Apartment in Manhattan
Trident. Kate bietet mir den Vordersitz an. Natürlich lehne ich ab.
Hier bin ich also, eingequetscht auf dem Rücksitz, und lehne mich wie eine Vierjährige, die ihre Eltern belauschen will, nach vorne. Wir fahren durch die malerischen, überfüllten, von Bäumen gesäumten Straßen der altmodisch anmutenden Stadt. Schließlich nehmen wir Richtung auf die verwittert aussehenden Häuschen, die auf Stelzen in den grasigen Dünen stehen.
Der Himmel ist tiefblau und klar. Ebenso sieht das Wasser in der Ferne aus. Und so, könnte ich wetten, sind auch Billys Augen hinter seiner Filmstar-Sonnenbrille.
Die Musik aus dem Radio ist ziemlich laut, und Kate und Billy plaudern auf den Vordersitzen, der warme Wind peitscht in mein Gesicht, so dass jedes Mal, wenn ich den Mund öffnen will, um etwas zu sagen, meine Haare hineinfliegen. Gerne würde ich den Kaugummi aus dem Auto spucken, aber ich ahne, dass Billy, das gar nicht gefallen würde.
Schließlich biegen wir in einen schmalen, sandigen Weg ein und halten an einem quadratischen, modernen, zweistöckigen Häuschen oder vielmehr dahinter: Kate erklärt sofort, dass die Vorderansicht aufs Meer blickt. Das erklärt auch das unspektakuläre Aussehen der Gegend aus dieser Perspektive. Nachdem ich weiß, wie viel sie für das halbe Haus bezahlt, habe ich etwas Eleganteres erwartet.
Billy trägt höflich meine Tasche die Treppe hinauf und stellt sie direkt hinter der Tür ab, dann macht er auf dem Absatz kehrt und teilt uns mit, dass wir uns bestimmt später noch sehen.
„Wohin geht er?“ frage ich Kate, als ich höre, wie er den Motor anlässt.
„Ich habe keine Ahnung.“ Sie klingt enttäuscht, und mir wird klar, dass sie sich verliebt hat.
Das sollte mich nicht überraschen. Er ist einfach Kates Typ: ein reicher, gut aussehender WASP, ein weißer angelsächsischer Protestant.
Kate gibt ja auch ganz offen zu, dass sie nicht etwa in Manhattan lebt, um dort ernsthaft Karriere zu machen oder die Kultur zu genießen – obwohl sie an der University of Alabama Kunstgeschichte studiert hat. Sie hofft, dass sie sich hier einen Ehemann angeln kann. Einen ganz bestimmten. Einen wie Billy.
Deswegen arbeitet sie auch nach wie vor als Aushilfe – so hat man bessere Chancen, Wall-Street-Typen zu treffen. Das magere Gehalt hat sie bestimmt nicht nötig, da ihre Eltern die Miete und alle anderen Ausgaben zahlen und wöchentlich „Taschengeld“ auf ein Konto überweisen.
Sie hat mir einmal Fotos von ihrem Haus in Mobile gezeigt, und es sieht aus wie
Tara
in
Vom Winde verweht
. Ich schwöre bei Gott, es ist eine dieser alten Südstaaten-Plantagen mit weißen Säulen, einer kurvigen Auffahrt und gewaltigen moosbewachsenen Bäumen.
Kate hat zwei ältere Schwestern, die beide offenbar mit ihren wohlhabenden Alabama-Ehemännern in ähnlichen Häusern in Mobile leben.
Aber Kate sagt, sie hätte sich nie zu Südstaaten-Männern hingezogen gefühlt. Ihr Freund am College war ein New Yorker, und offenbar ist er daran schuld, dass sie begann, sich nach einem Leben in Manhattan zu sehnen.
Nachdem ich also Kates Hintergrund kenne, habe ich mir mehr von diesem Haus in den Hamptons erwartet – vielleicht Porzellan, Kristall und Kronleuchter.
Jetzt sehe ich mich in dem großen kombinierten Küchen-Wohnzimmer-Bereich um, in dem wir stehen, erstaunt drüber, wie geschmacklos die Möbel sind. Hier scheint alles ausschließlich praktisch zu sein, beige und rechteckig, wie das Haus selbst. Das Zimmer wirkt steril, obwohl es Spuren von den Bewohnern gibt.
Wasserflaschen und die
Times
von heute auf dem Kaffeetisch.
Eine halb volle Glaskanne mit Kaffee steht auf der Theke. Mehrere Paar Schuhe sind auf einer Matte an der Tür abgestellt.
Im Hintergrund läuft Musik … Hip Hop – nicht gerade meine Lieblingsmusik.
Am anderen Ende des Raumes kann ich durch die großen Balkontüren die Terrasse sehen, dahinter liegen Dünen und – vermutlich – der Strand.
„Also, was denkst du?“ fragt Kate erwartungsvoll.
„Es ist hübsch.“
„Nicht das Haus“, sagt sie, als ob ich das nicht wüsste. „
Billy
.“
„Oh,
Billy
. Er ist nett.“
Ihr enttäuschtes Gesicht sagt:
Ist das alles
? Also versuche ich, ein anderes Adjektiv zu finden. Ein anderes als
arrogant
.
„Hübsch ist er auch.“ Bin ich nicht ungeheuer redegewandt? „Sehr hübsch.“
„Ja, das ist er“, stimmt Kate mir sofort zu.
„Also, was läuft zwischen dir und ihm?“
„Woher weißt du, dass zwischen uns was
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