Anubis 02 - Horus
besonders gut mit Kindern umgehen können. »Ich komme aus Ägypten. Weißt du, wo das ist?«
»Ziemlich weit weg«, antwortete Cindy misstrauisch. »Warum?«
»Hättest du Lust, mich dorthin zu begleiten?«, fragte Bast.
»Begleiten?«, wiederholte Cindy. »Ich? Warum?«
»Ich kann nicht mehr lange in diesem Land bleiben«, antwortete Bast. »Wahrscheinlich muss ich schon in ein paar Tagen wieder nach Hause fahren. Du könntest mitkommen, wenn du willst. Ich habe ein ziemlich großes Haus in der Nähe von Kairo. Ich kann immer Hilfe gebrauchen.«
»Hilfe … wobei?«
»Was eben in einem großen Haus alles so anfällt«, antwortete Bast schulterzuckend. »Es war nur eine Idee.« Sie lächelte verlegen, ließ sich – wohlweislich in großem Abstand – auf die Bettkante sinken und zuckte mit den Achseln. »Also, um ganz ehrlich zu sein, weiß ich im Moment nicht so genau, was ich mit dir anfangen soll.«
Sie blinzelte Cleopatra zu, und die Katze sprang mit einem leichtfüßigen Satz auf ihren Schoß und begann laut zu schnurren. Cindy zögerte spürbar, aber dann streckte sie die Hand aus und streichelte sie scheu. Cleopatras Schnurren wurde lauter.
»Ich verstehe«, murmelte Cindy. »Du hast mich gekauft, und jetzt bin ich dir lästig. Ich kann gehen, wenn du willst. Ich will dir bestimmt nicht zur Last fallen. Du musst es nur sagen.«
»Netter Versuch«, antwortete Bast. »Aber daraus wird nichts. Du hast völlig recht: Ich habe dich gekauft, und du warst nicht einmal billig.« Zugleich war sie erstaunt, dass sich Cindy an dieses unwichtige Detail erinnerte. Das Mädchen überraschte sie jeden Moment mehr. Nebst etlichem anderen verfügte es ganz offensichtlich über eine ausgezeichnete Beobachtungsgabe.
»Lass mich einfach gehen, und wir sind quitt«, fuhr Cindy fort.
»Quitt?« Bast blinzelte überrascht. »Also ich glaube nicht, dass …«
»Du bist nicht für mich verantwortlich, wenn du das meinst«, fuhr Cindy fort. »Und du musst auch keine Angst um mich haben. Ich komme schon durch.«
»Das glaube ich dir sogar«, antwortete Bast. »Aber du hast vollkommen recht, weißt du? Ich habe dich gekauft, und damit habe ich auch die Verantwortung für dich. So ist das nun einmal, da, wo ich herkomme.«
»Und deshalb willst du mich mitnehmen?«
Unten im Haus fiel eine Tür ins Schloss, und gedämpfte Stimmen drangen an Basts Ohr. Sie machte sich nicht die Mühe, auf die Worte zu achten, aber eine der Stimmen gehörte ganz eindeutig Abberline. »Nicht unbedingt«, erwiderte sie. »Um ehrlich zu sein, wäre mir eine andere Lösung lieber. Aber ich kann dich nicht zu Maude zurückgehen lassen.«
»Und warum nicht?«
»Weil ich es nicht kann, basta!«, antwortete Bast ärgerlich. »In ein paar Jahren wirst du verstehen, warum. Vielleicht denkst du einfach darüber nach, wie es mit uns weitergehen könnte.« Sie stand auf und kam sich selbst immer hilfloser vor. Aber was hatte sie erwartet? »Heute Nacht bleiben wir noch hier, aber morgen müssen wir uns sowieso eine andere Unterkunft suchen.«
»Ich wüsste da eine«, antwortete Cindy böse. »Für dich würde Maude bestimmt noch sehr viel mehr bezahlen als für mich.«
Bast musste sich plötzlich beherrschen, um sie nicht
schlichtweg zu ohrfeigen. Sie stand mit einem Ruck auf. Cleopatra sprang erschrocken von ihrem Schoß und stieß ein vorwurfsvolles Maunzen aus.
»Also gut«, sagte sie kühl. »Du wirst jetzt schlafen, und morgen früh reden wir noch einmal über alles. Aber dann erwarte ich eine Entscheidung von dir. Wenn du wie eine Erwachsene behandelt werden willst, dann wirst du dich gefälligst auch so benehmen.«
Cindy sah sie einfach nur perplex an – was daran liegen mochte, dass ihre Reaktion nicht nur völlig überzogen, sondern schlichtweg blödsinnig war –, aber Bast war auch schon zu weit vorgeprescht, um jetzt noch nachgeben zu können. »Schlaf jetzt«, sagte sie.
»Ich denke ja gar nicht daran«, antwortete Cindy trotzig, ließ sich zurücksinken und schlief ein, noch bevor ihr Hinterkopf das Kissen berührt hatte.
Viel mehr ärgerlich auf sich selbst als auf sie, blieb Bast noch etliche Sekunden lang reglos stehen und blickte auf das schlafende Mädchen hinab. Das Gespräch war vollkommen anders verlaufen, als sie erwartet hatte, aber sie durfte Cindy nicht die Schuld daran geben. Letztendlich hatte Cindy sie nicht darum gebeten, von ihr mitgenommen zu werden.
Als sie sich umdrehte, wollte Cleopatra ihr folgen, aber Bast
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