Apfelbluete
kommenden Freitag, holte ich Max von zuhause ab. Seine Tasche stand im Flur. Anja bat mich nicht herein. Sie sah wunderschön aus. Neue Frisur, Make-up, schickes Kostüm und eine Wolke Parfüm kam mir entgegen . Ich fragte nicht aber sie bat mich, am Sonntag anzurufen, bevor ich Max zurückbringen wollte. Als wir im Auto saßen, platzte mein Sohn mit der Neuigkeit heraus: „Die Mama fährt auch heute weg!“ „Ach, und wohin?“ „Ans Meer, mit Thomas.“ Leicht genervter Unterton. „Welcher Thomas?“ Max schaute mich von der Seite an. „Na ja, ihr Thomas, so wie dein Hannes.“ „Ist er nett?“ Ich schluckte etwas an dieser Nachricht . „Geht so. Hannes ist netter.“ „Gut, dann wollen wir mal sehen , was der Hannes heute Abend für uns kocht. Der hat uns nämlich zu sich nach Hause eingeladen. Ich hab zwar keine Lust auf einen ‘Spiele Abend‘…“ „ Boahh ! Papa sei nicht so fad! Nur weil du keine Chance gegen uns hast!“ Das Grinsen sprengte fast sein Lausbubengesicht. „Ja genau, deshalb!“
Das Leben kann so schön sein. Wenn man es nur lässt.
2.
Zwei Jahre später:
Das war es jetzt also. Der letzte Akt. Eigentlich fast wie standesamtliche Trauung, nur umgekehrt und ohne ‘Sie dürfen die Braut jetzt küssen .‘ Micha sieht fast genauso gut aus wie damals. Er pflegt sich und der A nzug steht ihm echt gut. Gut, dass wir verabredet haben , diesen Tag allein hinter uns zu bringen. Ohne Max sowieso, aber auch ohne Hannes und ohne Thomas. War das ätzend vor zwei Jahren. Monatelang hab ich gespürt, dass was schief lief…Er hat mir wirklich den Boden unter den Füssen weggezogen! Na ja, ein paar Narben sind schon noch da…
Die Anwälte verabschiedeten sich. Der letzte, gemeinsame Verwaltungsakt war beendet. Man trennte sich ohne Groll, zumindest ohne tiefes Zerwürfnis. Geld und Gut und was wic htiger war, das Wohl von Max ist geklärt. Micha kann so leben wie er will und ich hab endlich einen Mann an meiner Seite, der mich nic ht nur als Partnerin liebt, sondern auch als Frau . Das hätte mich schon viel eher aufhorchen lassen sollen. Aber zuerst war Max noch so klein, dann haben wir das Haus gebaut, dann hab ich wieder angefangen zu arbeiten…Manchmal war ich direkt froh, dass er mich i n Ruhe gelassen hat. Na ja, später war der Stress nicht mehr so groß und ich hätte schon etwas mehr Aufmerksamkeit haben wollen, aber er hat auch immer viel gearbeitet… Ach Quatsch! Es lag nicht an mir. Punktum! Hat lange genug gedauert, das zu lernen. Mein Gott, wie viele Nä chte hab ich im Internet gesucht . Nach Antworten, Erklärungen…
„Woran denkst du?“ Micha el unterbrach Anjas Gedanken. „Du willst es wirklich wissen?“ „Ja, sag schon. Du machst so ein angestrengtes Gesicht. So schlimm war die Verhandlung doch nicht, oder doch?“ Sie hatten ve rabredet nach dem Scheidungstermin zusammen essen zu gehen. ‘ Abschlussfeier ‘ hatte Hannes das am Morgen noch ein wenig ironisch genannt aber Michael wollte einen guten Schlusspunkt. Wollte noch einmal ein ruhiges Gespräch mit Anja. Zu vieles war nicht ausgesprochen worden. Sie hatte sofort eingewilligt, als er ihr dieses Essen unter vier Augen vorgeschlagen hatte. Zuvor waren sie noch nie in diesem Lokal gewesen. Es gab also keine Erinnerun gen. Der Akt am Gericht war sachlich und freundlich abgelaufen. Worüber zog sie also jetzt die Stirn in Falten. „Nun sag schon, was durch deinen Kopf geht.“ „Micha, ich hab dir viele Dinge nicht gesagt. Du mir auch nicht. Wahrscheinlich wird dir nicht alles gefallen aber ich habe mir heute Morgen vorgenommen alles raus zu lassen, um neu anfangen zu können. Das kann aber einen Moment dauern. Wenn du also wenig Zeit ha s t, dann sag es lieber gleich…“
Dieses Mal würde er nicht flüchten. „Ich hab Zeit und ich möchte auch, dass wir beide neu anfangen können. Du hast Recht. Ich hab zu wenig mit dir ge redet und zu wenig zugehört. . “ Der Kellner kam an ihren Tisch. Sie bestellten. „Wann hast du gemerkt dass du schwul bist?“ Das war eine direkte Frage! Er schluckte und antwortete ganz ehrlich: „Nach der Weihnachtsfeier. Du wolltest mich eigentlich abholen aber ich bin dann zu Fuß gegangen.“ „Ich weiß. Du hast ewig geduscht. Das war der Moment wo ich dachte, da muss eine andere Frau im Spi el sein. Warum duscht der sonst mitten in der Nacht, wenn nicht wegen fremdem Parfüm? Viel , viel später ist mir dann aufgefallen, dass ich nie fremdes Parfüm
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