Anubis 02 - Horus
unvermittelt. »Hab was zum Anziehen gesucht, aber nichts gefunden. Warum hast du so viele Waffen mit?«
»Ich habe dir doch gesagt, ich bin eine Kriegerin«, antwortete Bast leicht verärgert. Was fiel dieser Cindy ein, ihr Gepäck zu durchwühlen?
»Blödsinn!«, sagte Cindy. »Das sind mindestens zwei Schwerter und jede Menge Messer, und noch anderer Kram. Ziemlich wertvolles Zeug.«
»Ja, und es ist gezählt«, antwortete Bast. »Komm nicht auf dumme Ideen.«
»Handelst du mit dem Kram?«, wollte Cindy wissen.
Vielleicht war das die bequemste Antwort. »Manchmal«, sagte sie. »Das spielt jetzt keine Rolle. Wir müssen über dich sprechen.«
Cindys Gesicht wurde wieder zu einer abweisenden Maske. »Wozu? Du hast doch sowieso schon alles entschieden, oder?«
»Das stimmt«, antwortete Bast. »Ich wollte dir nur die Chance geben, damit einverstanden zu sein. Ich bin nämlich eine nette Hexe, weißt du?«
»Und was genau hast du beschlossen?«, fragte Cindy.
»Noch nichts Endgültiges«, antwortete Bast. »Nur dass du nicht zu Maude zurückkannst oder auch nur in diese Gegend.«
»Weil es unmoralisch ist.«
Bast überging die Bemerkung. »Ich kenne jemanden, der dir vielleicht helfen kann«, sagte sie. »Ich muss noch mit ihm … ihr … reden, aber ich bin zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden. Aber dazu muss ich dich eine Weile allein lassen. Meinst du, dass wir das hinkriegen? Freiwillig, meine ich?«
Cindy sah sie einen Moment lang durchdringend an, bevor sie nickte. »Ja.«
Es war ehrlich gemeint, das spürte Bast. Sie stand auf. »Dann mache ich mich am besten auf den Weg. Wenn Mrs Walsh zurückkommt, dann richte ihr aus, dass ich unterwegs bin, um unser … gemeinsames Problem zu lösen.«
Cindy blickte sie fragend an, aber Bast hatte nicht vor, irgendeine weitere Erklärung abzugeben, sondern ging die Treppe hinauf und in ihr Zimmer, um sich einen Mantel zu holen, den letzten, den sie mitgebracht hatte. Noch ein weiteres Abenteuer wie gestern Abend konnte sie sich nicht leisten, es sei denn, sie wollte die Heimreise nackt antreten – oder in London auf Einkaufstour gehen.
Ihr Koffer stand offen, und es war nicht zu übersehen, dass Cindy den Inhalt durchwühlt hatte. Ein flüchtiges Gefühl von Zorn blitzte in ihr auf und erlosch wieder, als sie sich über den Koffer beugte, um wenigstens den Anschein von Ordnung wiederherzustellen. Alles war noch da, durcheinander, aber da. Cindy war anscheinend tatsächlich nur neugierig gewesen oder auf der Suche nach einem Kleidungsstück, das etwas kleidsamer war als Mrs Walshs Nachthemd.
Sie schlang den Mantel um die Schultern, wählte ein etwas längeres – und vor allem weniger kostbares – Schwert als gestern und schob es unter ihren Gürtel. Gerade wollte sie den Koffer schließen, als ihr ein Gegenstand auffiel, der nicht hineingehörte. Ein dünnes, in braunes Ölpapier eingeschlagenes Päckchen, das ganz unten unter ihren Kleidern lag.
Überrascht und verwirrt zog sie es hervor, und aus ihrem Erstaunen wurde ein leises Gefühl von Beunruhigung, als sie die dunkelbraun eingetrockneten Flecken sah, die das Papier besudelten. Das war Blut. Menschliches Blut. Und da war … noch mehr.
Bast tastete mit den Fingerspitzen über das Papier, schloss die Augen und lauschte in sich hinein, und etwas … regte sich. Es war, als flüstere das Papier zu ihr. Da waren Erinnerungen; vage Erinnerungen und chaotische Bilder, die nicht zu ihr gehörten. Gewalt Sie spürte … Furcht. Blanke Todesangst und das verzweifelte Flehen, am Leben zu bleiben, und eine kurze, reißende Explosion aus alles hinwegfegender Gier.
Bast öffnete mit einem Ruck die Augen, und die chaotischen Bilder erloschen. Alles in ihr war aufgewühlt; und sie hatte die Kiefer so fest aufeinandergepresst, dass sie ihr eigenes Blut schmecken konnte. Ihre Finger zitterten leicht. Was immer dieses Päckchen enthielt, es war an einem Ort purer Gewalt und unbeschreiblicher Furcht gewesen.
Mit zitternden Fingern riss sie das Päckchen auf und sah einen Moment lang völlig verständnislos auf seinen Inhalt hinab. Es war eine dünne, auf den ersten Blick schwarz schimmernde Glasplatte, unter deren Oberfläche sich etwas zu bewegen schien, als wäre eine sonderbare Art von Leben darin gefangen, das herauswollte. Erst, als sie die Platte mit beiden Händen gegen das Licht hob, wurde ihr klar, was sie da hatte.
Es war eine photographische Platte, die eine Anzahl menschlicher Gestalten vor
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