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Apfeldiebe

Titel: Apfeldiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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versteckte es sich?
    Kasimir kauerte am Fuß der Schutthalde. Instinktiv hatte er sich den dunkelsten Platz ausgesucht, sich versteckt, obwohl er ganz genau wusste, dass man sich hier nicht verstecken konnte und es dauerte auch nur ein paar Sekunden, bis ihn die Lampe in Timis Hand verriet. Max’ und Kasis Blicke trafen sich.
    » Schön, dass wir jetzt endlich wieder alle zusammen sind!« Alex klopfte dem verlorenen und wiedergefundenen Freund auf die Schulter. »Wirklich! Wir freuen uns alle !« Kasi spürte plötzlich drei Augenpaare auf sich gerichtet. Freute er sich auch? Konnte er Max verzeihen? »Ist doch so, oder? Wir sind alle froh!« Alex erwartete ganz offensichtlich, dass Kasi das Geschehene vergaß oder doch wenigstens darüber hinwegsah und Kasi stand auf. Aber er tat dies nicht weil er es wollte, sondern weil Alex es wollte und weil er diesen nicht enttäuschen durfte. Kasi ging zu den anderen und streckte Max die Linke hin.
    » Schön, dass du wieder bei uns bist«, sagte er. Max betrachtete Kasis in der Schlinge liegenden rechten Arm, den Verband und erst danach die angebotene Hand. Kasi dachte schon, dass Max sein Friedensangebot ausschlagen und den ganzen alten Streit von vorn beginnen würde und auch Alex musste Ähnliches durch den Kopf gegangen sein, denn er boxte Max in die Seite.
    » Frieden?«
    » Ja.« Jetzt nahm Max die angebotene Hand. »Ja, ich bin auch froh, dass ich wieder hier bin.« Es klang erschöpft und müde, aber es klang ehrlich. Von Kasis Schultern polterten tausend Steine. Frieden – das klang zu schön, um wahr zu sein. Aber Max drückte seine Hand, ohne diese dabei zu zerquetschen, ohne ihm den Fingernagel in die Handfläche zu drücken, ohne ihn zu beißen. »Ihr habt ja doch ganz schön was geschafft in der Zwischenzeit«, sagte Max und ließ Kasis Hand los. »Alle Achtung.«
    » Klar, faul waren wir nicht«, sagte Alex.
    » Und wo ist der Brunnen? Timi hat von fast nichts anderem erzählt.«
    » Hier.« Alex ging zum auf dem Kopf liegenden Tisch und zog diesen zur Seite, dabei strahlte er wie seit Tagen nicht mehr. »Geil, nicht?« Max kroch an den Brunnenrand, zeigte aber keine Regung, nichts von dem, was man normalerweise von einem Jungen in seiner Situation erwarten durfte. Weder sprang er auf und hüpfte um den Brunnen herum noch bat er um mehr Wasser, um endlich seine Hose auszuwaschen, und schon gar nicht nahm er Alex oder seinen Bruder in den Arm. Max nickte, mehr nicht und dabei zeigten seine Augen keinerlei Emotionen. Erst als sein Blick vom Brunnen zu Kasi wanderte, blitzte ein kaum wahrnehmbares Leuchten in Max’ Augen auf.
    » Ja, das ist geil.«

VIERTER TAG

27 Hoffnung

    Mitternacht zog, von keinem der Kinder bemerkt, vorüber und auch die Stunde danach. Und noch eine. Timi lag, zusammengerollt und seinen Rucksack unter dem Kopf, neben dem Eingang und schlief, während Kasi von der höchsten Stelle des Steinhaufens aus Alex’ Ausführungen lauschte. Alex erzählte Max nun schon zum dritten Mal haarklein und fast wortwörtlich dieselbe Geschichte: Die Entdeckung des Brunnens, Kasis Idee mit den Seilen und schließlich die erste gefüllte Wasserflasche. Kasi hätte sich diese Geschichte gern auch noch ein viertes Mal angehört, aber Max konnte kaum noch aufrecht sitzen. Wenn Alex so erzählte, hörte es sich in Kasimirs Ohren fast wie eine richtige Geschichte an, wie aus einem Abenteuerroman. Nur das Happy End ließ auf sich warten.
    Max fiel es tatsächlich von Minute zu Minute schwerer, nicht einfach umzukippen und einzuschlafen. Einmal schlief er tatsächlich ein, verpasste die Passage mit der ersten Flaschenfüllung und sah, als er zusammenzuckte und die Augen aufschlug, als Erstes Kasimir. Als gehöre er nicht dazu, saß der im Schneidersitz über allen. Bist du etwas Besseres? , fragte sich Max. Bist du etwa eine Spinne, hinaufgeklettert, um deine Opfer zu betrachten? Am liebsten hätte er einfach den untersten Stein des Haufens, auf dem Kasi thronte, herausgezogen, den Berg so ins Rollen gebracht, Berg und Mädchen in den Brunnen gespült und wäre durch den dann freien Ausgang nach oben spaziert. Er widerstand aber, schob nur mit der Fußspitze ein wenig Schutt zur Seite und legte sich neben seinen Bruder. Dieser nahm das Angebot eines Körpers dankbar an und schmiegte sich an Max’ Schulter.
    » Willst du da oben schlafen?« Auch Alex hatte sich hingelegt, ausgerechnet so, dass das einzige geröll- und schuttfreie Plätzchen genau neben Max lag.

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