des Dukes zu erhalten.
Lady Edwina de Winter war mit ihrem schwarzen Haar und den leuchtend grünen Augen die schönste Frau von allen, auch wenn ihre Gesichtszüge ein wenig zu scharf geschnitten waren. Sie kam ihrer Ansicht nach auch noch in die engere Wahl.
Francesca fürchtete, dass sich Lady Mary mit ihrer zurückhaltenden Art als zu schüchtern herausstellen würde. Zum Glück nahm sich Rochford Zeit, um sich mit ihr zu unterhalten, auch wenn es vermutlich einige Mühe kostete, Mary ein paar Worte zu entlocken. Als sie später wieder zu den beiden hinsah, nahm sie staunend zur Kenntnis, dass sie immer noch in ihr Gespräch vertieft waren und Lady Mary mit überraschendem Eifer etwas erzählte.
Unwillkürlich musste sie lächeln. Diese Leistung war allein Rochford zu verdanken, der die Geduld in Person war. Überhaupt verkörperte er alles, was einen wahren Gentleman ausmachte – oder zumindest alles, was einen Gentleman ausmachen sollte. Sie begann sich zu fragen, ob eine der von ihr ausgesuchten Frauen für ihn überhaupt gut genug war.
Aber das war nur eine weitere alberne Überlegung – fast so albern wie der Stich, der ihr zuvor durch ihr Herz gegangen war, als sie ihn mit Damaris Burke gesehen hatte. Natürlich würde er mit jeder dieser Frauen glücklich sein, immerhin hatte Francesca sie sorgfältig ausgewählt. Vollkommen war zwar keine von ihnen, doch eine vollkommene Frau hätte sie ohnehin wohl niemals finden können. Andererseits war der Duke selbst auch nicht perfekt. So konnte er unerträglich starrsinnig sein, und er war über alle Maßen von sich selbst überzeugt. Und nicht zu vergessen seine aufreizend-ironische Art, eine Augenbraue
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