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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Dunkeln geschafft, wenn auch mit Umwegen –, aber sie brauchte beinahe noch einmal so lange, um den schäbigen Hinterhof zu finden, in dem Fayes Wohnung lag … und selbstverständlich reagierte niemand auf ihr Klopfen.
    Es kostete Bast zwei einfache Handgriffe und die Dauer eines Atemzuges, die Tür so zu öffnen, dass nicht einmal Abberlines Spezialisten irgendeine Spur eines gewaltsamen Eindringens finden würden. Aber auch diese Mühe war vergebens. Das Zimmer war leer und Fayes Bett ganz eindeutig unbenutzt.
    Bast hatte ganz selbstverständlich angenommen, das Mädchen in tiefem Schlaf vorzufinden, erschöpft nach einer ebenso anstrengenden wie erniedrigenden Nacht, aber die war allem Anschein nach für Faye noch nicht vorbei. Und jetzt hatte sie tatsächlich ein Problem. Sie konnte nicht warten, bis sich der Zeitverlauf Whitechapels dem des übrigen London angepasst haben würde und die braven Bürger hier allmählich wach würden – was vermutlich irgendwann am späten Nachmittag der Fall war –, aber ganz auf sich allein gestellt wusste sie auch nicht, wie sie Faye finden sollte; von Isis gar nicht zu sprechen. Das Ten Bells war zu dieser frühen Stunde ganz bestimmt noch geschlossen, und ansonsten kannte sie hier absolut niemanden.
    Nun gut, abgesehen von einer Ausnahme …
    Unzufrieden und übellaunig, wie sie war, erwog Bast tatsächlich einen Moment lang ernsthaft den Gedanken, zu Maude zu gehen und alles, was sie wissen wollte, schlichtweg aus ihr herauszuprügeln; wenn sie Glück hatte, war die Alte ja so zäh, wie sie aussah und beantwortete ihre Fragen nicht sofort. Aber diesmal war das Schicksal gnädig und bewahrte sie davor, etwas so Dummes zu tun. Sie verließ das schäbige Zimmer und verriegelte die Tür sorgfältig wieder hinter sich, und als sie auf halbem Wege zur Straße war, fuhr draußen eine zweispännige Kutsche vor und hielt direkt vor der gemauerten Toreinfahrt. Nur aus einem Gefühl heraus huschte Bast in den Schatten des künstlichen Gewölbes und sorgte auch darüber hinaus dafür, dass sie unsichtbar wurde.
    Und wie sich zeigte, keinen Moment zu früh.
    Die Tür der Kutsche öffnete sich, und Faye stieg aus. Sie wirkte müde und übernächtigt und war sehr blass und sah im Tageslicht deutlich jünger aus, als Bast sie in Erinnerung hatte, und plötzlich nicht mehr annähernd so unschuldig und kindlich, aber Bast schenkte ihr ohnehin nur einen flüchtigen Blick. Ihre Aufmerksamkeit galt beinahe vollständig dem Mann, der hinter ihr aus dem Wagen stieg. Es war Mr Monro.
    Munro.
    Bast sah schweigend und aufs Höchste überrascht zu, wie Monro hinter Faye aus der kostspieligen Kutsche stieg, sie kurz in die Arme schloss und ihr einen Abschiedskuss gab – allerdings erst, nachdem er sich mit einem raschen Blick davon überzeugt hatte, dass sie auch nicht beobachtet wurden. Im Herumdrehen drückte er ihr noch ein schmales Bündel Geldscheine in die Hand, dann stieg er wieder in seine Kutsche, die rasch davonfuhr.
    Faye sah dem Wagen nach, bis er am Ende der Straße verschwunden war, und wandte sich dann mit einer müden Bewegung um, und Bast wartete, bis sie die Einfahrt durchquert hatte, dann wurde sie wieder sichtbar und vertrat ihr den Weg.
    »Das war also Onkel Munro«, sagte sie, ohne sich mit einer Begrüßung aufzuhalten.
    Faye riss überrascht die Augen auf. »Wo … wo kommst du denn so plötzlich her?«
    »Ich muss mit dir reden«, antwortete Bast, ohne direkt zu antworten. »Es ist wichtig.« Sie musste sich beherrschen, um nicht in die Richtung zu sehen, in der Monros Kutsche verschwunden war. Nach allem, was das Schicksal ihr seit ihrer Ankunft in diesem verfluchten Land angetan hatte, hatte es sich nun offenbar entschlossen, wenigstens ein bisschen davon wieder auszugleichen und ihr ein unerwartetes Geschenk zu machen.
    »Worüber?«, fragte Faye. Sie klang unerwartet feindselig. »Mach es schnell. Ich bin müde und muss ein paar Stunden schlafen.«
    »Ja, Onkel Munro und du, ihr hattet eine anstrengende Nacht, nehme ich an.« Bast bedauerte die Bemerkung schon, bevor sie ganz zu Ende gesprochen hatte, und Faye reagierte natürlich ganz genau so, wie sie es an ihrer Stelle vermutlich auch getan hätte: Ihre Augen blitzten zornig, und nun war alles, was sie auf ihrem Gesicht noch lesen konnte, purer Trotz.
    »Was wird das?«, fauchte sie. »Hast du mir aufgelauert, um die Anstandsdame zu spielen und mir Vorhaltungen zu machen?«
    »Nein.« Bast machte eine Kopfbewegung

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