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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Ärger über sich selbst, als sie den Mann, den sie verfolgt hatte, die eisernen Trittstufen über sich herabsteigen sah. Das letzte Stück legte er mit einem Sprung zurück, den er weitaus sicherer und eleganter beendete als sie gerade, nickte dem gesichtslosen Schatten hinter dem Drachen knapp zu und wandte sich dann mit einer fast gemächlichen Bewegung und einem nichts anderem als herzlichen Lächeln zu Bast herum. Allerdings war er plötzlich nicht mehr schmächtig, weißbärtig und an die siebzig Jahre alt. Er trug auch keinen eleganten Dreiteiler mehr. Er war nicht einmal mehr weiß.
    Bast starrte ihn ausdruckslos an, nicht einmal wirklich erschrocken, aber unendlich zornig auf sich selbst, dass sie sich derart leicht hatte übertölpeln lassen, und der schwarzgesichtige Riese machte eine knappe Geste, woraufhin sich der Drache herumdrehte und mit einem gewaltigen Aufplatschen im Wasser verschwand.
    »Eigentlich hätte ich es wissen müssen«, murmelte sie.
    »Was?«
    »Dass du nicht allein bist. Nicht einmal die Ratten hier sind feige genug, um vor dir zu flüchten, Horus.«
    Es waren Falkenaugen, die auf sie herabstarrten, nicht die eines Menschen, und für einen kurzem Moment wurden sie beinahe schwarz vor Zorn. Dann kehrte das Lächeln auf die ebenholzschwarzen Züge zurück. »Du hast dich nicht verändert in all den Jahren«, sagte er. »Und ich bin bis heute nicht ganz sicher, was schärfer ist – deine Zunge oder dein Schwert.« Er streckte die Hand aus, um ihr aufzuhelfen, aber Bast kroch nur ein weiteres Stück vor ihm davon.
    Horus seufzte. »Ich bitte dich, Bastet! Ich gebe ja zu, dass es für eine Zeit einer meiner größten Wünsche war, dich vor mir im Staub kriechen zu sehen, aber doch nicht in dem da. « Er wiederholte seine Geste, und diesmal – wenn auch zögernd – griff Bast nach seiner Hand und ließ sich von ihm auf die Füße helfen.
    Sie biss die Zähne zusammen, um einen Schmerzlaut zu unterdrücken, aber die dunklen Augen ihres Gegenübers funkelten trotzdem amüsiert, als er sie anblickte und erkannte, wie es tatsächlich in ihr aussah. Sie hatte kaum noch die Kraft, auf eigenen Beinen zu stehen, geschweige denn, ihm etwas entgegenzusetzen. Außerdem waren sie zu zweit.
    Horus trat einen halben Schritt zurück, sah einen Moment lang auf die Hand hinab, mit der er ihr aufgeholfen hatte, und wischte sie dann mehrmals und mit so angeekeltem Gesicht an seinem Gewand ab, als hätte er sich besudelt. »Widerlich«, murmelte er. »Ich weiß, man sagt so etwas nicht zu einer Dame – aber du stinkst, Bastet.«
    »Das ist wahr«, gestand Bast. »Ich habe gehört, das passiert allen, die dir zu nahe kommen.« Alles drehte sich um sie. Jetzt, wo der Kampf vorbei war und sich das Ungeheuer geifernd und knurrend in sein Versteck zurückzog, schwappten Müdigkeit und Schwäche wie eine erstickende schwarze Woge über ihr zusammen. Mit einem Male fühlte sie sich so matt, dass sie sich beherrschen musste, um sich nicht an seiner Schulter festzuhalten.
    Aber natürlich hätte sie sich eher die Hand abgehackt, als das zu tun.
    »Ein amüsanter Gedanke«, sagte Horus. »Vielleicht komme ich ja irgendwann darauf zurück.«
    Sobek sagte etwas in einer fremden, sonderbar melodisch klingenden Sprache und kam näher, und Horus nickte irgendwie betrübt und fuhr in verändertem Ton fort. »Er hat recht. Jetzt ist nicht der Moment für Albernheiten.«
    »Dann hör auf ihn und bring es zu Ende, Horus«, sagte Bast. »Töte mich, aber hör auf, mich zu verspotten.«
    »Töten?« Horus wirkte ehrlich überrascht. »Was redest du? Du weißt, dass ich niemals eine der Unsrigen töten würde. Das ist der Unterschied zwischen uns, weißt du?«
    Sobek kam näher, schweigend und mit vollkommen starrer Miene, wie fast immer. Er war ein sehr großer, fast hagerer Mann, noch einen Fingerbreit großer als Horus, der seinerseits Bast um ein gutes Stück überragte, und Bast konnte sich nicht erinnern, ihn in all den Jahren auch nur ein einziges Mal lächeln gesehen zu haben. Ungeachtet seiner menschlichen Gestalt hatte er zugleich etwas Echsenhaftes an sich. Aber im Moment hatte er auch die rechte Hand unter den Mantel geschoben, und Bast wusste, dass sie auf dem Griff eines Schwertes lag, das er darunter trug. Sie selbst war waffenlos, zu Tode erschöpft und dem Zusammenbruch nahe, und selbst wenn all das nicht gewesen wäre, hätte es wahrscheinlich nichts geändert. Sobek war der Einzige von allen, den sie im

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