Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
die Straße gehen kann, ohne grundlos überfallen zu werden.«
    Die drei verließen das Gebäude, und Bast trat ihrerseits wieder in die Wirklichkeit zurück und begegnete dem vollkommen fassungslosen Blick ihres Führers, der gerade im richtigen Moment zurückgekommen war, um zu sehen, wie sie wortwörtlich aus dem Nichts heraus erschien. Rasch sorgte sie dafür, dass er die letzten Sekunden schlichtweg vergaß und schenkte ihm das freundlichste Lächeln, das sie im Moment nur zustande brachte.
    »Das ging ja schnell.«
    Der Beamte starrte sie noch eine halbe Sekunde lang verwirrt an, bedeutete ihr dann aber mit einer Geste, ihr zu folgen. »Bitte entschuldigen Sie die Umstände, aber im Moment geht hier alles noch ein wenig drunter und drüber.« Er klang leicht verstört.
    »Weil alles noch neu ist.«
    »Ein neues Gebäude, neue Vorschriften und Regeln … und jeder nimmt alles furchtbar ernst.« Der Mann lächelte flüchtig – und immer noch irgendwie verwirrt, als frage er sich insgeheim, was gerade eigentlich passiert war –, während er sie vorbei an seinen Kollegen und einen langen Flur hinabführte, von dem zahlreiche Türen abzweigten. Die allermeisten Zimmer dahinter waren leer, wie Bast spürte, aber trotzdem brannte in jedem einzelnen Licht. »Aber das gibt sich, wenn hier erst einmal so etwas wie Alltag eingekehrt ist.«
    Da Bast spürte, was er von ihr erwartete, tat sie ihm den Gefallen und sagte: »Ein wirklich beeindruckendes Gebäude. Die Polizeistationen in meiner Heimat sehen ein wenig anders aus.«
    »London ist auch die größte Stadt der Welt«, antwortete ihr Führer stolz. »Und wir sind hier fast für die gesamte Stadt zuständig. Natürlich nicht für die kleinen Ganoven – mit Taschendieben und kleinen Betrügern werden die anderen Reviere schon ganz gut allein fertig –, sondern nur für Kapitalverbrechen, aber London hat leider auch davon mehr als genug.«
    Bast fragte sich amüsiert, was die Belegschaften der anderen Reviere wohl von dieser wenig schmeichelhaften Meinung halten würden. »Wieso nennt man es Scotland Yard?«, fragte sie. »Ich finde, es sieht hier nicht besonders schottisch aus.« Mittlerweile gingen sie eine lange, mit einem dicken Läufer bedeckte Treppe hinauf, die eher in ein königliches Schloss zu gehören schien als in ein Polizeihauptquartier. Auch hier hingen kostbare Gemälde an den Wänden. Die darauf abgebildeten Personen schienen ausnahmslos auf die Besucher hinabzusehen, wodurch sich jeder, der diese Treppe hinaufging, ganz unwillkürlich klein und unbedeutend vorkam, und ganz zweifellos war dieser Effekt auch durchaus beabsichtigt. Bast vermutete sogar, dass diese Bilder zu keinem anderen Zweck gemalt worden waren.
    »Das hier ist New Scotland Yard«, antwortete ihr uniformierter Begleiter. »Bisher lag es am anderen Ende von Whitehall. Great Scotland Yard – der schottische Hof – war vor der Vereinigung von England Residenz der schottischen Könige, wenn sie in London waren, oder ihrer Botschafter. Aber das ist schon über zweihundert Jahre her. Eine lange Zeit. Heute arbeiten wir hier mit den modernsten Methoden der Welt. Wussten Sie, dass Scotland Yard bisher jeden Fall gelöst hat?« Er nickte heftig, obwohl es Bast nicht einmal in den Sinn gekommen war, seine kühne Behauptung zu hinterfragen. »Bisher haben wir noch jedes Verbrechen aufgeklärt.«
    Bast vermutete eher, dass sie für jedes Verbrechen einen Schuldigen gefunden hatten, was ganz und gar nicht dasselbe war, aber der Stolz in seiner Stimme war zu groß, dass sie ihm lieber nicht widersprach. Wahrscheinlich war das bisschen Ruhm, das von diesem Gebäude und seinem Ruf auf ihn abstrahlte das Einzige, was sein tristes Dasein als Wachtposten aufhellte. Sie sagte nichts mehr, während sie eine zweite, von mindestens genauso beeindruckenden Gemälden flankierte Treppe hinauf und dann einen langen Korridor entlanggingen, was ihn allerdings nicht davon abhielt, fröhlich weiterzuplappern und sie mit historischen Details, Daten und Fakten zu überschütten, von denen die Hälfte vermutlich nicht stimmte und die andere Hälfte sie nicht interessierte. Sie war dennoch mehr als erleichtert, als sie endlich eine zweiflügelige Tür mit kunstvoll geschnitzter Füllung erreichten. Ihr Führer klopfte, wartete einen höflichen Augenblick ab und drückte dann die Klinke herunter, ohne dass irgendeine Reaktion erfolgt wäre.
    »Ich warte hier auf Sie, Ma’am«, sagte er.
    Bast bedankte sich mit

Weitere Kostenlose Bücher