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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Mogens.
    »Wozu?« Graves ging einfach weiter. »Tom kann schon auf sich aufpassen. Sollte er auf eine Gefahr stoßen, mit der er nicht fertig wird, dann können wir ihm wahrscheinlich auch nicht mehr helfen.«
    »Ein Grund mehr, es zu versuchen.«
    »Blödsinn«, fauchte Graves. »Wir sind Wissenschaftler, Mogens, keine Soldaten! Was ist los mit dir? Hast du plötzlich dein Abenteurerblut entdeckt?«
    »Wenn du wirklich so denkst, wozu hast du dann ein Gewehr?«, fragte Mogens.
    »Weil es sich gut macht«, antwortete Graves, »vor allem, wenn Frauen dabei sind. Habe ich dir vergessen zu erzählen, dass ich unstillbar in Miss Preussler verliebt hin?«
    »Das trifft sich gut«, sagte Mogens. »Dasselbe hat mir Miss Preussler über ihre Gefühle für dich gestanden. Sie wusste nur nicht, wie sie es dir klar machen sollte.« Er sah Graves so treuherzig an, wie er konnte. »Ich bin durchaus bereit, den Postillon d’Amour zu spielen, wenn du es wünschst.«
    »Aus alter Freundschaft, nehme ich an«, vermutete Graves.
    Mogens lachte zwar leise, führte das sinnlose Geplänkel aber nicht weiter. Sie hatten die Halle auch bereits wieder erreicht. Miss Preussler redete noch immer mit beruhigenden Gesten auf das Mädchen ein. Der angstvolle Ausdruck auf ihrem Gesicht schien ein wenig nachgelassen zu haben. Dennoch hob Miss Preussler rasch die Hand, als sie ihre Schritte hörte, und auch Mogens streckte rasch den Arm aus und hielt Graves zurück.
    »Hör besser auf sie«, sagte er. »Ich bin froh, dass das Mädchen wenigstens zu ihr ein wenig Zutrauen gefasst hat. Sie scheint panische Angst vor Fremden zu haben.«
    Graves funkelte ihn zwar ärgerlich an und riss seinen Arm los, aber er blieb dennoch stehen und geduldete sich, bis Miss Preussler sich endlich zu ihnen herumdrehte und nickte.
    »Kommen Sie näher«, sagte sie. »Aber nicht zu nahe. Und erschrecken Sie sie nicht.«
    Graves zog eine Grimasse, und auch Mogens fand Miss Preusslers Sorge mittlerweile eindeutig übertrieben. Gravesbewegte sich jedoch tatsächlich sehr vorsichtig, und er blieb auch sofort wieder stehen, als Miss Preussler ihm mit einem missbilligenden Stirnrunzeln zu verstehen gab, dass das jetzt genug war. Er war jetzt auch nahe genug, um zu erkennen, was sich in dem Bündel befand.
    »Ist das … ein Kind?«, fragte er zögernd.
    »Wenn Sie es so nennen wollen«, antwortete Miss Preussler und schlug das Tuch beiseite, das das Gesicht des vermeintlichen Babys bedeckte.
    Graves’ Reaktion überraschte Mogens. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Graves in Hysterie verfallen würde, doch Graves reagierte praktisch überhaupt nicht. Er wirkte nicht einmal überrascht, sondern allenfalls interessiert.
    »Ich würde es auf jeden Fall als totes Kind bezeichnen«, sagte er. »Wieso trägt sie es bei sich?«
    »Warum versuchst du nicht, es ihr wegzunehmen, Jonathan«, fragte Mogens. Er blickte auf seine Hände hinab. Die Kratzer hatten aufgehört zu bluten, brannten aber immer noch wie Feuer. Sobald sie wieder oben im Lager waren, dachte er, wurde er Miss Preussler bitten müssen, die Wunden gründlich zu desinfizieren. Weiß der Teufel, wie viele Krankheitserreger unter den schmutzigen Nägeln des Mädchens waren. Einen Augenblick später musste er über seine eigenen Gedanken lächeln. Wenn er sich richtig konzentrierte, dann fielen ihm vielleicht zwei oder drei Punkte ein, über die es sich eher Sorgen zu machen lohnte …
    »Sind Sie weitergekommen?«, wandte sich Graves an Miss Preussler. »Ich meine: Konnten Sie mit ihr reden?«
    »Nein«, antwortete Miss Preussler. Sie wirkte ein bisschen niedergeschlagen. »Entweder sie kann nicht sprechen, oder sie will es nicht. Ich glaube allerdings eher, sie kann es nicht. Das Einzige, was ich bisher mit Sicherheit weiß, ist, dass sie große Angst vor Männern hat.« Sie zuckte unglücklich mit den Schultern. »Und dass sie sich weigert, dieses tote Kind zurückzulassen.«
    »Das könnte daran liegen, dass es ihres ist«, sagte Graves ruhig.
    Miss Preussler wurde kreidebleich. »Was reden Sie da? Dieses … dieses Ding ist nicht einmal ein Mensch.«
    »Zum Teil sicher nicht«, bestätigte Graves. »Zu einem anderen schon. Nein, Miss Preussler, ich fürchte, diese bedauernswerte junge Dame ist die Mutter dieses schrecklichen Geschöpfes.«
    »Das ist vollkommen absurd!«, beharrte Miss Preussler. Aber die Blicke, mit denen sie das Mädchen maß, wirkten mit einem Mal unsicherer, fast ängstlich.
    »Es

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