Anubis 02 - Horus
notwendig, dem Leichnam die inneren Organe zu entnehmen«, fuhr Bast fort. Mrs Walsh sah regelrecht entsetzt aus, aber Abberline runzelte die Stirn und sah sie auf eine jetzt völlig andere Art beunruhigt an. Offenbar erinnerten ihn Basts Worte an etwas vollkommen anderes. Etwas, das sie beide und Maistowe erst vor wenigen Stunden gesehen hatten.
»Und die entnommenen Organe …?«, vermutete er.
»Wurden in besonderen, heiligen Gefäßen aufbewahrt«, bestätigte Bast. »Den Kanopen. Und Sie haben das hier tatsächlich in Arthurs Wagen gefunden?«
»Und nicht nur das.« Abberline nahm ihr den Deckel wieder ab und wickelte ihn sorgfältig ein; allerdings nur zur Hälfte. »Ich habe diesen Deckel schon zuvor gesehen – zusammen mit dem Rest.«
»Die komplette Kanope?«, fragte Bast überrascht. »Wo?«
»In Monros Büro«, antwortete Abberline ernst. »Nicht dem, das Sie kennen, sondern in seinem Büro im Innenministerium.« Er seufzte. »Ich nehme an, so etwas ist sehr wertvoll?«
»Unbezahlbar«, antwortete Bast. Und nicht nur in materieller Hinsicht.
»Und Sie sind sicher, dass es sich um dasselbe Stück handelt?«, fragte Mrs Walsh. »Es könnte eine Kopie sein.«
»Nein«, antwortete Abberline. »Nicht in diesem Fall. Sehen Sie, ich musste vor einer Weile auf Monro warten, und dabei sind mir diese Krüge aufgefallen, und ich habe sie mir genauer angesehen, aus reiner Neugierde, und weil sie mir gefallen haben.«
»Krüge?«, vergewisserte sich Bast. »Es sind mehrere?«
»Drei«, bestätigte Abberline. »Sehen Sie den Katzenkopf?«
Er hob den Deckel. »Das rechte Ohr ist beschädigt. Ein kleines Stück ist abgebrochen. Es ist nur eine Kleinigkeit, aber sie ist mir aufgefallen, weil der Krug ansonsten vollkommen unversehrt war. Es ist eindeutig derselbe Deckel.«
»Wissen Sie, was Sie da sagen?«, fragte Maistowe. »Sie wollen doch nicht behaupten, dass der Leiter der Spezialabteilung ein Kunstdieb ist!«
»Natürlich nicht.« Abberline wickelte den Deckel endgültig ein und ließ ihn in der Jackentasche verschwinden; ein Anblick, der Bast geradezu körperliches Unbehagen bereitete. Sie musste sich beherrschen, um Abberline das Päckchen nicht mit Gewalt zu entreißen.
»Sie erinnern sich an Ihr Gespräch mit Monro«, fuhr er fort. »Die Gerüchte über zwei geheimnisvolle Fremde, die in der Stadt gesehen worden sein sollen, sind keineswegs so neu, wie er Sie glauben machen wollte. Ich selbst habe ihm in den letzten Wochen mehrmals davon Bericht erstattet, aber diesen Gerüchten wurde niemals mit der angemessenen Energie nachgegangen.«
»Sie glauben, Monro hätte etwas mit den beiden zu tun?«, fragte Mrs Walsh.
»Nein, das sicher nicht.« Abberlines Antwort kam eine Spur zu schnell, fand Bast. »Monro und ich sind sicherlich nicht die besten Freunde, dafür ist er mir viel zu ehrgeizig, aber ich halte ihn auch nicht für einen Verbrecher. Allerdings pflegt er einen aufwändigen Lebensstil und ist ständig in Geldnöten. Es wäre immerhin denkbar, dass Ihre beiden Freunde, sagen wir, dafür gesorgt haben, dass er der einen oder anderen Spur vielleicht nicht ganz so intensiv nachgeht.«
»Das würde bedeuten, dass er zwei Mörder deckt«, sagte Mrs Walsh.
»Nicht unbedingt.« Abberline seufzte noch einmal, und noch tiefer. »Genau genommen gibt es keinerlei Beweise, dass diese beiden hinter den Ripper-Morden stecken. Bis zum heutigen Tage gab es nicht einmal einen Hinweis darauf.«
Mrs Walsh schwieg. Dieses Thema schien ihr nun völlig unangenehm zu sein.
»Horus und Sobek«, fuhr Abberline fort, »das sind die Namen, an die ich mich erinnere. Namen alter ägyptischer Gottheiten. Wie Bastet. Und wie hieß noch einmal die Freundin, nach der Sie suchen? Isis, nicht wahr? Ist das nicht auch eine altägyptische Gottheit?«
»Eine der Mächtigsten sogar«, bestätigte Bast. Sie machte ein betrübtes Gesicht. »Sie haben mich ertappt, Inspektor. Ich gebe alles zu. In Wahrheit sind wir die echten alten Götter, die hierhergekommen sind, um uns dafür zu rächen, dass Ihr Volk unsere heiligen Stätten plündert.«
Abberline blieb ernst. »Das wohl nicht«, sagte er ruhig. »Aber nach dem, was ich dort unten gesehen habe, frage ich mich, ob Sie vielleicht zu irgendeiner verrückten Sekte gehören, die sich einbildet, im Namen dieser alten Götter zu handeln.«
»Aber das ist doch lächerlich!«, begehrte Mrs Walsh auf. »Hören Sie auf, solch einen Unsinn zu reden.«
»Ich fürchte, so lächerlich
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